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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Tochter geschenkt.
    Da die Mutter
als unrein galt, mußte sie achtzig Tage lang abgeschieden leben. Es war ihr
verboten, ihr Zimmer zu verlassen.
    Nagsara
weinte unaufhörlich. Wie konnte sie Vergebung erlangen? Wenn sie Salomo einen
Sohn geschenkt hätte, das Herz ihres Gemahls wäre ihr sicher gewesen. Dieses
kleine Mädchen, das sie noch nicht einmal sehen wollte, war eine Beleidigung
für Israels glorreichen König.
    Als sich
Salomo zu einem Besuch herabließ, flehte Nagsara um Nachsicht.
    «Laß uns
dieses Mißgeschick vergessen, mein Gebieter! Ich schwöre dir, daß ich einen
Sohn empfange!»
    «Mich plagen
andere Sorgen. Ruhe dich aus, Nagsara. Du bist erschöpft.»
    «Nein… ich
komme mir stark vor. Ich möchte aufstehen und dir dienen.»
    «Keine
Dummheiten. Vertraue dich den Händen deiner Dienerinnen an.»
    «Aber ich
brauche deine.»
    Salomo ließ
sich nicht rühren.
    «Die
Verwaltung des Landes erfordert fast die ganze Zeit meine Anwesenheit.»
    Der jungen
Frau schnürte sich die Kehle zusammen. Sie wollte nicht glauben, daß sie
scheitern könnte.
    «Wann sehe
ich dich wieder?»
    «Ich weiß es
nicht.»
    «Willst du
damit sagen, daß… du mich verstößt?»
    «Du bist die
Tochter des Pharaos und meine Gemahlin. Durch deine Anwesenheit hat Siamun die
Geschicke Ägyptens mit denen Israels verbunden. Ich werde weder dieses Bündnis
noch unseres brechen und dich niemals verstoßen.»
    Hoffnung trotz des schwarzen
Himmels. Nagsara geriet in Begeisterung.
    «Dann ist
deine Liebe noch nicht tot… Erlaube mir, an deiner Seite zu bleiben. Ich will
schweigen, ich will noch flüchtiger als ein Schatten, noch durchsichtiger als
ein Sonnenstrahl, noch lauer als die Herbstbrise sein.»
    Salomo
streckte Nagsara die Hände hin, die sie leidenschaftlich küßte.
    «Nagsara, ich
kann dich nicht anlügen. Ich habe dich geliebt, doch diese Flamme ist
erloschen. Die Leidenschaft ist geflohen wie ein Pferd, das sich in die großen
Weiten verliebt hat. Wie bei meinem Vater springt mein Verlangen von Hügel zu
Tal, von Anhöhe zu Gipfel. Keine Frau wird mich jemals ganz besitzen.»
    «Und ich
besiege meine Rivalinnen! Ich zerreiße sie mit den Nägeln und werfe ihre
Kadaver zum Abfall der Gehenna!»
    «Beruhige
dich, liebe Gemahlin. Haß nährt keine Liebe.»
    «Mir ist nur
deine Zuneigung wichtig. Ich werde all meine Kraft darauf verwenden, sie zu
erlangen.»
    «Du hast
meine Achtung.»
    «Die reicht
mir nicht, und sie wird mir niemals reichen.»
    Salomo
entfernte sich. Wenn er doch die gleiche Leidenschaft wie die junge Ägypterin
empfinden könnte! Doch welcher Mensch vermochte es, es mit dem Tempel
aufzunehmen? Denn nichts anderes erfüllte das Herz des Königs. Nur ihm würde
von jetzt an seine Liebe gehören. Die Lust war nur eine flüchtige Erregung und
eine Zerstreuung des Körpers. Der Tempel verlangte Israels ganzen Herrscher.
    Als er ihr
Schlafgemach verlassen hatte, beschloß die Königin trotz ihrer Schwäche, die
Flamme zu befragen. Wie viele Lebensjahre würde sie ihr dieses Mal rauben, wenn
sie ihr die Wahrheit enthüllte?
    Am Ende ihrer
Hellseherei fiel Nagsara in Ohnmacht und war mehrere Stunden lang bewußtlos.
    Als sie
erwachte, wußte sie Bescheid.
    Es war nicht
das Gesicht einer Rivalin, das sie in der bläulichgoldenen Flamme des Jenseits
gesehen hatte, sondern ein riesiges Bauwerk mit glänzenden Steinen, das über
einer jubelnden Stadt thronte.
    Jerusalems
Tempel. Salomos Tempel.
    So hatte also
Jahwes Heiligtum in Salomo alle Zärtlichkeit für die Frau abgetötet, die ihr
Leben für ihn hingab. Wie konnte man Tag für Tag gegen ein Wesen aus Stein
kämpfen, das immer mächtiger wurde, wenn man nicht den traf, der es wachsen
ließ, den Baumeister Hiram?
    Und nun wandte sich Nagsara
um Hilfe an die Göttin Sechmet, die Schreckliche, die Zerstörerin, die
Verbreiterin von Krankheiten.

 
    Kapitel 40
     
     
     
    « Der Tempel ist fertig», verkündete Hiram. «Sechs Jahre lang
hat meine Bruderschaft an dem großen Werk gearbeitet. Heute, König von Israel,
wollen wir ihn dir übergeben.»
    Salomo erhob
sich, stieg die Stufen der Estrade hinunter, auf der er thronte, und blickte
seinem Baumeister in die Augen.
    «Möge Gott
seine Diener beschützen. Führe mich hin zu Seiner Wohnstatt, Meister Hiram.»
    Nebeneinander
traten die beiden Männer aus dem Palast, überquerten den großen Hof, der in
gleißende Sonne gebadet lag, betraten den geheiligten Bezirk und schlugen einen
Durchgang ein, der die

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