Der Tempel
einigen anderen unehrenhaft entlassenen Soldaten, die er im Gefängnis kennen gelernt hatte, die Republikanische Armee von Texas gegründet.
Die Texaner trainieren pausenlos«, sagte Demonaco. »In der Wüste, in den Einöden von Texas und Montana und manchmal oben in den Bergen von Oregon. Sie sind der Meinung, dass sie, wenn die Zeit für einen totalen Krieg gegen die Vereinigten Staaten reif ist – oder gegen die Vereinigten Staaten in Verbindung mit den Vereinten Nationen –, zum Kampf auf jedem möglichen Territorium bereit sein müssen.
Was die Sache verschlimmert, ist, dass sie auch Geld haben. Nachdem die Regierung den texanischen Öltycoon Stanford Cole bei einem Ölgeschäft hintergangen hat, hat er Bittiker und den Texanern zirka zweiundvierzig Millionen Dollar hinterlassen, dazu eine Notiz mit den Worten: ›Schickt sie zum Teufel!‹ Nicht überraschend, dass Bittiker und seine Gefolgsleute oft auf Schwarzmärkten im Nahen Osten und Afrika zu sehen sind und dort Waffen einkaufen. Teufel, im vergangenen Jahr haben sie Australien acht ausrangierte Black-Hawk-Helikopter abgekauft.«
»Mein Gott!«, meinte Mitchell.
»Dennoch«, fuhr Demonaco fort, »hält sie das nicht davon ab, hier und da einiges an schwerem Gerät zu stehlen . Beispielsweise glauben wir – obgleich wir es nicht beweisen können –, dass die Texaner für den Diebstahl eines Abrams-M1A1-Gefechtspanzers verantwortlich sind, während er …«
» Sie haben einen Panzer gestohlen?«, fragte Mitchell ungläubig.
»Von der Ladefläche eines Tiefladers auf dem Transport von der Firma Chrysler zu Tank and Automotive Command in Warren, Michigan.«
» Warum verdächtigen Sie sie?«, fragte Mitchell.
»Weil die Texaner vor zwei Jahren auf einem Waffenmarkt im Iran ein altes Antonow-An-22-Frachtflugzeug erworben haben. Die An-22 ist eine verdammt große Maschine, das russische Gegenstück zu unseren größten Frachtflugzeugen, der C-5 Galaxy und der C-17 Globemaster. Nun, wenn man ein normales Frachtflugzeug haben will, besorgt man sich eine kleinere An-12 oder eine C-130 Hercules, keine An-22. Man braucht eine ‘22 nur dann, wenn man vorhat, etwas wirklich Großes zu bewegen. Etwas wirklich Großes – wie einen 67-Tonnen-Panzer.«
Kopfschüttelnd hielt Demonaco inne. » Aber das ist jetzt unsere geringste Sorge.«
»Warum?«
»Weil uns vor kurzem einige sehr beu nr uhigende Gerüchte über die Texaner zu Ohren gekommen sind. Anscheinend haben sie so etwas wie einen Seelenbruder in der japanischen Aum-Shi nr ikyo-Sekte gefunden, der Gruppierung, die 1995 das Sarin-Gas in der Untergrundbahn von Tokio losgelassen hat. Nach diesem Anschlag sind einige Mitglieder der Sekte nach Amerika gekommen und haben ein paar von unseren paramilitärischen Gruppen infiltriert. Wir haben Grund zu der Annahme, dass mehrere Mitglieder von Aum Shi nr ikyo den Texanern beigetreten sind.«
»Was bedeutet das für uns?«, fragte Mitchell.
»Es bedeutet, dass wir vor einem sehr großen Problem stehen.«
»Warum?«
»Weil die Aum-Shi nr ikyo-Sekte eine Weltuntergangssekte ist. Ihr einziges Ziel – ja, ihr einziger Existenzgrund – ist, die Weltläufte zu einem Ende zu bringen. Wir wissen von dem Vorfall in der Untergrundbahn von Tokio lediglich deswegen, weil den Fernsehanstalten Filme zugespielt worden sind. Haben Sie gewusst, dass es Aum Shi nr ikyo Anfang 1994 gelungen ist, die Kontrolle über ein abgelegenes Raketensilo in China zu erringen? Beinahe hätten sie dreißig taktische Atomsprengköpfe auf die Vereinigten Staaten abgefeuert. Ein Versuch, einen totalen Atomkrieg in die Wege zu leiten.«
»Nein, das habe ich nicht gewusst«, entgegnete Mitchell.
»Commander, wir hatten in Amerika niemals eine echte Weltuntergangssekte. Wir hatten gewalttätige, antistaatliche Gruppierungen, Anti-UN-Gruppierungen, Anti-Abtreibungs-Gruppierungen, antisemitische Gruppierungen und Anti-Farbige-Gruppierungen. Aber wir hatten nie eine Gruppierung, deren einziger Ehrgeiz darin besteht, die Massenvernichtung von Leben auf diesem Planeten herbeizuführen.
Nun, falls Earl Bittiker und die Texaner eine Weltuntergangsphilosophie übernommen haben, stehen wir vor einem riesigen Problem. Weil dann eine der gefährlichsten Gruppierungen Amerikas mit Todessehnsucht herumläuft.«
»Na gut«, meinte Mitchell, »aber in welchem Zusammenhang steht das mit diesem Raub?«
»Ganz einfach«, erwiderte Demonaco. »Die Gruppe, die den Raub durchgeführt hat, war eine
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