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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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grimmigen Bergkatze herausgeschnitten, die das Maul weit aufsperrte. Es hatte den Anschein, als wäre es der Katze – rasend vor Wut und Zorn – gelungen, den Kopf direkt aus dem Stein zu schieben.
    Unvollkommenheiten innerhalb des Steins – dünne Flüsschen einer üppigen Purpurschattierung – verliefen senkrecht über das Gesicht der Katze, wodurch das Abbild noch beängstigender wirkte, wenn das überhaupt möglich war.
    Renco bedeckte das Götzenbild wieder. Währenddessen trat die alte Priesterin vor und legte ihm etwas um den Hals. Es war ein dünnes Lederband, an dem ein glitzernder grüner Juwel hing – ein prächtiger Smaragd, der bestimmt die Größe eines Männerohres hatte. Renco nahm die Gabe mit einer feierlichen Verneigung entgegen und wandte sich dann rasch mir zu.
    »Wir müssen jetzt gehen.«
    Er schritt, das Götzenbild unter dem Arm, zu dem Loch im Fußboden und ich eilte ihm nach. Die vier stämmigen Krieger ergriffen die große Steinplatte, die den Ausgang wieder verbergen würde. Die alte Priesterin regte sich nicht.
    Renco kletterte in die Abwasserkanäle hinab und ich schickte mich an, hinterherzusteigen. Da bemerkte ich etwas Sonderbares.
    In der Gruft war es völlig still.
    Das Hämmern von draußen hatte aufgehört.
    Während ich noch ein wenig über diese merkwürdige Beobachtung nachsann, wurde mir mit einigem Schrecken klar, dass das Pochen schon seit geraumer Zeit verstummt war.
    Genau in diesem Augenblick explodierte der Eingang zur Gruft nach innen.
    Ein gewaltiger weißer Blitz flammte um die Kanten der riesigen Steintür auf und einen Augenblick später zersprang der ganze, zwei Meter hohe Türstein in tausend Stücke. Faustgroße Steine prasselten in die Gruft.
    Ich konnte mir das nicht erklären. Ein Rammbock hätte einen derart großen Stein kaum so augenblicklich in Stücke zerfetzen können.
    Dann hoben sich der Rauch und der Staub im Eingang, und durch das Loch in der Mauer sah ich den großen schwarzen Lauf einer Kanone.
    Mir wurde schwindelig. Sie hatten die Tür zu der Gruft mit einer Kanone aufgeschossen!
    »Komm schon!«, rief Renco mir aus dem Abwasserkanal zu.
    Sogleich ließ ich mich hinab, und zwar gerade als die ersten spanischen Soldaten durch die Staubwolke heranjagten und ihre Musketen in alle Richtungen abfeuerten.
    Während ich durch das Loch im Fußboden verschwand, sah ich als Letztes den Capitano, Hernando Pizarro, der die Gruft mit einer Pistole in der Hand betrat. Seine Augen waren wild und er drehte den Kopf hin und her, als suchte er die Gruft nach dem Götzenbild ab, das er so unbedingt haben wollte.
    Und dann, einen winzigen, entsetzlichen Augenblick lang, sah ich Hernando in meine Richtung schauen und mir direkt in die Augen starren.

    ***

    Wie wahnsinnig platschte ich durch die dunklen Abwasserkanäle und versuchte mit aller Macht, Renco nicht zu verlieren. Währenddessen vernahm ich spanische Rufe von den Steinwänden des Tunnels widerhallen, sah lange, bedrohliche Schatten aus den Ecken hinter uns hervorragen.
    Vor mir stürmte Renco weiter durch das schmutzige Wasser, das Götzenbild der Inka unter dem Arm.
    Wir eilten durch die Tunnel, bis zur Hüfte im Wasser, tauchten nach links, bogen nach rechts ab, hasteten durch das dunkle, steinerne Labyrinth in Richtung Flusszugang und Freiheit.
    Doch nach einer Weile bemerkte ich, dass wir in die falsche Richtung liefen.
    Renco rannte nicht zum Eingang zurück!
    » Wohin gehen wir?«, rief ich.
    »Lauf einfach weiter!«, schrie er zurück.
    Ich bog gerade in dem Moment um die Ecke, da eine Fackel in der Mauer über mir von einer Musketenkugel aus ihrer Halterung gerissen wurde. Ich wandte mich um und sah sechs Konquistadoren durch den Tunnel hinter mir waten, auf deren Helmen hell der Schein der Fackeln glitzerte.
    »Sie sind uns auf den Fersen!«, rief ich.
    »Dann lauf schneller!«
    Weitere Musketenschüsse ertönten, laut wie ohrenbetäubende Donnerschläge. Kugeln explodierten an den feuchten Steinwänden rings um uns.
    In diesem Moment sah ich Renco vor mir auf einen Sims springen und mit der Schulter eine Steinplatte in der Decke hochstemmen – eine Platte, die, wie ich bemerkte, ebenfalls jenes rätselhafte Symbol trug, das ich zuvor gesehen hatte, den Kreis mit dem doppelten »V« darin. Ich sprang hinter ihm auf den Sims und half ihm dabei, den Stein nach oben zu drücken – und da zeigte sich der sternenübersäte Nachthimmel.
    Renco stieg als Erster hinaus und ich folgte ihm

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