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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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nach.
    Weiter ging es durch die Tunnel. Links, dann rechts, links, dann rechts – auf diese Weise durchschritten wir eilig das unterirdische Labyrinth. Nicht ein einziges Mal hatte ich das Gefühl, dass Renco sich verlaufen hatte oder am Weg zweifelte – zielstrebig bog er in den nächsten Tunnel ab.
    Dann blieb er urplötzlich stehen und starrte zu der Steindecke über uns hinauf.
    Verdutzt stand ich hinter ihm. Ich erkannte keinen Unterschied zwischen diesem Tunnel und dem halben Dutzend anderer, die wir gerade durchquert hatten.
    Nun tauchte Renco aus einem mir unerfindlichen Grund in das faulig riechende Wasser. Augenblicke später kam er mit einem faustgroßen Stein wieder hoch. Daraufhin stieg er aus dem Wasser, stellte sich breitbeinig auf den schmalen Sims, der sich den Tunnel entlangzog, und schlug mit dem Stein gegen die Unterseite einer der Steinplatten, die die Decke des Tunnels bildeten.
    Tack-tack. Tack.
    Renco wartete einen Augenblick. Dann wiederholte er die Sequenz.
    Tack-tack. Tack.
    Es war eine Art Code. Renco trat ins Wasser zurück und wir starrten schweigend zu der feuchten Steindecke auf und warteten darauf, dass etwas geschah.
    Nichts geschah.
    Wir warteten weiter. Da bemerkte ich ein kleines Symbol, das in die Ecke einer der Steinplatten über uns geschnitzt war. In einem Kreis befand sich ein doppeltes »V«.
    Plötzlich hörten wir eine Reihe gedämpfter Schläge von der anderen Seite der Decke. Bumm-bumm. Bumm. Jemand wiederholte Rencos Code.
    Augenblicke später glitt der ganze quadratisch geformte Abschnitt der Decke laut knirschend beiseite und enthüllte einen dunklen, höhlengleichen Raum über uns.
    Sogleich entstieg Renco dem Wasser und verschwand durch das Loch in der Decke. Ich folgte ihm.
    Ich kam in einen äußerst prachtvoll ausgestatteten Raum, eine gewaltige, gruftähnliche Kammer, die auf allen vier Seiten von großartigen, goldenen Bildern gesäumt war. Alle vier Wände der Kammer bestanden aus soliden Steinblöcken, jeder drei Meter breit und vielleicht ebenso dick. Es gab keine ins Auge springende Tür, nur einen niedrigeren Steinblock – der lediglich zwei Meter hoch war – innerhalb einer Mauer.
    Ich befand mich in der Gruft des Coricancha.
    Eine einzige brennende Fackel erleuchtete den höhlenartigen Raum. Sie wurde von einem stämmigen Inkakrieger gehalten. Drei weitere, gleich große Krieger standen hinter dem Fackelträger und sahen mich funkelnd an.
    Jedoch befand sich eine weitere Person in der Gruft: eine ältere Frau, die allerdings nur Augen für Renco hatte.
    Trotz ihres grauen Haares und der runzligen Haut fand ich sie gut aussehend und ich dachte, dass sie in ihrer Jugend eine Schönheit gewesen sein musste. Sie trug ein einfaches weißes Baumwollgewand und dazu eine Haube aus Gold und Smaragden. Ich muss gestehen, dass sie in ihrem einfachen weißen Gewand engelhaft wirkte, beinahe himmlisch, wie die Priesterin eines …
    Bumm!
    Bei dem jähen Laut fuhr ich herum. Renco ebenfalls.
    Bumm!
    Das Geräusch kam anscheinend von der anderen Seite der Mauern. Irgendjemand schlug von draußen an die Steintür.
    Ich erstarrte vor Entsetzen.
    Die Spanier.
    Hernando.
    Sie wollten herein.
    Die alte Priesterin sagte etwas auf Quechua zu Renco. Der gab eine rasche Antwort, dann deutete er auf mich.
    Bumm! Bumm!
    Die alte Priesterin wandte sich eilig einem steinernen Piédestal hinter ihr zu. Darauf bemerkte ich einen Gegenstand, der mit einem purpurfarbenen, seidenähnlichen Tuch bedeckt war.
    Die Priesterin hob den Gegenstand zusammen mit dem Tuch hoch und übergab ihn trotz der beständigen Schläge gegen die Mauer feierlich an Renco. Ich erkannte noch immer nicht, was sich unter dem Tuch verbarg. Doch ganz gleich, was es war, es hatte in etwa Größe und Form eines menschlichen Kopfes.
    Renco nahm es respektvoll entgegen.
    Bumm! Bumm!
    Warum machte Renco so langsam?, fragte ich mich ungläubig, während mein Blick über die bebenden Steinmauern rings um uns glitt.
    Sobald er den Gegenstand fest in den Händen hielt, zog Renco das Tuch langsam herab.
    Und endlich sah ich es.
    Einen Augenblick lang konnte ich einfach nur hinstarren.
    Dies war das schönste und gleichzeitig furchterregendste Götzenbild, das ich je gesehen hatte.
    Es war vollkommen schwarz und aus dem rechteckigen Block eines ungewöhnlichen Steins geschnitten. Die Oberfläche wirkte rau und an den Kanten scharf, die Bearbeitung grob und ungleichmäßig. Aus der Mitte des Blocks war das Antlitz einer

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