Der Tempel
es fest in den Händen.
Einen Moment lang sann er über Renco nach – dann fiel ihm plötzlich etwas ein, das er selbst vor nicht allzu langer Zeit zu Frank Nash gesagt hatte.
Irgendwie ist es ihnen gelungen, die Rapas wieder in den Tempel zu locken und gleichzeitig das Götzenbild hineinzustellen.
Race schluckte heftig. Hatte Renco, das nasse Götzenbild in Händen, die Katzen in den Tempel zurückgeführt?
Das also war aus Renco geworden.
Das war das Schicksal von Helden.
Feierlich legte er sich das Smaragdhalsband um den Hals. »Leb wohl, Renco!«, sagte er laut.
In diesem Augenblick fiel ein hartes weißes Licht auf Race’ Gesicht. Er wandte sich um, die Augen weit aufgerissen wie ein Tier, das von den Scheinwerfern eines Autos erfasst wurde. Da bemerkte er, dass er in die Gesichter von Cochrane, Van Lewen und Reichart starrte, die aus der Finsternis der tiefsten Tiefen des Tempels heraufkamen.
Reichart hatte etwas in der Hand, das in ein ausgefranstes, purpurfarbenes Tuch gewickelt war.
Cochrane schritt an Race vorüber und schob dabei grob dessen M-16 beiseite. »Setzen Sie das verdammte Ding ab, ehe Sie jemanden damit umbringen!«
Tex Reichart blieb vor Race stehen und hielt lächelnd den Gegenstand hoch, der in das purpurfarbene Tuch gewickelt war.
»Wir haben es«, sagte er.
***
Rasch knüpfte Reichart das Tuchpaket auf und Race sah es zum ersten Mal.
Das Götzenbild der Inka.
Den »Geist des Volkes«.
Wie das steinerne Totem, das er im Regenwald gesehen hatte, wirkte der »Geist des Volkes« in der Realität unendlich viel finsterer als in seiner Vorstellung.
Er war etwa dreißig Zentimeter hoch und hatte ungefähr die Größe und Gestalt eines Schuhkartons. In die Vorderseite des rechteckigen Steins war ein Rapakopf geschnitzt. Es war der wütendste, wildeste Rapa, den Race je zu Gesicht bekommen hatte.
Er hatte das Maul weit aufgerissen, knurrte wild, und die scharfen, spitzen Zähne waren zum Zuschlagen, Verstümmeln und Töten bereit.
Am meisten verblüffte Race jedoch an dem Schnitzwerk, wie lebendig es wirkte. Dank einer Kombination aus geschickter Handwerkskunst und der ungewöhnlichen Natur des Steins sah es so aus, als wäre der Rapa irgendwie in dem glänzenden, schwarz-purpurfarbenen Stein gefangen und versuchte – wahnsinnig, wild, rasend –, sich gewaltsam daraus zu befreien.
Das ist er also, der Stein , dachte Race beim Anblick der dünnen, purpurfarbenen Adern, die sich das Gesicht des knurrenden Rapas hinabschlängelten und ihm eine zusätzliche Dimension von Wut und Bösartigkeit verliehen.
Thyrium.
Wenn die Inka nur gewusst hätten, was sie angestoßen haben, als sie dieses Götzenbild schnitzten , dachte er.
Rasch verhüllte Reichart das Götzenbild wieder mit dem Tuch und alle vier eilten zum Eingang des Tempels zurück.
»Was, zum Teufel, tun Sie eigentlich hier oben?«, knurrte Cochrane, als sie das offene Portal erreichten.
»Nash hat mich geschickt. Ich soll Ihnen sagen, dass die Nazis unten im Ort sind. Sie stören unseren Funkverkehr, sodass wir den Kontakt zu Ihnen verloren haben. Sie schicken jetzt Männer hoch. Nash hat gesagt, Sie sollen nicht ins Dorf zurückkehren, sondern auf einem anderen Weg von hier verschwinden und sich mit dem Luftunterstützungsteam in Verbindung setzen. Die sollen Sie irgendwo in den Bergen auflesen …«
In diesem Augenblick durchsiebte eine Salve aus einem Maschinengewehr die Steinwände des Portals ringsherum. Die vier gingen rasch in Deckung, als eine weitere Geschosssalve den Rahmen des Portals traf und die festen Steinwände zerfetzte, als ob sie aus Gips wären.
Sogleich fuhr Race herum und sah etwa zwölf Nazisoldaten in den Bäumen am Rand der Lichtung stehen, die mit ihren G-11 auf sie feuerten.
Cochrane erwiderte das Feuer aus der Deckung des Portals heraus, ebenso wie Van Lewen. Das Rattattat ihrer M-16 hörte sich fast bemitleidenswert gegen das unablässig dröhnende Rrrrr der ultramodernen G-11 an.
Auch Race versuchte, das Feuer der Nazis zu erwidern, doch als er den Hahn seines M-16 zog, geschah gar nichts.
Cochrane riss einen T-förmigen Griff an Race’ Gewehr zurück. » Mein Gott, Sie sind genauso nutzlos wie ein Priester in einem Bordell«, brüllte er.
Erneut drückte Race den Abzug und diesmal sauste ein Hagel von Geschossen aus seinem M-16. Die Wucht des Rückstoßes kugelte ihm fast das Schultergelenk aus.
»Was sollen wir tun?«, schrie Reichart über das Maschinengewehrfeuer
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