Der Teratologe (German Edition)
mir machen.«
Die beiden Journalisten waren schockiert.
»Was? Keine Fotos?«
»Sie können Aufnahmen von meinem Zuhause und meinem Anwesen machen, aber leider nicht von mir.«
»Aber warum? Ich dachte, das wäre so vereinbart?« Westmore kreischte förmlich, als er sah, wie ihm sein Auftrag aus den Fingern glitt.
»Ich bin ein sehr auf seine Privatsphäre bedachter Mann. Ich möchte nicht zu einem Menschen werden, der sich ohne Bodyguard nicht mehr aus dem Haus wagen kann, weil sich sonst sofort Bettler, Entführer und Paparazzi auf mich stürzen. Ich bin sicher, Sie haben dafür Verständnis.«
»Nein, dafür habe ich verfickt noch mal nicht einen Hauch von Verständnis!« Westmore war berauscht in einer Mischung aus Irritation und Scotch. Bryant packte das Handgelenk seines Partners und zog ihn auf den Sitz zurück.
»Entschuldigen Sie bitte meinen Freund hier. Ich fürchte, dass er Ihre Gastfreundschaft etwas zu sehr genossen hat. Der Alkohol schlägt sich negativ in seinen Manieren nieder. Wir werden Ihre Wünsche natürlich gerne respektieren, Mr. Farrington.«
Farrington lächelte und schien sichtbar amüsiert von den Reaktionen, die er bei seinen Gästen auslöste.
»Eine Entschuldigung ist wirklich nicht nötig. Ich bin mir darüber im Klaren, dass es äußerst ungewöhnlich ist, wenn Sie die Hauptperson Ihrer Geschichte nicht fotografieren können.«
»Verdammt richtig, es ist äußerst ungewöhnlich«, murmelte Westmore. »Was hätten Sie denn gerne stattdessen auf der Titelseite? Ein Bild vom Pool oder von der Eingangshalle?«
Bryant umklammerte ein weiteres Mal die Schulter seines Partners und versuchte, ihn zur Räson zu bringen, aber Westmore schüttelte ihn brüsk ab. Farrington lehnte sich mit einem anzüglichen Grinsen, das sein Filmstargesicht wie eine Narbe durchzog, nach vorne. Sein Blick bohrte sich in den von Westmore, als versuchte er, in dessen Seele hineinzublicken.
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
»Tja, ich schätze, das ist nur fair«, antwortete Bryant, allein schon, um das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken.
»Glauben Sie an Gott?«
Die Frage verwunderte die beiden Reporter, und sie erinnerten sich sofort wieder an die bizarren Worte des Milliardärs, als Michaels versucht hatte, ihn die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer zu zerren. Was war es doch gleich gewesen? »Warum lieben mich die Engel nicht?« Bryant begann sich zu fragen, ob es sich bei dem Milliardär möglicherweise um einen religiösen Fanatiker handelte.
»Was zur Hölle hat das damit zu tun, dass wir beide Fotos von Ihnen schießen möchten, oder wie Sie es geschafft haben, der jüngste Selfmade-Milliardär aller Zeiten zu werden? Das ist unser Auftrag, wissen Sie. Finanzstrategien, Geschäftspläne, ein bisschen Hintergrundinformation als Füllmaterial.«
»Tatsächlich hat es eine Menge damit zu tun, Mr. Westmore. Also bitte, tun Sie mir den Gefallen und beantworten Sie meine Frage.«
»Also … okay … nein. Ich glaube nicht an Gott«, erklärte Bryant. »Ich glaube an gar kein höheres Wesen. Entweder weiß ich etwas oder ich weiß es nicht.«
»Ein sehr bewundernswerter, wenn auch schwieriger Standpunkt. Ich frage mich, ob Sie mit dieser Einstellung sonderlich erfolgreich fahren?«
»Tja, um genau zu sein, geht es mir damit …«
Farrington schnitt ihm das Wort ab, bevor er seinen Satz beenden konnte: »Und wie steht es mit Ihnen, Mr. Westmore? Glauben Sie?«
Westmore wedelte mit einer nicht angezündeten Zigarette. »Ich bin Christ, wenn es das ist, was Sie meinen. Allerdings kein besonders guter.« Er hielt kurz inne. »Kleine Korrektur, ich bin ein existenzialistischer Christ, ein Kierkegaardist.«
»Schön, aber glauben Sie an den Allmächtigen, den Schöpfer aller Perfektion und den Grundgütigen?«
»Klar.«
Farrington kicherte zwischen seinen Atemstößen und verdrehte die Augen zur Decke.
»Wissen Sie überhaupt, was das bedeutet? Haben Sie auch nur die leiseste Vorstellung davon, was Perfektion ist?«
»Es tut mir leid, aber ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen«, erwiderte Bryant selbstsicher.
»Ich glaube auch an Gott, Mr. Bryant. Ich glaube, dass er real und lebendig ist und der Mensch nach seinem Ebenbild geschaffen wurde. Alles, was ich tue, sollt ihr auch tun, und mehr als das sollt ihr ebenfalls tun. Jesus sprach diese Worte, und ich glaube, ihnen wohnt eine prophetische Kraft inne. Ich glaube, dass er damit sagen wollte, wir alle tragen die Macht Gottes
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