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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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setzte sich auf den Rand des Bettes und nahm Eriks Hand in die seine. „Gott sei Dank! Wir hatten mit dem Schlimmsten gerechnet.“
    „Wir haben für Sie gebetet, Erik“, sagte Lothar Brant. „Wir danken dem Herrn dafür, dass Sie wohlauf sind.“
    „Ja, wir danken ihm“, sagte der Pfarrer. Sorgen schnitten tiefe Gräben in seine Stirn. „Was ist passiert? Wo waren Sie nur die ganze Zeit über? Sie waren drei Tage fort!“
    „Drei Tage?“ Erik schüttelte den Kopf. „Warum haben Sie nicht nach mir gesucht?“, rief er.
    Der Pfarrer zog seine Hand zurück. Benedikt sah mit ausdrucksloser Miene auf ihn hinunter. Lothar Brant blickte zu Boden und räusperte sich.
    „Warum haben Sie nicht nach mir gesucht?“, flüsterte Erik.
    „Aber das haben wir.“ Der Pfarrer legte ihm eine Hand auf den Arm. Er sah von Benedikt zu Lothar, bevor er sich wieder Erik zuwandte. „Als Sie und Xaver am späten Nachmittag noch immer nicht zurück waren, haben wir einen Suchtrupp losgeschickt. Benedikt und Konrad sind Ihrer Spur gefolgt. Sie wussten ja, dass Sie über die linke Zunge aufgestiegen waren.“ Der Pfarrer schwieg für einen Moment. „Am Fuße des Gletschers fanden sie Xaver. Er war nicht bei Sinnen. Ein brennendes Fieber hatte von ihm Besitz ergriffen.“
    „Er stammelte wirres Zeug“, knurrte Benedikt. „Wir konnten nichts damit anfangen. Er schien nicht mehr zu wissen, was geschehen war. Er konnte uns nicht sagen, wo wir Sie finden würden. Wir stiegen auf , soweit wir konnten. Aber Sonne und Wind hatten Ihre Spuren ausgelöscht. Als es dunkel wurde, mussten wir abbrechen. Es wurde zu gefährlich.“
    „Der Gletscher ist ein tückisches Biest“, flüsterte Lothar.
    „Aber am zweiten Tag.“ Erik schluckte. „Warum habe Sie am zweiten Tag nicht mehr nach mir gesucht?“
    Benedikt deutete auf Eriks Mantel, der an der Garderobe neben der Tür hing. „Weil Sie eine Nacht auf dem Gletscher in dieser Kleidung nicht hätten überleben dürfen.“
    „Wir hatten die Hoffnung aufgegeben“, sagte der Pfarrer. „Es tut mir leid, Erik.“ Er griff erneut nach Eriks Hand. „Und jetzt erzählen Sie uns, was geschehen ist.“
    „Ich bin in eine Spalte gestürzt, das ist geschehen!“ Eriks Mund war trocken. „Wrede nannte sie den großen Graben.“
    Thomas Hellermann nickte bedächtig. „Eine große Spalte, in der Tat. Soweit ich weiß, ist sie an die hundert Meter tief.“
    „Tiefer“, sagte Erik. „Sie ist tiefer. Ich landete auf einem Vorsprung, wenige Meter unter der Kante. Ich dachte, ich würde dort sterben. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich wirklich dort unten lag, aber nach ein paar Stunden hat Wrede mir ein Seil hinuntergeworfen.“
    Der Pfarrer sah ihn seltsam an. „Xaver war zu diesem Zeitpunkt längst abgestiegen.“
    Erik schüttelte verwirrt den Kopf. Er sah zu Benedikt auf, aber der hatte den Blick auf Anna gerichtet, die ein Feuer im Kamin entfachte. „Aber es muss Xaver gewesen sein! Wer sonst?“
    Der Pfarrer nickte langsam. „Sicher haben Sie Recht. Xaver hat es irgendwie geschafft.“
    „Und jetzt bezahlt er dafür“, murmelte Benedikt.
    Erik richtete sich im Bett auf. „Was ist mit ihm?“
    „Das Fieber“, sagte der Pfarrer. „Es steht schlecht um ihn. Seit wir ihn fanden, glüht er wie ein Stück Kohle. Seine Frau kümmert sich um ihn.“
    „Bringen Sie ihn zu einem Arzt, verdammt noch mal!“
    „Das würden wir, wenn er es zuließe.“
    Erik sank erschöpft zurück auf sein Kissen. „Er hat mir das Leben gerettet.“
    „Vielleicht hat er das.“ Thomas Hellermann stand auf. „Sie sollten jetzt schlafen, Erik. Nachdem Anna sich um Ihre Verletzungen gekümmert hat.“
    Die Wirtschafterin trat neben den Pfarrer. Sie stellte eine Schüssel mit heißem, dampfendem Wasser auf dem Nachttisch ab und zog einen Tiegel Salbe aus ihrer Schürze.
    „Wir werden Sie jetzt allein lassen, Erik. Anna wird Ihnen noch ein kräftiges Essen und etwas zu trinken bringen. Werden Sie gesund. Wir brauchen Sie hier noch, Erik. Und wir schätzen uns glücklich, dass Sie wieder bei uns sind.“
    Erik nickte. Müdigkeit umfing ihn wie ein dunkler, warmer Fluss. Er versank darin. Lothar Brant trat ans Bett und nahm Eriks Hand in die seine. „Es tut mir sehr leid, dass ich nicht mehr für Sie tun konnte“, sagte er leise. „Ich habe es versucht, aber ...“ Er biss sich auf die Lippen. „Ich danke dem Herrn für Ihre wohlbehaltene Rückkehr.“ Er drückte Eriks Hand und wandte sich ab. Dann folgte

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