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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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diesem Moment wünschte er mehr als alles andere, er hätte München niemals verlassen.
    Dann drehte er den Schlüssel im Zündschloss. Der Motor des Wagens gurgelte und erstarb. Er versuchte es noch einmal. Der Motor stöhnte auf und verstummte. Komm schon , dachte Erik. Du hast mich einmal im Stich gelassen. Mach das kein zweites Mal mit mir.
    Er drehte den Schlüssel im Schloss, und diesmal sprang der Motor an. Erik drückte vorsichtig aufs Gaspedal, um die Drehzahl zu erhöhen und den Motor am Laufen zu halten. Plötzlich hämmerte jemand gegen die Scheibe, und Erik zuckte zusammen. Draußen stand Anna und starrte ihn mit zornigen Augen an. Hinter ihr näherte sich der Pfarrer. Benedikt und Lothar traten aus dem Eingang des Pfarrhauses und kamen auf ihn zu.
    Er fluchte leise und kurbelte das Fenster herunter. „Was ist denn, Anna?“, rief er.
    „Wo wollen Sie hin?“
    „Nach Bruch.“
    „Was wollen Sie denn da?“
    „Ich bringe Wrede zu einem Arzt. Er stirbt.“
    Der Pfarrer trat neben Anna und beugte sich schwerfällig zum Wagenfenster hinunter. „Übertreiben Sie d a nicht ein klein wenig, Erik?“
    Der Wind fegte in heftigen Böen über den Kirchplatz hinweg.
    „Nein, das denke ich nicht. Es steht schlecht um ihn.“
    „Aber Andrea kümmert sich rührend um ihn! Sie stärkt ihn mit Tees, und sie senkt das Fieber mit kalten Umschlägen! Was sollte ein Arzt schon besser machen?“
    Erik drängte die unbedachten Worte zurück, die ihm auf der Zunge lagen. „Hören Sie, Thomas“, sagte er mit mühsam beherrschter Stimme. „Ich schlage vor, Sie gehen zu Xaver Wredes Haus, und zwar sofort. Sie werden dort ein Mädchen finden, das in einem erbarmungswürdigen Zustand ist. Sie werden dort außerdem eine Frau finden, die völlig von Sinnen ist. Und Sie werden dort einen Mann finden, der in seiner eigenen Scheiße liegt und in diesem Moment ganz jämmerlich an einer Blutvergiftung krepiert.“
    „Erik, ich verbitte mir ...“
    „Ich werde diesen Mann jetzt zu einem Arzt bringen“, schrie Erik, „und Sie werden mich nicht davon abhalten! Er braucht Penicillin, und zwar sofort.“
    „Blutvergiftung, sagen Sie?“
    Erik sah ihn wütend an. „Ich muss jetzt los, Thomas.“
    Lothar und Benedikt stellten sich neben den Pfarrer.
    „Gibt es ein Problem?“ Benedikts Augen hefteten sich auf Erik, der seinen Blick ausdruckslos erwiderte.
    „Nein.“ Der Pfarrer richtete sich auf. „Kein Problem.“ Dann klopfte er mit der Hand aus Wagendach. Erik gab Gas.
    „ Ist das eine gute Idee, Thomas?“, hörte er Benedikt noch fragen, ehe er außer Hörweite war. Er passierte das Gatter und verließ den Pfarrhof. Auf der Hauptstraße beschleunigte er.
     
    Er wendete mit quietschenden Reifen in Xaver Wredes Hofeinfahrt und sprang aus dem Wagen, stieß die Eingangstür auf und stürzte die Treppe hinauf. Andrea und Julia waren aus dem Flur verschwunden, und Erik war froh darüber. Er betrat Xaver Wredes Zimmer. Diesmal war er auf den Geruch vorbereitet, aber trotzdem kämpfte er gegen den Brechreiz an. Vor dem Bett blieb er stehen und sah auf Wrede hinunter. Er überlegte, wie er ihn alleine bis zum Wagen schleppen sollte. Schließlich packte er Wredes gesunde Hand und zog ihn in eine sitzende Position. Xaver Wredes Augen waren halb geschlossen. Durch die Schlitze konnte Erik nur die weißen Augäpfel erkennen. Sein Kopf rollte hin und her, und er murmelte unverständliche Worte.
    „Xaver!“, rief Erik. „Hören Sie mich? Stehen Sie auf!“
    Xaver Wrede zeigte keine Reaktion. Eine rosafarbene Flüssigkeit tropfte aus seinem Mundwinkel und sammelte sich in seinem Bart. Erik schob Wredes Beine über den Rand des Bettes und versuchte, ihn auf die Füße zu ziehen, aber der Mann war zu schwer für ihn. Sein Körper fühlte sich an wie ein heißer, lehmgefüllter Sack. Erik stöhnte vor Anstrengung.
    Nach einer Weile gestand er sich ein, dass es keinen Sinn hatte. Er stand keuchend vor dem Bett und dachte nach. Dann kniete er sich hinter Xaver Wrede und schob seine Arme unter seinen Achseln hindurch. Er umklammerte seinen gesunden Arm mit beiden Händen und zerrte Wrede rückwärts vom Bett. Seine Füße schlugen dumpf auf dem Boden auf. Erik schleifte ihn quer durchs Zimmer. Vor der Tür hielt er schwer atmend inne. Der Gestank, der von Xaver Wrede ausging, war kaum zu ertragen. Erik spuckte Speichel auf den Fußboden.
    Die Tür hinter ihm flog krachend auf. Wredes Frau stürzte schreiend ins Zimmer und sprang auf

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