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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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sich. Sie sagte kein Wort, aber er spürte das Schluchzen in ihrer Brust.
    Erst als die Kälte jedes Gefühl aus ihren Gliedmaßen vertrieben hatte, erwachten sie aus ihrer erstarrten Umarmung. Mit steifen Schritten folgten sie Xaver Wrede durch den tiefen, tiefen Schnee zurück nach Thannsüß.
     
    Später saßen sie auf dem Boden vor dem Kamin des Gästehauses, starrten in die Flammen und warteten darauf, dass das Gefühl in ihre ausgekühlten Körper zurückkehrte.
    Erik streichelte vorsichtig über Maries straffen Bauch. „Sobald der Schneefall nachlässt, verschwinden wir. Wir gehen zu Fuß. Bis ins Tal ist es nur ein Tagesmarsch.“
    Marie sah ihn lange an. „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe, Erik.“
    „Wenn du nicht mehr kannst, trage ich dich.“
    Marie fing leise an zu weinen. Erik stand auf, ging hinüber zum Grammophon und zog den Mechanismus mit der Kurbel auf. Das Grammophon erwachte surrend zum Leben. Die Klänge der ‚Moonlight Serenade’ erfüllten das Gästehaus. Erik trat ans Bett und hielt Marie die ausgestreckte Hand hin. Sie ergriff sie, und er zog sie sanft in die Höhe. Sie legte ihre Arme um seinen Hals. Seine Hände strichen über ihren Rücken. Sie drückten ihre Körper fest aneinander und wiegten sich im Rhythmus der Musik.
    Sie hielten sich dabei so eng umschlungen, als ahnten sie, dass es das letzte Mal sein könnte, dass sie sich so nah sein würden .
    „Haben wir wirklich niemanden, dem wir vertrauen können?“, flüsterte Marie an seinem Hals. „Wird niemand uns helfen?“
    Erik wusste keine Antwort auf ihre Frage.
    „Was ist mit der Wirtschafterin? Sie war so freundlich!“ Marie sah flehend zu ihm auf.
    Er biss sich auf die Unterlippe. „Nein“, sagte er schließlich. „Aber ich habe eine bessere Idee.“
    Er sah die Hoffnung in Maries Augen aufleuchten und wandte den Blick ab. Er war sich nicht sicher, ob sein Plan funktionieren würde. „Ich habe dir vorhin von den Sonnleitners erzählt, erinnerst du dich?“
    Sie nickte langsam.
    „Felix ist völlig verzweifelt. Die Sonnleitners wollen diesen Ort ebenso schnell verlassen wie wir.“
    „Glaubst du wirklich?“
    „Ich weiß es.“ Er schluckte. „Ich weiß nur nicht, ob Felix mit mir reden oder mich erschießen wird.“
    „Lass mich mit ihm reden!“
    Er nahm seine Frau fester in die Arme. „Das ist zu gefährlich. Du und das Kind, ihr seid das Einzige was mich hier oben bis jetzt am Leben erhalten hat. Ich werde nicht zulassen, dass euch etwas passiert.“
    „Hast du eine Waffe?“, flüsterte sie.
    „Nein“. Er küsste sie auf die Stirn. „Hab keine Angst. Wenn uns jemand helfen kann, dann sind es die Sonnleitners. Und ich bin mir sicher, dass Felix mir diesmal zuhören wird.“
    „Erik, wir brauchen eine Waffe!“
    „Du hast Recht“, sagte er schließlich. „Und ich weiß, wo ich eine finden kann.“ Er löste sich aus ihrer Umarmung und zog sich hastig an. „Schließ die Tür ab, wenn ich fort bin. Und lass niemanden herein, hörst du? Niemanden!“
    „Komm bald zu mir zurück.“
    „Ich verspreche es dir.“ Er küsste sie auf den Mund, schmeckte das Salz ihrer Tränen. Er wünschte, der Kuss würde niemals enden.
    Dann trat er hinaus in die Nacht und den Schnee.

Kapitel 44
     
    Er wartete vor dem Gästehaus, bis er das Klicken des Türschlosses in seinem Rücken hörte. Dann schlich Erik ins Pfarrhaus hinüber. Im Flur blieb er stehen und lauschte, aber das Haus wirkte verlassen, und alles war still. Nur der Wind heulte um die Mauern und flüsterte Eriks Namen, und das Ticken der Uhren dröhnte laut in der Stille. Er durchquerte die Eingangshalle und ging in die Bibliothek. Er trat an den Kamin und nahm die Schrotflinte vom Haken über dem Sims. In einer Schublade fand er zwischen alten Schallplattenhüllen eine Schachtel Schrotpatronen. Er stopfte die Patronen in die Taschen seines Mantels und lud mit der letzten den Lauf der Flinte. Dann machte er sich auf den Weg zum Haus der Sonnleitners, und der Tiefschnee zerrte an seinen Beinen, als wollte er ihn aufhalten.
    Er verließ das Pfarrhaus und überquerte den Hof. Noch im Gehen zog er die Schrotflinte unter dem Mantel hervor. Das Metall lag kalt in seinen Händen, der Schnee hing schwer an seinen Beinen. Das Haus der Sonnleitners lag auf den Feldern zwischen dem Pfarrhaus und dem Waldrand. Er lief in die Richtung, aus der der Wind heranbrauste. Sein Blut rauschte laut in seinen Ohren, während er sich vorwärts kämpfte.
     
    Schließlich

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