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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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lächelte. „Ja, das sind sie.“
    „Ich habe auch die Großmutter der beiden gesehen. Ich hoffe Sie verzeihen mir, aber sie schien etwas verwirrt zu sein.“
    Konrad starrte auf den Amboss hinunter. „Mathilda ist die Mutter meiner Frau“, sagte er schließlich. „Sie ist alt. Es geht ihr nicht sonderlich gut . Sie findet sich nicht mehr zurecht, verstehen Sie?“
    Erik nickte. „Bei meiner Großmutter war es ähnlich. Als es mit ihr zu Ende ging, dachte sie, ich sei ein Fremder in ihrem Haus, der sie bestehlen wollte.“
    „Abgesehen von den Kindern ist Mathilda das einzige, was von meiner Familie noch übrig ist. Meine Frau ist tot“, sagte Konrad ohne aufzublicken. „Und meine Mutter hat diesen Ort verlassen, als ich fünf Jahre alt war. Ich kann es ihr nicht verdenken.“
    „Das tut mir leid. Warum gehen Sie nicht auch, wenn es Ihnen hier nicht gefällt? Sie könnten in die Stadt gehen, vielleicht nach München oder Regensburg. In Regensburg ist es sehr schön.“
    Konrad blickte reglos in die Glut der Esse. „Das ist nicht so einfach, wie Sie sich das vielleicht vorstellen. Ich kann hier nicht weg, und meine Familie auch nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Das würden Sie nicht verstehen“, sagte Konrad nach einer langen Pause. „Ich werde hier noch gebraucht. Der Pfarrer braucht mich.“ Er schluckte. „Das Dorf braucht mich.“ Konrad blickte auf. „Und Sie missverstehen mich, Herr Strauss. Es gefällt mir sehr gut hier. Dieser Ort ist alles, was ich habe. Er ist mein Leben. Ich würde nicht gehen, selbst wenn ich könnte.“
    Erik räusperte sich. „Nun denn. Ich muss jetzt wirklich los. Nochmals danke für Ihre Hilfe, Konrad.“
    Konrad nickte, wandte sich ab und stocherte mit einem Schürhaken in der Glut herum. Mit dem Fuß presste er einen Blasebalg zusammen, und der Luftstrom entfachte einen Feuersturm in der Esse. Konrads Gesicht leuchtete rot im Schein der Glut. Als Erik die Schmiede verließ, strich ihm die Hitze über den Nacken, als hätte sich in seinem Rücken der Schlund der Hölle aufgetan.
    Er ging an dem Fuhrwerk vorbei zurück auf den Feldweg. Aus der Dunkelheit des Wohnhauses spürte er Blicke auf seinem Körper, die jeden seiner Schritte beobachteten.

Kapitel 15
     
    In der einbrechenden Dämmerung folgte er dem Feldweg bis zum Marktplatz. Während die umliegenden Äcker und Wiesen von den letzten Strahlen der sinkenden Sonne beschienen wurden, lag Thannsüß dunkel im Schatten des Gipfels. Die Häuser ragten als schwarze Umrisse aus dem Zwielicht. Einige Fenster waren vom Schein elektrischer Glühbirnen erhellt und erinnerten Erik daran, dass er das Postamt erreichen musste, ehe der Strom abgestellt wurde. Der Schotter knirschte unter seinen Füßen. Der Wind wehte sacht um den Gipfel des Großen Kirchners und durch die Spalten des Gletschers.
     
    Die Tür des Postamts wurde aufgerissen, und ein Mann und eine Frau stürmten heraus. Beide schienen sehr aufgebracht. Erik sah, dass die Frau ganz offensichtlich schwanger war, und plötzlich erinnerte er sich an die hässliche Szene vom Vorabend: den Auftritt der Familie Sonnleitner auf Benedikts Fest, der zu einem heftigen Streit geführt hatte. „Hallo, Herr Sonnleitner“, sagte er und bemühte sich um einen ungezwungenen Tonfall. Dann nickte er der schwangeren Frau zu.
    Felix Sonnleitner, der ihn fast umgerannt hatte, hielt inne und musterte ihn angespannt. Er atmete schwer. „Guten Abend, Herr Strauss“, sagte er schließlich.
    Christa Sonnleitner sagte nichts. Sie stand reglos neben ihrem Mann und sah Erik erschrocken an. Unter ihrem weiten schwarzen Kleid spannte sich ihr Bauch wie ein Ballon. Sie tastete nach der Hand ihres Mannes, und er ergriff sie und hielt sie fest. Felix Sonnleitner starrte Erik lange an, ohne eine Miene zu verziehen. Dann warf er einen Blick über die Schulter zurück in den Laden. Schließlich entspannte er sich etwas. „Verzeihen Sie mein unhöfliches Auftreten gestern“, sagte er. „Es gab da ein kleines Problem, wie Ihnen sicher nicht entgangen ist.“
    Erik nickte. „Es war schwer zu übersehen. Und auch kaum zu überhören.“ Er blickte von Felix zu Christa Sonnleitner. Aus einem Grund, den er sich nicht erklären konnte, taten ihm die beiden plötzlich leid. Ihr Unglück schien fast greifbar über ihnen zu hängen. „Hören Sie, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann ...“ Er vollendete den Satz nicht.
    Felix Sonnleitner sah ihm in die Augen, so als suchte er darin nach einem

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