Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
Zeichen von Falschheit. Schließlich schüttelte er langsam den Kopf. „Ich möchte Ihnen einen guten Rat geben. Und bitte verstehen Sie ihn nicht falsch.“
In der Tür des Postamts erschien Kathi Brechenmacher, die Hände in die Hüften gestützt. „Erik!“, sagte sie, und ein breites Lächeln schien ihr Gesicht in zwei Hälften zu zerteilen. „Kommen Sie herein, es wird langsam ungemütlich hier draußen.“ Sie rieb sich mit den Händen über die Oberarme. „Und ihr beiden“, sie nickte in Richtung der Sonnleitners, „solltet besser sehen, dass ihr nach Hause kommt, findet ihr nicht?“ Unter der Freundlichkeit in ihrer Stimme lag eine Kälte, die Erik frösteln ließ.
Felix Sonnleitner beachtete sie nicht. Er trat einen Schritt an Erik heran und sagte so leise, dass nur Erik es hören konnte: „Verschwinden Sie von hier.“
Dann wandte er sich ab und ging ohne ein weiteres Wort davon. Seine Frau, die noch immer seine Hand hielt, drehte sich ein letztes Mal zu Erik um. Dann verschwanden die beiden in der Dämmerung.
„Erik!“, sagte Kathi noch einmal, und ihre Stimme war voller Herzlichkeit. „So kommen Sie doch herein! Was führt Sie zu mir so spät am Abend? Brauchen Sie etwas?“
„Das waren die Sonnleitners, oder?“
Sie nickte langsam. „Ja. Warum fragen Sie?“ Die Gläser ihrer Brille spiegelten das letzte Tageslicht.
„Sie haben den Streit gestern Abend ja auch mitbekommen, Kathi. Ich war nur neugierig.“
„Was hat Felix Ihnen ins Ohr geflüstert?“
„Er sagte, ich solle ihm nicht im Weg stehen.“ Die Lüge kam ihm erstaunlich leicht von den Lippen.
„Er ist ein unhöflicher Mann.“ Kathi schüttelte missbilligend den Kopf „Jetzt kommen Sie schon herein. Stehen Sie nicht in der Kälte herum!“
Sie hielt ihm die Tür auf, und er betrat das Postamt.
„Ich würde gerne mit meiner Frau Marie telefonieren, wenn es möglich ist.“ Er deutete auf die Telefonkabine.
„Aber gern!“ Kathi ging zum Schalter hinüber. „München, richtig?“
„München“, sagte Erik.
„Ich stecke nur kurz die Kabel um.“ Sie verschwand unter der Theke. „So!“ Sie richtete sich auf. „Jetzt können Sie das Amt anwählen. Wenn Sie mich brauchen, ich bin hinten in der Küche.“
Erik betrat die Telefonkabine. Die Luft roch muffig und abgestanden, so als wäre die Kabine lange nicht benutzt und auch nicht gelüftet worden. Er nahm den schweren Telefonhörer in die Hand und wählte das Amt an. Er wurde durchgestellt, und für einige Sekunden war nur statisches Rauschen zu vernehmen. Dann ertönte ein Klicken in der Leitung. Und plötzlich hörte er Maries Stimme.
„Erik?“, fragte sie verschlafen.
„Ich bin es“, sagte er. „Habe ich dich geweckt?“
„Erik!“ Sie schien mit einem Mal hellwach zu sein. „Du bist es wirklich! Warum hast du dich nicht bei mir gemeldet, ich habe mir solche Sorgen gemacht! Ich habe schon geschlafen, ich hatte einen solch aufregenden Tag. Oh, das muss ich dir unbedingt erzählen! Es ist fast alles geregelt, ich kann bestimmt bald bei dir sein. Und wie das Baby wächst und strampelt, du solltest meinen Bauch sehen! Wie sehr ich mir wünsche, jetzt bei dir zu sein. Wo bist du gerade? Was machst du? Bist du in unserem neuen Zuhause? Erzähl mir davon! Du musst mir alles erzählen!“
Er lachte. Ein wogend heißes Gefühl durchspülte jede Faser seines Körpers. „Marie! Wie schön es ist, deine Stimme zu hören . Aber du musst langsam sprechen, sonst verstehe ich dich nicht und kann dir nicht folgen.“
„Entschuldige, Liebster.“ Er hörte sie lachen und schniefen zugleich. „Geht es dir gut? Warum hast du dich so lange nicht gemeldet?“
Erik erzählte ihr alles, von seiner Ankunft im Regen und der ersten Nacht im Gästehaus über das Fest bei Benedikt bis hin zu seinem Spaziergang durch das Dorf und dem Besuch bei Konrad. Er berichtete von den Menschen, die er kennen gelernt hatte, und versuchte dabei, sich auf die positiven Aspekte zu konzentrieren. Es fiel ihm leicht, weil er den alten Pfarrer tatsächlich mochte, weil er Anna mochte und auch Benedikt, trotz seiner rauen, ungehobelten Art. Sogar den schrulligen Lothar mochte er, auch wenn er Lothars heftige Reaktion von vorhin noch immer nicht einordnen konnte. Hier gingen einige Dinge vor sich, die er nicht verstand. Aber er war ein Fremder hier. Man hatte ihn warm und freundlich empfangen, und das war mehr, als er erwartet hatte. Er erzählte Marie vom Gletscher, von der seltsamen
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