Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
helfen.“
„Natürlich kannst du ihm noch helfen. Vormittags gehst du in die Schule und lernst alles, was du außer dem Schmieden sonst noch wissen musst, und nachmittags kannst du in der Schmiede mit anpacken. Klingt doch gut, oder?“
Der Junge sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
„Vater ist in der Werkstatt“, wiederholte das Mädchen.
Erik nickte. „Dann werde ich jetzt mal zu ihm gehen. Und was macht ihr Kinder noch an diesem herrlichen Tag?“
Das Mädchen starrte auf seine Schuhe. „Ich muss mich noch um Großmutter kümmern. Sie schläft jetzt.“
Der Junge stieß ihr den Ellenbogen in die Rippen. „Wir müssen noch arbeiten“, sagte er. „Dann gehen wir spielen.“ Der Junge stieß die Sät ze schnell und gepresst hervor.
„Gut.“ Erik lächelte irritiert. Etwas am Verhalten des Jungen kam ihm sonderbar vor. „Dann wünsche ich euch beiden noch einen schönen Tag.“ Als er sich abwandte, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. In der Eingangstür des Wohnhauses stand eine große, dürre Gestalt. Eine rote Wolldecke umwehte ihre schmächtigen Schultern wie ein Umhang. Ihr weißes Haar hatte sich teilweise aus ihrem Zopf gelöst und flatterte um ihren eingefallenen Schädel wie Wolkenfetzen. Sie starrte genau in ihre Richtung, aber Erik war sofort klar, dass sie ihn und die Kinder nicht sah. Ihre Augen waren groß und dunkel und leer. Ihre Arme hingen schlaff an den Seiten herunter. Sie machte eine Bewegung, so als wollte sie das Haus verlassen, aber über der Schwelle verharrte ihr Fuß zitternd.
„Ich schätze, eure Großmutter ist jetzt wach.“ Erik nickte in Richtung der Eingangstür.
Die Kinder drehten sich erschrocken zum Haus um. Dann liefen sie gleichzeitig los. Erik sah ihnen hinterher. Der Junge nahm die schmächtige, weißhaarige Gestalt bei der Hand und führte sie behutsam ins Innere des Hauses zurück. Das Mädchen warf einen Blick zu Erik zurück, und es schien ihm, als läge ein Vorwurf darin. Dann schloss sie die Eingangstür hinter sich.
Erik ging auf die Werkstatt zu. Das Hämmern wurde lauter. Im Türrahmen blieb er stehen.
Die Glut in der Esse tauchte den Raum in ein unwirkliches Licht. Vor der Esse standen ein Wasserkessel und ein Amboss, und unzählige Werkzeuge hingen an den Wänden. Die Luft war heiß und erfüllt von Rauch und Schweiß und dem eigentümlichen Geruch von glühendem Metall. Der Schmied stand vor dem Amboss und ließ seinen Hammer auf ein rotglühendes Stück Eisen niedersausen. Funken stoben auf.
„Hallo, Konrad!“, rief Erik.
Der Schmied blickte auf und ließ den Hammer sinken. „Erik Strauss“, sagte er. „Treten Sie näher!“
Erik durchquerte die Werkstatt und blieb vor dem Amboss stehen. Er spürte die Hitze, die von der Esse abstrahlte. Er streckte Konrad die Hand hin, und dieser zog seinen ledernen, von Feuer und Ruß schwarz verfärbten Arbeitshandschuh aus und wischte sich die Hand an der Schürze ab, ehe er Eriks Rechte schüttelte. Sein Händedruck war kräftig. Schweiß perlte über sein Gesicht und färbte sein Hemd dunkel. Sein blondes Haar leuchtete im Schein der Glut. Die Muskeln an seinen Oberarmen zeichneten sich unter seiner Haut ab und sprangen bei jeder Bewegung hin und her, als führten sie ein Eigenleben.
„Ich wollte mich bei Ihnen bedanken“, sagte Erik. „Dafür, dass Sie mich und den Pfarrer nach Hause gebracht haben.“
Konrad winkte ab. „Ich konnte Sie ja schlecht da liegen lassen, oder?“
„Tja, wohl nicht. Danke jedenfalls. Auch dafür, dass Sie meinen Wagen geborgen haben.“
„Ja, der Wagen!“ Konrad schlug kräftig mit dem Hammer auf das rotglühende Eisen auf dem Amboss, so dass Funken nach allen Seiten explodierten. Er hob es mit der Zange hoch und betrachtete es eingehend. „Der Wagen war ein hartes Stück Arbeit“, sagte er und tauchte das flach geschlagene Eisenteil in den Wasserkessel. Dampf quoll aus dem Kessel, begleitet von einem lauten Zischen. Konrad zog das abgekühlte Metallstück heraus, warf einen letzten Blick darauf und legte es mitsamt der Zange auf die Werkbank. „Man kann es jetzt noch nicht sehen“, sagte er, „aber dieses Stück Eisen wird ein gutes, scharfes Messer sein, wenn ich damit fertig bin. Mein Junge hilft mir dabei. Er macht die Griffe. Aus Holz und aus Horn. Er ist sehr geschickt.“
„Ich bin Ihrem Jungen gerade begegnet“, sagte Erik. „ Michael, richtig? Und Ihrer Tochter, Silvia. Zwei prächtige Kinder.“
Konrad nickte und
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