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Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Der Teufel in Thannsüß (German Edition)

Titel: Der Teufel in Thannsüß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Mattgey
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Treppenstufen hinunter und floh aus der Mühle.
    Er lief, bis er nicht mehr laufen konnte. Dann hielt er inne und rang nach Luft. Blut tropfte von seiner Hand auf den staubigen Boden des Feldwegs. Seine andere Hand war noch immer zur Faust geballt. Als er sie öffnete, zitterte sie. Auf seiner schwitzenden Handfläche lag, inmitten verklumpten Mehls, weiß leuchtend im Sonnenlicht, der Fingerknochen.
     
    Er stürmte ins Pfarrhaus ohne anzuklopfen. Die Tür schwang auf und schlug gegen die Wand. In der Eingangshalle stieß er beinahe mit Anna zusammen, die aus der Küche kam, um der Ursache des Lärms auf den Grund zu gehen.
    „Anna“, sagte Erik und holte keuchend Luft, „ich muss mit dem Pfarrer sprechen. Ist er oben?“
    „Wie sehen Sie denn aus, Erik? Man könnte glauben, der Teufel wäre hinter ihnen her.“ Sie spähte den Gang entlang durch die geöffnete Eingangstür. Draußen strich der Wind über die Wiese auf dem Kirchhof. „Was ist denn los mit Ihnen? Geht’s Ihnen nicht gut?“
    Erik stützte die Hände auf die Knie und holte einige Male tief Luft. Anna musterte ihn von oben bis unten. „Sie sind blass wie ein Leichnam, Erik. Und all dieser Staub – ist das Mehl? Sie bluten ja!“ Sie nahm seine Hand in die ihre und begutachtete die Verletzung.  „Sie haben sich geschnitten. Wie ist das passiert?“
    Erik zog seine Hand weg. „Ich bin gestürzt. Hören Sie, Anna, ich muss dringend mit dem Pfarrer sprechen.“
    „Der Herr Pfarrer ist in der Bibliothek, und glauben Sie mir, er wird Ihnen nicht weglaufen. Sie kommen erst mal mit mir.“ Sie schob ihn mit sanfter Gewalt in die Küche. „Setzen Sie sich. Und keine Widerrede.“
    Sie verließ die Küche und kam wenige Augenblicke später mit einer kleinen Ledertasche unter dem Arm zurück. Dann stellte sie eine Schüssel mit Wasser auf den Tisch. Aus einer Schublade holte sie ein Glas und eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit. Sie schenkte das Glas voll und hielt es ihm hin. „Trinken Sie das.“
    „Was ist das?“
    „Benedikts Obstler. Genau das, was Sie jetzt brauchen.“
    Erik nahm das Glas entgegen und roch daran. Dann leerte er es in einem Zug und knallte es auf den Tisch. Die Wirtschafterin öffnete die Tasche und nahm ein Fläschchen Jod und Verbandszeug heraus. „Waschen Sie Ihre Hand in der Schüssel, na los. Ich habe sie nicht auf den Tisch gestellt, damit Sie sie anstarren können.“
    Erik tauchte seine Hand in die Schüssel. Das Wasser färbte sich rot. Mehlklumpen, die sich von seiner Hand lösten, trieben darin wie kleine weiße Eiterbläschen. Die Schnitte brannten.
    Er dachte an die Schmerzen in seinem Bein, nachdem er im Lazarett erwacht war, in das seine Mutter ihn schließlich gebracht hatte. Er erinnerte sich an den Moment, in dem er registriert hatte, dass sein Bein noch da war und dass sie es nicht abgeschnitten hatten. Seine Freude darüber hatte sogar die Schmerzen erträglich gemacht. Sie ließen ihn nachts nicht schlafen und tagsüber brachten sie ihn zum Schreien, aber sie waren erträglich, weil sie besser waren, als das Bein zu verlieren. Als er sich jetzt an diese Schmerzen erinnerte, kamen ihm die Schnitte in seiner Hand plötzlich lächerlich vor.
    „Nehmen Sie das Tuch.“ Die Wirtschafterin streckte ihm ein weißes Geschirrtuch entgegen. „Tropfen Sie hier nicht alles voll mit Ihrem Blut. Trocknen Sie die Hand ab. Gut so.“
    Anna tränkte einen Wattebausch mit Jod und tupfte die Schnitte damit ab. Dann umwickelte sie seine Hand mit einer Mullbinde. Während sie arbeitete, versuchte Erik seinen Herzschlag zu beruhigen und seine Gedanken zu ordnen. Er musste Obermeier informieren, so schnell wie möglich. Schließlich stand er auf und legte Anna eine Hand auf die Schulter. „Danke.“
    „Ja, ja. Jetzt gehen Sie schon. Er ist in der Bibliothek.“
     
    Thomas Hellermann saß in einem der großen Ohrensessel vor dem Kamin. Auf dem Beistelltisch neben ihm lag das geöffnete Gehäuse einer Wanduhr, und daneben waren einige Werkzeuge ausgebreitet. Das Ziffernblatt und das Uhrwerk lagen auf seinem Schoß. Der Pfarrer beugte sich über das Uhrwerk und zog mit einem Feinmechaniker-Werkzeug eine Schraube an. Als Erik eintrat, blickte er auf.
    Der Pfarrer sah ihn erstaunt an und nahm seine Lupenbrille ab. „Sie sind schon zurück?“
    „Ich muss mit Ihnen sprechen“, sagte Erik und setzte sich in den freien Sessel . Im Kamin prasselte ein Feuer.
    Thomas Hellermann legte die Uhr auf den Tisch. „Sie sehen

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