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Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
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wenn es spätnachts einen fernen Sender auffängt.
    Bla bla bla – »… unentschuldbar, dass uns das entgangen ist …« – bla bla bla – » … schon Praktikanten mit besserem Urteilsvermögen erlebt …« etc. pp.
    Ich konzentriere mich auf das Fenster hinter Merriwethers Schreibtisch und beobachte zwei dürre Tauben, die auf dem Sims einen Rucki-Zucki-Paarungstanz vollführen. Ich hätte nichts dagegen, eine von ihnen zu sein, bis Merriwether endlich mit mir fertig ist und mich wieder vor die Tür setzt. Tier – Pflanze – Mineral – im Prinzip egal. Ich wäre lieber alles andere als Darryl Billups, der sich einen Schwall pausenlosen Geschwafels anhören muss, dessen grundlegende Aussage lautet: »Sie sind minderwertig, haben hier nichts zu suchen und erledigen Ihre Arbeit nicht zur Zufriedenheit.«
    Bla bla bla bla bla.
    Alle zehn Sekunden stelle ich flüchtigen Blickkontakt zu ihm her und nicke, um ihm den Eindruck zu vermitteln, dass ich jedem seiner weisen Worte lausche.
    Dabei höre ich im Geiste einer Stimme zu, die weit fesselnder ist, bedrohlich und seltsam androgyn. Der Stimme des oder der Unbekannten, der/die zehn Minuten, bevor Merriwether mich in sein Büro beordert hat, bei mir angerufen hat. Bei Zeitungen rufen immer irgendwelche Spinner an; das ist ein Berufsrisiko. Wenn das Telefon klingelt, ist es aller Wahrscheinlichkeit nach ein PR-Mensch, der mit irgendeiner dämlichen Idee für eine Story hausieren geht. Oder eine einsame Seele, die fordert, dass wir die Verbindungen der Trilateralen Kommission zu Satan untersuchen.
    Aber was soll ich von einem Anrufer halten, der davor warnt, dass ein hellbrauner Dodge-Van das Hauptquartier des NAACP im Stadtzentrum von Baltimore in die Luft sprengen wird? Am oder um den elften Juli herum – also in etwa drei Wochen?
    Spinner befassen sich nur selten mit solchen Details. Als ich auf genauere Informationen drängte, erntete ich für meine Bemühungen nur ein Klicken im Ohr.
    Jetzt sitze ich in Merriwethers Büro, starre auf ein handsigniertes Foto von Ronald Reagan und frage mich, warum einMöchtegernterrorist ausgerechnet mich auserkoren hat. Ist das nur ein durchgeknallter Schwachkopf, der Schindluder mit einem der wenigen schwarzen Reporter der Zeitung treibt?
    Der Anruf kam völlig unerwartet und wurde von mir nicht gewürdigt. Ehrlich gesagt hat er mir Angst gemacht.
    Ich bin wahrhaftig kein Waschlappen, aber da draußen laufen so einige Irre rum. Man bedenke nur, wie viele Kirchen in den Südstaaten abgefackelt werden.
    »Hören Sie überhaupt, was ich Ihnen sage? Das beeindruckt Sie offenbar gar nicht«, bricht Merriwethers fiese Stimme in meine Überlegungen ein.
    Es war mir gelungen, ihn völlig auszublenden, doch jetzt ist er wieder präsent, unüberhörbar und mit prachtvoll zinnoberrot gefärbtem Gesicht. Leider habe ich keinen Schimmer, was er gesagt hat.
    »Ich hab sehr wohl gehört, was Sie gesagt haben«, erwidere ich neutral und bluffe auf Teufel komm raus. »Es überrascht mich nur, dass Sie das sagen.«
    »Verdammt richtig, und es wurde auch Zeit, dass es mal einer tut«, antwortet Merriwether und wirft mir einen Blick zu, den sich Sieger für Besiegte vorbehalten. »Wenn wir das nächste Mal abgehängt werden wie bei der WQQD-Story, schleife ich Sie höchstpersönlich auf dem Arsch hier raus und expediere Sie zur Dienststelle in Howard County.«
    Howard County? Ich fange mich gerade noch und strenge mich an, mir weder Überraschung noch Entsetzen anmerken zu lassen. Merriwether hat mir einen harten Schlag versetzt, so hart, dass es mir den Atem verschlägt, doch ich werde ihm nie die Genugtuung geben, es ihm zu zeigen.
    Howard County! Dem dortigen Büro werden blutige Anfänger zugewiesen, die dann über Sitzungen der Bezirksregierung berichten und sentimentale Hintergrundstorys schreiben müssen. Howard County ist die Heimat der Familienschlitten, mein Spitzname für Columbia, eine spießige Schlafstadt der weißen Mittelschicht 32 Kilometer südlich von hier, wo anscheinend jederzweite Bewohner einen Dodge-Minivan besitzt, mit dem er seine verhätschelten Gören zum Fußballtraining kutschiert.
    Jeder
Herald
-Reporter, der etwas auf sich hält, will im Hauptbüro im Zentrum von Baltimore arbeiten, da, wo der Bär los ist. Wo ich jetzt bin. Und zwar völlig zu Recht.
    »Sie sind der Boss«, sage ich mit einem unverbindlichen Achselzucken zu Merriwether. Das funktioniert immer, wenn er versucht, mich zu

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