Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
Vom Netzwerk:
Streifenwagen macht, und hänge mich erneut ans Telefon. Ich rufe bei der U.S. Park Police an, bei einem Experten des Bombenentschärfungskommandos bei der Stadtpolizei, beim NAACP, bei B’nai B’rith und einer Gruppe hier vor Ort, die Hassorganisationen überwacht. Derweil achte ich die ganze Zeit mit halbem Ohr auf einen leise gedrehten Polizeifunk-Scanner auf meinem Schreibtisch. Inmitten all der Hektik ruft der Androgyne an.
    »Haben Sie schon jemanden wegen dem elften Juli gewarnt?«, fragt der Anrufer in einem Ton, der zugleich salbungsvoll und eindringlich ist. Während sich meine Nackenhaare in Habachtstellung aufrichten, versuche ich festzustellen, ob der Anrufer männlich oder weiblich ist. Zudem horche ich auf Hintergrundgeräusche, die mir dabei helfen könnten, den Anrufer oder seinen Standort zu identifizieren.
    Ich sehe mich argwöhnisch um, ob jemand verdächtig über seinem Telefon kauert und mir einen Streich spielt. Aber alle sind eifrig ins Gespräch vertieft oder starren mit unbewegter Miene auf einen Computerbildschirm, fest entschlossen, noch vor Redaktionsschluss fertig zu werden.
    Wenn das irgendwer für einen Witz hält: Ich finde die Scheiße nicht lustig.
    Witzbold oder nicht, der Anrufer ist eine geduldige Seele, denn in der Leitung bleibt es totenstill, während meine Antwort erwartet wird. Man hört noch nicht mal ein Atmen. Ich spüre, dass dieses Katz-und-Maus-Spiel der Person am anderen Ende einen Kick gibt.
    »Von woher rufen Sie an?«, frage ich schließlich.
    Die Antwort ist ein überraschender Lachanfall, ein schrilles Trillern, das sowohl von einem tuntig klingenden Mann als von einer Frau mit rauchiger Stimme stammen könnte. Ich taste blind in meiner Schreibtischschublade nach meinem Diktaphon und einem Telefonüberwachungsgerät von RadioShack. Eilig verbinde ich beides miteinander und zeichne den Anruf heimlich auf.
    »Da können Sie mich auch gleich fragen, wer ich bin«, sagt der Anrufer schließlich, nachdem er herzlich über mich gelacht hat.
    »Na schön. Wer sind Sie? Denn ich hab wirklich keine Zeit für solche Mätzchen. Warum rufen Sie ausgerechnet bei mir an?«
    »Dass Sie über meine Identität Bescheid wissen, ist nicht wichtig«, antwortet der Androgyne milde. »Wichtig ist, dass Sie wissen, dass alles, was ich sage, der Wahrheit entspricht. In ein paar Tagen werden Sie mir glauben.«
    Klick.
    Kurz bevor der Hörer aufgelegt wurde, hatte die Stimme des Anrufers einen heimlichtuerischen Unterton angenommen, als wollte er/sie nicht am Telefon ertappt werden. Und was heißt »In ein paar Tagen werden Sie mir glauben«? Wie kann das sein, wenn der Bombenanschlag am elften Juli sein soll und wir heute erst den 27. Juni haben?
    Ich schalte das Diktiergerät aus, hole die Mikrokassette heraus und schreibe in Druckschrift BOMBENLEGER darauf.
    Für einen Augenblick vergesse ich die anstehende Aufgabe, lasse mir den Anruf noch einmal durch den Kopf gehen und versuche, seine Wichtigkeit einzuschätzen. So ungefähr das Einzige, dessen ich halbwegs sicher bin, ist, dass der Anrufer klingt wie ein Weißer. Was das Feld natürlich kaum begrenzt.
    Ohne mir dessen bewusst zu sein, zupfe ich an meinem Oberlippenbart, eine Angewohnheit von mir, wenn ich tief in Gedanken versunken bin. Eine blinkende E-Mail-Benachrichtigung auf meinem Computer holt mich unsanft in die Gegenwart zurück.
    Wie geht die State-Police-Story voran?
    PS: Ich muss Sie nachher mal sprechen.
    ‹TILLMAN›, 27. Juni, 17:11
    Ich erinnere mich nicht, dass Russell Tillman mich je schon um 17.30 Uhr nach einer Story gefragt hat. Und worüber sollte er mit mir reden wollen? Anders als die meisten weißen Redakteure beim
Herald
sieht Tillman mir auch noch in die Augen, wenn weiße Reporter und Redakteure zugegen sind. Zudem schnappt er mir keine hochkarätigen Storys vor der Nase weg, um sie den Primadonnen des
Herald
zu präsentieren, und reißt sich ein Bein aus, mir die Tipps und Tricks der Branche beizubringen.
    Ich finde Tillman super.
    Ich vermute stark, dass sein Wunsch nach einem Gespräch mit mir mit meinem Tête-à-Tête mit Merriwether zusammenhängt.
    Ich antworte Tillman, dass ich etwa in einer halben Stunde fertig sein müsste, mache mich wieder an die Arbeit und lache leise in mich hinein. Ich muss verrückt sein, die Stimme irgendeines verrückten Exzentrikers aufzuzeichnen, der offensichtlich auf Oklahoma City fixiert ist.
    Der Redaktionsschluss für die erste Auflage des
Herald
, die

Weitere Kostenlose Bücher