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Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
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ich lachend. »Sprich ein Gebet für mich, Evelyn. Sprich ein Gebet.«
    Ich küsse sie flüchtig auf eine rougebedeckte Wange, worauf sie unwillkürlich zurückzuckt. Dann schlendere ich, ohne mich auch nur einmal umzusehen, lässig davon und lasse Evelyn im plätschernden Regen mit offenem Mund auf dem Gehsteig stehen.
    Das sollte ihren hochgestochenen Freunden ausreichend Gesprächsstoff bieten.
    Während ich weiterschlendere und meine außerplanmäßige Dusche in vollen Zügen genieße, taucht das Backsteingebäude des
Herald
vor mir auf. Tropfnass und mit einem alarmierenden Gefühl der Befreiung stehe ich vor dem Eingang und überlege, ob ich reingehen soll.
    »Junge, diesmal hast du’s vergeigt«, brummele ich in meinen Bart, als ich unsicher in die Redaktion des
Baltimore Herald
schlendere. »Was hab ich mir bloß dabei gedacht?«
    Es dauert etwa dreieinhalb Sekunden, bis eine demütigende Stille meine Ankunft verkündet. Gespräche werden mitten im Satz abgebrochen – Finger schweben frei über Tastaturen. Redakteure, Reporter und Redaktionsassistenten halten in ihrem Tun inne. Alle drehen sich um und bestaunen die unerwartete Erscheinung.
    »Was ist denn mir dir passiert, Bruder?«, hatte mich der Wachmann am Empfang gefragt und sich von seinem Stuhl erhoben, als ich das Gebäude betrat. »Du siehst aus wie durch die Mangel gedreht!«
    »Ich muss in die Redaktion, Mann«, hatte ich kurz angebunden erwidert, um dem üblichen Geplänkel zu entgehen. »Ich hab keinen Ausweis, weil ich ausgeraubt worden bin.«
    »Tut mir leid, Partner – geh ruhig hoch.« Der Wachmann wirkte besorgt, fast mitleidig, als er zu den Fahrstühlen deutete.
    Die nassen, dicken Sohlen meiner Arbeitsschuhe verkündeten jeden einzelnen Schritt auf dem Weg zu den Aufzügen:
quitsch, quatsch, quitsch, quatsch
.
    Jetzt stehe ich in der Redaktion und wünschte, das Gebäude nie betreten zu haben. Zu spät. Jetzt bin ich hier. Unübersehbar. Wie zum Teufel komme ich aus der Nummer wieder raus?
    Als erhörten sie mein Flehen, kommen mir vier Engel zu Hilfe geflattert. Drei Reporterinnen und eine Redaktionsassistentin mit Sorgenfalten in den engelsgleichen Gesichtern. Sie werden das Ausmaß meiner Dankbarkeit nie erfassen können.
    »Wir haben erfahren, was passiert ist. Geht es dir gut? Hat die Polizei die Übeltäter geschnappt? Warum bist du nicht zu Hause?« Jedem Mann gefällt es, wenn Frauen ein Riesenbohei um ihn veranstalten, ob er es zugibt oder nicht.
    Unwillkürlich stelle ich mich aufrechter hin und strecke die Brust raus. Es ist ein schönes Gefühl, dass jemand sich um den Menschen Darryl sorgt, statt nur um Darryl, die Artikel raushauende Maschine.
    Ich brauche nur ein Mindestmaß an Ermutigung, und schon erzähle ich ganz freiwillig, wie es war, in einer dunklen Gasse in Baltimore ausgeraubt zu werden. Mein Publikum ist so gebannt, dass keiner auf die Idee kommt, mich zu fragen, was ich dort überhaupt zu suchen hatte. Zu meiner Erleichterung.
    Ja, mir tun der Kopf und die Lippe weh, und mein Rücken auch.
    Ja, ich war mir ziemlich sicher, dass man mir eins mit dem Revolver übergezogen hat, aber gesehen hab ich es nicht.
    Nein, ich hab jetzt keine Angst, wieder raus auf die Straße zu gehen.
    Nein, ich komme heute nicht zur Arbeit, weil ich müde bin und mich ausruhen muss.
    Inzwischen umringen mich auch diverse andere Angestellte des
Herald
, männliche wie weibliche, um die innerstädtische Gewalt, über die sie andauernd schreiben, mit der sie jedoch nur selten in Berührung kommen, durch einen Augenzeugenbericht mitzuerleben.
    Als mir wieder einfällt, dass ich eigentlich nicht ganz in Form bin, schalte ich einen Gang zurück, dämpfe meine Stimme und gestikuliere weniger lebhaft.
    »Ich bin nur kurz hochgekommen, um meine Reserve-Autoschlüssel aus meinem Schreibtisch zu holen«, lüge ich mühelos. »Meine Ärztin hält es für eine gute Idee, wenn ich nach Hause gehe und mich ausruhe – es ist immerhin eine Kopfverletzung.«
    »Ach, ist das wahr? Ich hatte gehofft, Sie heute einsetzen zu können«, sagt Tom Merriwether fröhlich und tritt in den Kreis der Reporter, der sich teilt, um ihn durchzulassen.
    »Nein, Tom, ich hole nur meine Autoschlüssel«, antworte ich höflich. »Ich habe einen bösen Schlag auf den Kopf bekommen und bin heute wirklich nicht in der Lage zu arbeiten.« Die erbitterte Feindseligkeit, die ich noch eben gegenüber Merriwether empfand, ist vollkommen verflogen.
    Er hingegen ist

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