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Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Der Teufel kommt raus: Kriminalroman

Titel: Der Teufel kommt raus: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blair S. Walker
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Kontrolle über sein Leben haben will, muss man zu Hause damit anfangen. Das ist meine feste Überzeugung.
    In der Hoffnung, dass Yolanda mir auf den Anrufbeantworter gesprochen hat, schalte ich ihn ein und lasse mich auf den braunen Sitzsack fallen. Die Stimme meiner Mutter wabert heraus und fragt, ob ich schon aus der Klinik entlassen bin. Meine jüngere Schwester, Camille, die ungewöhnlich fröhlich und albern klingt, lädt mich heute Abend zu einer Party bei ihr zu Hause ein. Mein Kumpel, Mad Dawg Murdoch, informiert mich über die Vorgänge beim
Herald
.
    Doch ich höre nur mit halbem Ohr hin, da mich die vorausgehende Nachricht noch zu sehr beschäftigt. Zu meinem Leidwesen kennt der Androgyne nicht nur meine Adresse, sondern auch meine Telefonnummer.
    Im Hintergrund ist gedämpfter Verkehrslärm zu hören, sowie ein sporadisches
huwiiii, huwiiii
. Klingt wie ein Druckschlagschrauber.
    »Heute oder morgen wird Sheldon Blumberg erschossen«, warnt mich der Androgyne atemlos. »Die könnten bluffen, aber das glaub ich nicht. Die sagen, Blumberg ist ein niggerfreundlicher Jude, der es verdient, hingerichtet zu werden.«
    Plötzlich ein schweres Atmen, das schnelle Hyperventilieren eines Menschen, der keine Luft bekommt. Nach ein paar Sekunden identifiziere ich es als Weinen. Die darauf folgende Stimme ist unzusammenhängend, wie bei einem Betrunkenen.
    »Ich weiß nicht, warum ich Sie damit behellige …« Mehr schnelles Atmen nebst ein paar kaum hörbaren Schluchzern. »Es tut mir leid. Vielleicht kann keiner was dagegen tun. O Gott, wie bin ich da bloß reingeraten?«
    Auf diese Frage folgt lautes Geheul, und ich kann hören, dass der unbekannte Anrufer verzweifelt versucht, die Beherrschung wiederzuerlangen. Die darunter liegende Frustration und Reue sind fast mit den Händen zu greifen. »Es tut mir so leid, Darryl; es tut mir so wahnsinnig leid. Gott, ich hoffe, ich irre mich.«
    Mehr Weinen, dann das Geräusch eines Hörers, der leise aufgelegt wird.
    Die Kombination aus Telefonnachricht und Postkarte verunsichert mich so sehr, dass ich von dem Sitzsack aufspringe und durch meine Wohnung haste, um unters Bett und in die Schränke zu spähen.
    Wenn der Androgyne sich mit Irren eingelassen hat, die Schwarze in die Luft sprengen und Juden erschießen wollen,
soll er die Polizei anrufen
! Über Mord und Totschlag zu wachen ist nicht mein Ding. Ich schreibe bloß über diese Scheiße.
    Sheldon Blumberg ist ein prominenter Geschäftsmann aus Baltimore, der ein Vermögen gemacht hat, indem er eine gut geführte Apotheke zu einer Kette aus Drogerien und Supermärkten im gesamten Baltimore-Washington-Korridor ausgebaut hat. Vor zehn Jahren hat Blumberg, der inzwischen Ende siebzig ist, die Kontrolle über sein Geschäft an seine Tochter abgetreten und widmet nun einen Großteil seiner Zeit der Leitung der Blumberg-Stiftung.
    Glücklicherweise, oder unglücklicherweise, je nach Sichtweise, ist einer der größten Nutznießer der Stiftung in den letzten Jahren das NAACP gewesen. Diese Tatsache bietet in gewissen schwarzen Kreisen Anlass für eine Menge Augenrollen und Seufzen, da dort das Gefühl vorherrscht, dass afroamerikanische Institutionen sich mehr auf die Großzügigkeit von Schwarzen und weniger auf die von Weißen verlassen können sollten.
    Eine andere Fraktion der Community ist der Meinung, dass nach jahrhundertelanger weißer Unterdrückung und Unterjochung keine noch so große Geldsumme von weißen Wohltätigkeitsorganisationen und Institutionen die gewaltige Schuld zurückzahlen könnte, die dieses Land den Afroamerikanern schuldet.
    Blumberg spendet auch jede Menge Geld an Baltimores Kunstszene und unterstützt etliche namhafte liberale Politiker aus Maryland auf Landes- und Bundesebene. Aus diesen Gründen würde eine Hinrichtung Blumbergs Baltimore in den Grundfesten erschüttern. Vom
Herald
mal ganz zu schweigen.
    Obwohl ich mir ganz schön albern vorkomme, nehme ich den Hörer ab und wähle die Nummer von Phil Gardner, dem Kripobeamten der Mordkommission, den ich noch getroffen habe, kurz bevor ich einen übergebraten bekam. Was soll ich ihm erzählen? Dass ich den leisen Verdacht hege, dass Blumberg in Lebensgefahr schwebt? Einen starken Verdacht?
    »Gardner, Mordkommission«, spuckt seine automatische Ansage aus. »Hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Ton.«
Piep
.
    »Hier spricht Darryl, Darryl Billups vom
Herald
«, sage ich und öffne auf der Suche nach einem kalten Getränk meinen

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