Der Teufel mit den blonden Haaren
ich zurück bin. Gefüttert und versorgt sind sie ja, und bewegen möchte ich sie lieber selbst.“
„Natürlich“, nickte Gaby freundlich, während Toni rote Ohren bekam und seine Schwester anfauchte: „Das kann ich auch, und damit du es weißt: von dir lasse ich mir noch lange keine Vorschriften machen. Ich werde jetzt mit Gaby ausreiten.“
Ehe Sabine antworten konnte, erklärte Gaby:
„Aber nein, auf keinen Fall, ich muß meinen Koffer auspacken, einen Brief an meine Eltern schreiben, die wissen ja gar nicht, wo ich stecke—“ sie stand auf, streifte den Richter mit einem flüchtigen Blick und fuhr fort: „Darf ich mich bis Mittag entschuldigen?“ Sie nickte Frau Ingrid zu. „Ich melde mich rechtzeitig bei Ihnen zum Kartoffelschälen.“
Sabine drehte sich wortlos um, Gaby folgte ihr und schloß die Türe hinter sich.
Auch der Richter erhob sich. Ohne seine Frau anzusehen sagte er: „Wenn du den Tisch abgeräumt hast, möchte ich dich gern sprechen. Kommst du zu mir herauf?“
„Natürlich“, sagte sie ein wenig überrascht. Seine Stimme hatte so feierlich geklungen. „Natürlich, Harald, ich kann auch später abräumen und gleich...“
„Nein, nein“, sagte er hastig. „Ich... ich habe noch kurz zu tun.“
Er verließ das Zimmer ebenfalls, nur Toni und seine Mutter blieben zurück.
Frau Mercker räumte den Tisch ab, Toni zündete sich eine Zigarette an. Er sagte:
„Also ich finde, Gaby ist ein Segen für uns. Irgendwie weht hier endlich mal ein anderer Wind. Meinst du, daß sie aus gutem Hause ist?“
„Aus besserem als du“, antwortete Frau Mercker leicht gereizt. „Sie steht nämlich nicht einfach nur herum und schaut zu, wie ich arbeite. Es fiele dir oder Sabine keine Perle aus der Krone, wenn ihr mir auch einmal helfen würdet.“
„Aber Mutti — bisher...“
„Ja, eben: bisher! Es fällt euch allen zusammen nicht ein, daß ich auch einmal einen Sonntag haben möchte.“ Als aber Toni halb überrascht, halb belustigt nach der Kaffeekanne griff, fuhr sie mit der Inkonsequenz der meisten Mütter fort: „Ach, laß nur, ich mach das schon.“
Und während sie stillschweigend den Tisch abräumte und das Geschirr in die Spülmaschine schichtete, steigerten sich ihre Gedanken immer mehr in einen Zorn hinein, wie sie ihn bisher noch nicht an sich kannte. Sie setzte sich innerlich mit ihrem Mann auseinander.
Er benimmt sich zu Hause genauso wie bei Gericht... verzieht sich in sein Allerheiligstes... thront da und befiehlt: ich möchte dich gern sprechen. Das klingt wie ein Befehl, ja, warum kann er nicht zu mir in die Küche kommen, sich zu mir setzen und einfach sagen, was er zu sagen hat?
Aufgeregt, wie noch nie, legte sie die Schürze ab, korrigierte vor dem Spiegel ihr Makeup und stieg die Treppe hinauf, bereit, mit ihrem Mann zu streiten. Worüber eigentlich? Sie wußte es nicht, es war ihr auch gleichgültig, sie wollte nur einmal nicht mehr ja sagen, wollte einmal anderer Meinung sein als er und diese Meinung auch vertreten. Ihre Wangen waren leicht gerötet, als sie das Arbeitszimmer ihres Mannes betrat.
*
„Bitte“, sagte Dr. Mercker, als seine Frau das Zimmer betrat, „bitte setz dich. Ich muß einmal mit dir über verschiedenes sprechen.“
Sie setzte sich ihm gegenüber, schlug die Beine übereinander, was er affektiert und überflüssig fand.
„Es geht um dieses Mädchen“, sagte er. „Ihr beide seid wohl ein Herz und eine Seele, was?“
Sie spürte die Drohung in seiner Stimme, empfand sie ungerecht und konterte schärfer als sie eigentlich wollte:
„Und? Hast du etwas dagegen? Wir verdanken ihr eine ganze Menge.“
„Ja. Ärger. Sie erpreßt mich. Sie zwingt mich dazu, etwas zu tun, was ich niemals in meinem Leben hätte tun dürfen. Und du sprichst mit ihr, als sei sie deine beste Freundin.“
Ingrid lächelte, es tat ihr geradezu gut, lächeln zu können.
„Erpreßt dich? Das ist doch Unsinn. Wäre es dir lieber, sie hätte nach der Polizei gerufen?“
„Viel lieber“, brach es aus ihm heraus. „Tausendmal lieber. Nichts wäre geschehen. Jetzt habe ich die Geliebte eines Mörders am Hals, sie lebt in meinem Haus, unter meinem Schutz.“
Ingrid erstarrte.
„Was behauptest du? Gaby sei — die Geliebte eines Mörders? Woher weißt du das?“
„Hat sie mir selber gesagt. Du bist auf die großartige Idee gekommen, sie mitzunehmen. Laß dir jetzt bitte etwas einfallen, wie wir sie wieder los werden.“
„Eines Mörders? Das glaube ich
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