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Der Teufel mit den blonden Haaren

Der Teufel mit den blonden Haaren

Titel: Der Teufel mit den blonden Haaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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ihre Hände Scheibe um Scheibe des Brotes auf. „Manchmal komme ich mir vor, wie lebendig begraben.“
    Gaby schüttelte erstaunt den Kopf.
    „Sind Sie nicht ein wenig ungerecht gegen Ihren Mann? Sie waren doch auf einer Party, als... als wir uns kennenlernten.“
    Frau Ingrid lächelte. Es war ein etwas gequältes Lächeln.
    „Party? Du lieber Gott, lauter Juristen, mein Mann fast der jüngste. Und Frauen, die nichts anderes als die Karriere ihres Mannes im Kopfe haben, Klatsch, Intrigen — haben Sie eine Ahnung!“
    Gabys Zögern war wohlberechnet, ehe sie sagte:
    „Aber — Sie sind doch noch sehr jung, Frau Mercker. Doch höchstens vierzig.“
    „Fünfundvierzig“, sagte Frau Mercker.
    „Hätte ich nicht gedacht. Sie haben Ihre Kinder sehr früh bekommen, nicht?“
    Frau Mercker nickte.
    „Ja, ich würde mir, wenn ich nochmals heiraten würde, mehr Zeit damit lassen. Man hat so gar nichts vom Leben. Man macht sich Illusionen, aber da ist der Beruf des Mannes, dann kommen die Kinder, und bis man sich umschaut, ist man eine alte, müde Frau.“
    Gaby lachte.
    „Sie — und alt und müde! Darf ich Sie etwas fragen?“
    „Natürlich.“
    „Sind Sie glücklich?“
    Frau Ingrid packte die Butter aus und drückte mit einem kleinen Löffel ein Muster hinein.
    „Glücklich? Ich glaube, wenn man so jung ist wie Sie, hat man vom Glück eine andere Vorstellung. Es fehlt mir nichts.“
    „Ist das Glück, wenn man nur sagen kann: es fehlt mir nichts?“
    Frau Ingrid zuckte mit den Schultern.
    „Ich... ich weiß nicht. Es ist auch besser, wenn man gar nicht darüber nachdenkt. Ändern kann man ja doch nichts.“
    Gabys Augen wurden groß und erstaunt.
    „Nicht? Aber warum denn nicht? Sie haben doch einen Wagen, Sie könnten doch öfters mal in die Stadt fahren, Schaufensterbummel, Tanztee — Sie können sich das doch leisten.“
    Wieder ein Seufzer. „Meinen Sie? Ich dachte schon öfters daran, aber...“
    „Gar kein Aber, Frau Mercker! Jede Frau hat ein Recht auf einen Rest Eigenleben, auch wenn sie verheiratet ist. Ich muß sagen, so ganz richtig finde ich das nicht von Ihrem Mann, daß er sich so wenig um Sie kümmert.“
    „Aber er hat doch immer so viel Arbeit. Er nimmt alles so schrecklich ernst und genau.“
    Gaby lächelte und zwinkerte mit den Augen.
    „Ein wenig pedantisch ist er, nicht wahr?
    Der dritte lange Seufzer.
    „Das muß er in seinem Beruf wohl sein, wissen Sie.“
    In der weiß gekachelten und mit allen Raffinessen eingerichteten Küche begann es nach Kaffee zu duften.
    „Ich habe eine Idee“, sagte Gaby. „Wenn es Ihnen recht ist, fahren wir nächstens einmal zusammen in die Stadt. Ich muß ohnehin ein paar Besorgungen machen und wäre heilfroh, wenn Sie mich dabei ein wenig beraten könnten. Und dann bummeln wir an den Schaufenstern vorbei, trinken irgendwo eine Tasse — wollen Sie?“
    Der vierte Seufzer, aber diesmal ein Seufzer der Erleichterung. „Eine großartige Idee. Und vor allem ein wirklicher Grund. Harald — ich meine mein Mann — wird nichts dagegen haben.“
    Gaby nahm Frau Mercker das Tablett aus der Hand und sagte vertraulich:
    „Wir werden ihn gar nicht um Erlaubnis fragen. Was die Männer nicht wissen, macht sie nicht verrückt. Man muß ihnen nicht alles auf die Nase binden. Es bleibt unser Geheimnis, ja?“
    Und während Frau Mercker, noch ein wenig unsicher, aber doch schon fest entschlossen nickte, dachte Gaby, daß dieser neue Keil gut saß. Es würde nun nicht mehr allzu schwer sein, aus diesem Dummchen von Frau eine todunglückliche Person zu machen, die man leiten konnte, wohin man wollte.
    Und das war Gabys dritter großer Fehler. Frau Ingrid war nämlich keineswegs ein Dummchen, im Gegenteil, sie war eine recht intelligente Frau. Nur hatte sie in ihrer Ehe, neben einem Mann, der alles selbst bestimmte, keine Gelegenheit mehr gehabt, von ihren Fähigkeiten Gebrauch zu machen. Ihre menschliche Entwicklung war gewissermaßen am Tage ihrer Hochzeit unterbrochen worden.

VIII

    Der Rentner Alois Windbacher, siebenundsechzig Jahre alt, bekam von dem Besitzer des Autofriedhofs im Osten von München jeden Sonntag zehn Mark dafür, daß er das riesige Abstellgelände kontrollierte. Waren auch die zu Bergen aufgetürmten Schrottwagen nicht mehr viel wert, so standen doch immer einige Neuzugänge herum, die noch mit Instrumenten, Batterien oder anderem Brauchbaren ausgerüstet waren. Und es gab Leute genug, die versuchten, durch Diebstahl von Ersatzteilen

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