Der Teufel trägt Prada
Christian, der ihr die Hand schüttelte und sich eine Locke aus der Stirn strich, wie er es schon auf der Party so oft getan hatte. Wieder überkam mich das seltsame Gefühl, dass ich ihm stunden-, ja tagelang verzückt dabei zuschauen könnte, wie er diese eine, hinreißende Locke aus seinem Wunderwerk von Gesicht strich.
Ich starrte die beiden an, bis mir dämmerte, dass ich vielleicht irgendwas sagen sollte, aber sie schienen ganz gut allein zurechtzukommen.
»Lily«, Christian ließ sich den Klang auf der Zunge zergehen. » Lily . Schöner Name. Fast so schön wie Andrea .« Wenigstens kriegte ich es hin, nicht gleich wieder wegzuschauen. Lily strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Ich wusste genau, was sie dachte: der Typ war nicht nur scharf und in einem interessanten Alter, sondern auch noch charmant. In ihrem Hirn arbeitete es – wollte ich etwas von ihm, Alex hin, Alex her, und falls ja, was konnte sie tun, um die Sache in Gang zu bringen? Sie fand Alex Spitze, klar, wer tat das nicht, aber es ging ihr einfach nicht in den Kopf, wie zwei so junge Menschen derart viel Zeit miteinander verbringen konnten – zumindest behauptete sie das. Aber ich wusste, dass es einzig und allein der Monogamie-Faktor war, der sie wurmte. Wenn es auch nur den Hauch einer Chance gab, dass es zwischen Christian und mir funkte, war Lily mit Feuer und Flamme dabei.
»Lily, freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich bin Christian, ein Freund von Andrea. Stellen Sie sich immer vors Benihana, um ein Schwätzchen zu halten?« Bei seinem Lächeln spielte mein Magen Aufzug.
Lily warf ihre braunen Locken mit Schwung zurück und sagte: »Wo denken Sie hin, Christian! Wir haben gerade im Town gegessen und suchen jetzt nach einem netten Plätzchen, wo man noch was trinken kann. Haben Sie eine Idee?«
Im Town! Das war eines der schicksten und teuersten Restaurants in der Stadt. Miranda ging dorthin. Jessica und ihr Verlobter gingen dorthin. Emily laberte mir ständig die Ohren voll, wie gern sie mal dorthin wollte. Aber Lily?
»Ach, das ist ja merkwürdig«, sagte Christian, der ihr die Story offensichtlich abkaufte. »Ich war gerade mit meinem Agenten dort beim Essen. Komisch, dass ich Sie nicht gesehen habe …«
»Wir haben ganz hinten gesessen, in dem Eck hinter der Bar«, warf ich rasch ein. Offenbar gewann ich allmählich meine Fassung wieder. Und zum Glück hatte ich aufgepasst, als Emily mir auf der Suche nach einem passenden Ort für ihr Date unter » citysearch.com « das winzige Bild von der Restaurantbar gezeigt hatte.
»Mhm.« Er nickte leicht abwesend und sah dabei süßer aus denn je. »Ihr Mädels wollt also irgendwo noch was trinken?«
Ich verspürte ein unbändiges Verlangen, mir den Mief vom Benihana aus Kleidern und Haaren zu spülen, doch Lily ließ mir keine Chance. Ob Christian wohl auch merkte, dass sie uns unbedingt verkuppeln wollte? Aber nachdem er so begehrenswert und sie so wild entschlossen war, hielt ich einfach den Mund.
»Genau, wir haben eben gerade überlegt, wo. Hätten Sie einen Vorschlag? Wäre natürlich riesig, wenn Sie mitkämen«, behauptete Lily und zupfte ihn kokett am Ärmel. »Gibt’s in der Gegend irgendwo was Nettes?«
»Ach, hier im Geschäftsviertel ist es mit den Bars nicht gerade weit her, aber ich treffe mich gleich mit meinem Agenten im Au Bar, wie wäre es denn damit? Er holt nur noch schnell ein paar Papiere aus dem Büro. Vielleicht würden Sie ihn ja gern kennen lernen, Andy – man weiß nie, wann man mal einen Agenten brauchen kann. Also, was halten Sie vom Au Bar?«
Lily schoss mir einen Blick Marke Nun-mach-Schon zu, der mit jedem Wimpernschlag schrie: Er ist zum Anbeißen, Andy! Zum Anbeißen! Keinen Schimmer, wer er ist und was er macht, aber er ist scharf auf dich, also reiß dich zusammen und sag ihm, Au Bar fändest du toll!
»Au Bar fände ich toll«, brachte ich vor, und das, obwohl ich noch nie dort gewesen war. »Passt perfekt, denke ich.«
Lily lächelte, Christian lächelte, und so zogen wir drei denn los. Christian Collinsworth und ich gingen zusammen etwas trinken. Galt das als Date? Natürlich nicht, jetzt mach dich nicht lächerlich , rief ich mich zur Ordnung. Alex, Alex, Alex , betete ich
als stummes Mantra herunter – fest entschlossen, nicht zu vergessen, dass ich einen Freund hatte, der mich innig liebte, und gleichzeitig enttäuscht über mich selbst, weil ich mir eigens vornehmen musste, nicht zu vergessen, dass ich einen Freund hatte, der mich innig
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