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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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meine die gesamte Operation. Die vielen Pakete als Eilsendung in die ganze Welt zu schicken. In manchen Fällen wird die Fracht mehr kosten als das Geschenk, vor allem wenn es jemand aus der Nullenklasse ist, der bloß den Chianti kriegt.«
    Diese Frage schien sie sich noch nie gestellt zu haben. Zum
ersten Mal, seit wir uns kannten, sah sie mich nicht verächtlich, genervt oder gleichgültig an, sondern interessiert. »Hm, wollen wir mal sehen. Nehmen wir an, die inländischen Lieferungen kommen auf ungefähr 20 Dollar pro Stück und die ausländischen auf 60, dann macht es allein 9000 Dollar für den Paketdienst. Irgendwo habe ich mal gehört, dass unser hauseigener Kurierdienst pro Lieferung 11 Dollar berechnet. Bei 250 Kurierlieferungen kommen wir auf 2750 Dollar. Und dann noch unsere Arbeitszeit. Wir brauchen eine Woche, um alles einzupacken, das heißt, zusammen zwei ganze Arbeitswochen, macht noch einmal vier Riesen…«
    Unser Gehalt war bei weitem der mickrigste Posten auf der Liste.
    »Ja, wenn wir alles zusammenrechnen, kommen wir auf ungefähr 16 000 Dollar. Wahnsinn, was? Aber was will man machen? Sie ist schließlich Miranda Priestly.«
    Um eins verkündete Emily, dass sie Hunger hatte und mit ein paar Mädels aus der Accessoires-Abteilung einen Happen essen gehen würde. Ich nahm an, dass sie sich ein Sandwich aus der Cafeteria holen wollte, wie wir es die ganze Woche über gemacht hatte. Ich wartete und wartete, 10 Minuten, 15 Minuten, 20 Minuten, aber sie kam und kam nicht wieder. Es wurde zwei, es wurde halb drei, es wurde drei. Mir hing der Magen bis auf die Schuhsohlen. Ich versuchte, Emily über das Handy zu erreichen, wurde aber auf ihre Mailbox umgeleitet. Sie hatte doch wohl nicht in der Cafeteria den Geist aufgegeben? Womöglich war sie an einem Salatblättchen erstickt. Ich überlegte, ob ich jemanden bitten sollte, mir etwas zu holen, wäre mir dabei aber zu sehr wie eine Primadonna vorgekommen. Wer war ich denn, dass ich einen Kollegen bat, mir das Mittagessen zu besorgen? Schließlich war eigentlich ich für die Verpflegung zuständig. Wie sich das allein anhören würde: Entschuldigung, aber ich darf meinen verantwortungsvollen Posten als Geschenkverpackerin auf keinen Fall verlassen. Würden Sie mir bitte ein Croissant holen? Sie sind ein
Engel. Als Emily um vier Uhr immer noch nicht wieder aufgekreuzt war, tat ich das Undenkbare: Ich verließ das Büro, ohne Wachablösung.
    Vorsichtig lugte ich um die Tür. Keine Spur von Emily im Korridor. Ich nahm die Beine in die Hand, flitzte in den Empfangsbereich und drückte den Knopf für den Fahrstuhl. Bestimmt 20-mal. Sophy, die hinreißende asiatische Schönheit am Empfang, zog die Augenbrauen hoch und wandte den Blick ab. Entweder wollte sie nicht mit ansehen, wie ich vor den Aufzügen herumzappelte, oder sie wollte lieber nichts davon wissen, dass Mirandas Büro unbewacht war. Endlich kam der Lift, ich stürzte hinein. Ein Typ im Heroinlook – klapperdürr und hohlwangig – drückte mit einem spöttischen Grinsen lässig auf den Knopf. Kein Mensch rückte auf, um mir Platz zu machen, obwohl der Fahrstuhl halb leer war. Normalerweise wäre ich deswegen auf die Barrikaden gegangen, heute ließ es mich kalt. Ich hatte nur zwei Gedanken im Kopf: Runter in die Cafeteria und wieder rauf in Mirandas Büro, aber blitzfix.
    Im Eingangsbereich zu den heiligen Hallen aus Glas und Granit stand ein Rudel Möchtegernklapperschnepfen. Sie steckten tuschelnd die Köpfe zusammen und beäugten jeden, der aus dem Aufzug stieg. Freundinnen von Elias-Clark-Mitarbeiterinnen, das sah ich auf einen Blick. Emily hatte mir dieses Phänomen natürlich längst beschrieben. Man erkannte sie an ihrer naiven Begeisterung, einmal im Zentrum der Modewelt zu stehen. Lily hatte mich auch schon bekniet, sie mal zum Lunch mitzunehmen. Die Cafeteria hatte in fast allen Manhattaner Zeitungen spitzenmäßige Kritiken bekommen. Exzellentes Essen, gro ße Auswahl – und lauter tolle, schicke Leute. Aber vorerst fühlte ich mich dazu noch nicht imstande. Außerdem hatte ich es wegen unseres komplizierten Bürodienstplans die ganze Woche noch nicht geschafft, mehr als zweieinhalb Minuten dort zu verbringen, nämlich genauso lange, wie ich brauchte, um mir was zum Essen zu schnappen und zu bezahlen. Ob mir in der Cafeteria
je eine ausgedehntere Mittagspause vergönnt sein würde, wagte ich zu bezweifeln.
    Ich kurvte um die Mädchen herum, die mich neugierig begafften. Könnte ja

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