Der Teufel von Garmisch
fast lustig«, sagte
Schwemmer. »Und der Ton: ›Ein Polizist ist immer im Dienst.‹ Als ob er den
Spruch gerade erfunden hätte.«
»Aber es ist doch schön, dass er uns einen Grund geliefert hat, nett
essen zu gehen«, sagte Burgl.
»Ja, ja«, sagte Schwemmer. Er merkte natürlich, dass sie versuchte,
seine Laune zu stabilisieren, und er bemühte sich, ihnen nicht den Abend zu
verderben, der schließlich immer noch nett werden konnte. Aber heute fiel es
ihm schwerer als gewöhnlich, sich die dienstlichen Belange aus dem Kopf zu
schlagen.
»Kriegt ihr diesen Burschen denn?«, fragte Burgl.
»Klar. Ist nur eine Frage der Zeit. Wir kennen sein Auto, und sein
Handy kann er nicht benutzen. Und er kann nicht mehr als ein paar hundert Euro
in der Tasche haben. Aber die Zeit drängt. Möglicherweise ist er schon dem
nächsten Opfer hinterher. Er hat erst vor ein paar Tagen eine Software gekauft,
um ein Handy zu überwachen.«
»Welches denn?«
»Wissen wir noch nicht. Die Firma, die ihm das verkauft hat, gibt
die überwachte Nummer nur gegen richterlichen Beschluss raus. Und das dauert am
Wochenende manchmal ein bisschen.«
»Heißt das, jetzt ist endlich Wochenende?«
»Sicher ist das nur, wenn ich die Leitung der Kommission an Hessmann
abgebe.«
»Verstehe.« Sie ging ins Wohnzimmer und nahm das Telefon aus der
Ladeschale.
»Wen rufst du an?«, fragte Schwemmer.
»Ich bestell uns eine Pizza.«
»Pizza? Ich dachte, wir gehen essen? Ich hab eine Wette gewonnen!«
»Das lös ich ein, wenn du grade keinen Mörder suchst. Wie immer? Mit
Schinken und Sardellen?«
»Von mir aus«, brummte Schwemmer und ging zum Kühlschrank.
* * *
Die Kellertür knarrte leise, als er sie aufdrückte. In der Diele
brannte Licht. Vorsichtig streckte Sebastian den Kopf aus der Tür, den
gespannten Revolver in der Rechten, doch es war niemand zu sehen. Kein
Geräusch, nirgends. Das Haus war so stumm, dass ihm sein eigener Atem in den
Ohren dröhnte. An den Wänden entlang waren Bündel alter Zeitschriften
gestapelt, an einigen Stellen mannshoch. Es blieb ihm kaum Platz dazwischen.
Als er den ersten Schritt in den Hausflur hinaus wagte, schien das
Knarren der Dielen brüllend laut. Er erstarrte, aber nichts geschah. Zu seiner
Linken war die Haustür, gegenüber die zur Küche, wie er vermutete; sie war
geschlossen. Er machte ein paar weitere Schritte durch den schmalen Gang, den
die Papierstapel ließen. Nach ein paar Metern öffnete sich der Raum. Der
Eingangsbereich hatte einen T-förmigen Grundriss. Ein Gang entlang der
Straßenfront bildete den Querstrich, die Treppe und der parallel zu ihr
laufende Flur zu Kellertür und Küche den Längsstrich.
Er entdeckte zwei weitere Türen rechts im Gang, auch sie
geschlossen, eine weitere links neben der Treppe.
Er spähte um die Ecke und die Treppe hinauf. Oben war es dunkel.
Nichts war zu sehen oder zu hören.
Er wandte sich nach rechts. Der Weg dort wurde erschwert durch
gestapelte blaue Müllsäcke, die mit irgendetwas Leichtem gefüllt waren. Er
betastete ein paar von ihnen, es schien sich um Styroporverpackungen zu
handeln. Carinas Mutter war offenbar ein Messie. Oder waren das womöglich
Carinas Sachen? Immer wieder hielt er in seinen ohnehin langsamen Bewegungen
inne und lauschte, aber da war kein Geräusch. Er erreichte die erste Tür und
drückte die Klinke.
Sie war unverschlossen, aber als er sie aufdrücken wollte, stieß sie
gegen Widerstand. Er sah durch den Spalt. Der Raum war bis zur Decke angefüllt
mit Plastiktüten, die meisten mit Bindfaden verschlossen, einige aufgeplatzt.
Die aufgetürmten Tütenwälle waren umgestürzt und blockierten die Tür. Er gab
auf und ging weiter. Die nächste Tür ließ sich mühelos öffnen. Er drückte sie
ganz auf. Was er sah, ließ seinen Atem stocken.
Das Zimmer, das er betrat, war säuberlich aufgeräumt. Ein riesiges
Messingbett beherrschte den Raum. Auf den beiden Nachttischen standen
Kandelaber mit jeweils sieben brennenden Kerzen. Sonst gab es keine Möbel.
Auf dem Bett lag ein Körper. Er war mit einer dicken dunkelroten
Decke komplett zugedeckt.
Sebastian musste sich zwingen, auf das Bett zuzugehen. Immer wieder
drehte er den Kopf zur Tür, in der Erwartung, von hinten attackiert zu werden.
Aber nach wie vor waren seine Schritte und sein eigener Atem das Einzige, was
er hörte.
Seine rechte Hand hielt zitternd den Revolver. Langsam beugte er
sich nach vorn und zog die Decke von dem reglosen Körper.
Ein hilfloser,
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