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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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unartikulierter Schrei entrang sich seiner Kehle, als
er erkannte, was da vor ihm lag.
    * * *
    Die Hoffnung hat einen bösen Bruder. Es ist
der Irrtum. Die beiden Geschwister lieben einander. So sehr, dass sie sich
gegenseitig Gespielen zuführen. Und die Geschwister laben sich an den Qualen,
die sie den Menschen zufügen. Die Hoffnung und der Irrtum sind die bösesten Existenzen,
die es gibt. Ich glaube, es sind Engel.
    * * *
    Der Revolver glitt ihm aus der Hand.
    Die Schwäche, die ihn durchfuhr, war überwältigend. Langsam sank er
auf die Knie. Sein Magen verkrampfte, und er erbrach bittere Galle auf den
Fußboden.
    Es war nicht der Anblick der Leiche, der ihm derart zusetzte. Der
tote Körper war fast liebevoll hergerichtet worden. Die Hände lagen gefaltet
auf der Brust. Genau zwischen den beiden Einschüssen, von denen der eine das
Herz getroffen haben musste.
    Es war nicht der Anblick, der ihn zu einem keuchenden Haufen Elend
machte.
    Es war die Tatsache, dass es Selbach war, der dort lag.
    Und es war der Schluss, zu dem diese Tatsache zwang.
    Sebastian würgte noch einmal, dann raffte er sich auf.
    Carina, dachte er. Wie konnte ich so blind sein? Auf einmal passte
alles zusammen. Sie war immer in seiner Nähe gewesen, sie hatte Zugang zu dem
Smartphone. Sie kannte Sanne.
    Aber da blieb die eine Frage: Warum? Um Himmels willen, warum?
    Er schüttelte die Gedanken ab. Wenn sie im Haus war, war er in
höchster Gefahr. Er konnte kaum damit rechnen, dass sie ihn nicht bemerkt
hatte. Immer noch war das Haus still, totenstill. Wahrscheinlich war sie im
Obergeschoss.
    Er konnte versuchen zu entkommen. Einfach durch die Haustür
hinauslaufen. Aber vielleicht stand sie auf der Treppe und wartete auf ihn. Sie
hätte freies Schussfeld zur Eingangstür.
    Der Keller! Er konnte versuchen, auf dem gleichen Weg zu entkommen,
auf dem er das Haus betreten hatte. Sicher war auch das nicht, aber dort hatte
er mehr Deckung als vor der Haustür.
    Er warf noch einen Blick auf den toten Selbach, dann ging er, so
leise es die knarrenden Dielen zuließen, zur Tür und spähte hinaus. Nichts.
    Er zwang sich zu einem tiefen Atemzug, dann trat er, den Revolver
gehoben, aus der Tür. Wieder geschah nichts. Schritt für Schritt ging er in
Richtung Treppe. Zwischen den gestapelten Säcken und Tüten konnte er nichts
entdecken, was auf die Anwesenheit eines Menschen schließen ließ. Er erreichte
die Ecke. Ab hier war er im Schussfeld, wenn sie auf der Treppe stand, aber
wenn er nach links abbog, waren es nur Sekunden.
    Mit fünf hastigen Schritten war er an der Kellertür. Kein Schuss
fiel. Aufatmend drückte er die Klinke.
    Die Tür war verschlossen.
    * * *
    Schwemmer hatte die Pizzen gerade aus dem Karton auf die
Holzteller verfrachtet, als das Telefon läutete. Burgl grinste ihn mit
triumphierendem Spott an und begann, ihre Salamipizza zu zerlegen, während er
mit ärgerlicher Miene ins Wohnzimmer ging.
    Es war Schafmann.
    »Er hat sein Handy angeschaltet«, sagte er. »Er ist in Murnau, im
Haus einer Kollegin.«
    * * *
    Sebastian hatte sich in die Ecke neben der Kellertür gepresst.
Hier war er halbwegs in Deckung, aber alles andere als in Sicherheit. Die
Küchentür war ebenso verschlossen wie die des Kellers. In der Rechten hielt er
immer noch den Revolver, mit dem Daumen der Linken bearbeitete er das Handy.
Fast ärgerte es ihn, dass er nicht schon vorher auf den Gedanken gekommen war.
Er rief die angenommenen Anrufe auf und wählte die Nummer der Stimme an. Nach
ein paar Sekunden kam aus dem Obergeschoss Musik. Er brauchte einen Moment, bis
er sie als die Titelmelodie von »Titanic« erkannte.
    Die Melodie spielte ziemlich lange, bis abgenommen wurde. Es war
Carina.
    »Woher hast du diese Nummer?«, fragte sie. Ihre Stimme war kalt; sie
war nicht mehr elektronisch verzerrt, aber sie klang fremd in seinen Ohren.
    »Carina, was tust du?«
    Sie gab keine Antwort. »Woher hast du diese Nummer?«, wiederholte
sie nur.
    »Was spielt das für eine Rolle? Was machst du, Carina? Und warum?«
    »Du hast es kaputt gemacht«, sagte sie.
    »Ich? Was hab ich kaputt gemacht? Du hast
zwei Menschen getötet!«
    »Das war leicht.«
    Sebastian ließ ungläubig das Handy sinken.
    »Es waren nicht die Ersten«, hörte er sie sagen. Die Stimme aus dem
Handy mischte sich mit ihrer Stimme, die leise aus dem Obergeschoss zu ihm
drang.
    »Es sollte doch eine Überraschung sein. Du hast es kaputt gemacht.
Jetzt muss ich dich auch töten.« Plötzlich

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