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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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veränderte sich ihre Stimme, wurde
weicher. Nun war es wieder die, die er kannte. »Dabei liebe ich dich doch«,
sagte sie.
    »Du liebst mich?«
    »Das hast du doch gemerkt, oder?«
    »Ja«, log er. »Natürlich hab ich das gemerkt.«
    Aber ihre Stimme wechselte wieder zurück in den fremden,
gefährlichen Klang. »Ich hab es ja bewiesen. Ich habe dich von ihrem bösen
Geist befreit. Sie war böse, Sebastian. Du gehörst zu mir, nicht zu dieser
kalten Frau. Nun muss ich dich töten.«
    »Aber warum, Carina?« Er schrie es fast.
    »Es gibt Regeln, Sebastian. Ich muss sie einhalten.«
    »Regeln? Welche Regel kann dich denn zwingen, Menschen zu töten?«
    »Die Regeln, die mir erlauben zu leben, Sebastian. Ohne diese Regeln
kann ich es nicht. Du wirst das verstehen müssen. Wenn ich sie nicht einhalte,
muss ich sterben. Und das kannst du nicht wollen.«
    »Natürlich will ich nicht, dass du stirbst! Aber ich will auch nicht
sterben! Du sagst doch, du liebst mich! Wie kannst du –«
    »Sei nicht dumm, Sebastian«, unterbrach sie ihn. »Denn das bist du
nicht. Meine Liebe hat damit nichts zu tun. Es geht nie um mich. Auch nicht um
dich. Oder deine Sanne. Oder Selbach. Oder meine Mutter. Es geht immer um die
Regel. Und du hast sie gebrochen. Du hast das Spiel kaputt gemacht.«
    »Spiel? Was für ein Spiel?«, kreischte Sebastian. »Hör auf, Carina!
Ich flehe dich an!«
    »Du hast eine Waffe, Sebastian. Auch das ist gegen die Regel. Es
macht alles nur furchtbar kompliziert. Am einfachsten wäre es, du gibst sie
mir.«
    »Du bist verrückt«, entfuhr es Sebastian.
    Sie unterbrach die Verbindung, aber er hörte sie im Obergeschoss
schrill lachen.
    Dann wurde das Haus wieder still.
    Und es wurde sehr dunkel, als die Lampen erloschen.
    * * *
    »Die Frau heißt Carina Öckler«, sagte Schafmanns Stimme in
Schwemmers Headset. »Sie ist zweiunddreißig Jahre alt, geboren in Murnau, hat
zwischenzeitlich in Aschaffenburg gelebt. Mehr hab ich im Moment nicht.«
    Das Magnetblaulicht auf dem Dach seines Wagens kreiste, während
Schwemmer die B 2 in Richtung Ortsausgang raste. Auch vor ihm und im
Rückspiegel waren Blaulichter zu sehen, die mit ihm in Richtung Norden
unterwegs waren.
    »Sind die Kollegen schon vor Ort?«
    »Die ersten müssten jetzt da sein, ich erwarte jeden Moment Meldung.
Das SEK rollt.«
    »Darauf können wir nicht warten«, sagte Schwemmer. »Sie sollen
reingehen. Sofort.«
    Er erreichte den Tunnel und gab Vollgas.
    * * *
    Zögern half nicht, so viel war Sebastian klar. Wenn sie die
Treppe herunterkam, war es zu spät. Er spurtete auf die Haustür zu, durch deren
Butzenscheiben ein Rest Mondlicht in die Diele fiel, und riss an der Klinke,
aber wie er erwartet hatte, war sie verschlossen.
    »Ich kann dich sehen, Sebastian«, hörte er Carina sagen. Im selben
Moment zersplitterte die Butzenscheibe neben seinem Kopf. Der Schuss war
ohrenbetäubend. Er riss den Revolver hoch und feuerte ins Dunkel über der
Treppe.
    »Daneben«, sagte Carina, und er rannte panisch nach rechts, zur
einzigen Tür, die er offen wusste. Es war die des Zimmers mit dem aufgebahrten
Selbach. Das Licht der Kandelaber wies ihm den Weg. Beim Laufen riss er ein
paar der Müllsäcke aus den Stapeln, um den Weg hinter sich zu blockieren.
Wieder ein Schuss, er glaubte, den Luftzug der Kugel an der Wange zu spüren,
dann war er durch die Tür und schlug sie zu.
    Es gab keine Deckung in dem Raum außer unter dem Bett. Aber es
schien ihm keine besonders gute Idee, sich dort zu verkriechen. Zuerst musste
er die Kerzen löschen. Er hieb mit der flachen Hand auf die Dochte des einen
Kandelabers. Als die Kerzen aus waren, kam ihm eine Idee.
    Er zog die kleine Taschenlampe aus der Jacke, schaltete sie ein und
legte sie so auf den Nachttisch, dass sie die Tür anstrahlte. Er sprang auf das
Bett, über den toten Selbach hinweg und löschte die Kerzen in dem anderen
Ständer.
    »Warum machst du es so kompliziert, Sebastian?« Er hörte sie draußen
die Plastiksäcke beiseiteschieben. Ihre Schritte kamen näher. »Es wird enden,
wie es enden muss. Die Regeln müssen eingehalten werden.«
    Sebastian hockte neben dem Bett und starrte zur Tür.
    Drei Schuss, dachte er.
    Etwas schob sich in den Türrahmen. Der Lauf eines mächtigen
Revolvers.
    »Die Regeln gelten für uns beide, Sebastian. Ich habe sie nicht
gemacht. Aber wir müssen danach leben.«
    Sebastian hob den Revolver und zielte sorgfältig über Kimme und
Korn. Seine Hände zitterten, trotzdem

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