Der Teufel von Garmisch
Mitarbeitern auslassen. Ich darf meine schlechte Laune
nicht an meinen Mitarbeitern auslassen. Ich darf meine schlechte Laune nicht an
meinen Mitarbeitern auslassen … Vor allem sollte ich gar keine schlechte Laune
haben«, setzte er dann laut hinzu. »Schon gar nicht wegen Ferdi Schurig.
Ausgerechnet.«
Als er die Augen wieder öffnete, stand Schafmann in der Tür und sah
ihn verständnislos an.
»Was ist mit Ferdi Schurig?«
»Kannst du nicht anklopfen?«
»Hab ich nicht?«
»Ich hab’s jedenfalls nicht gehört.«
Schafmann hob entschuldigend die Hände. »Sorry … dann war ich wohl
in Gedanken.«
Schwemmer verzog das Gesicht und sah zur Decke.
»Du solltest deine schlechte Laune nicht an deinen Mitarbeitern
auslassen«, sagte Schafmann und setzte sich.
»Ja!«, bellte Schwemmer.
Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber.
»’tschuldigung«, sagte Schwemmer endlich.
»Tut mir leid, dass ich nicht geklopft habe«, sagte Schafmann.
»Schon gut. Vergessen wir’s.«
»Ja. Auch den Dr. Schurig.«
»Schön wär’s«, murmelte Schwemmer.
»Ich hab eine Liste der Bewohner des Apartmenthauses gemacht«, sagte
Schafmann. »Ich meine das an der Ludwigstraße, wo die Zeugin einen älteren Mann
hat verschwinden sehen. Ältere Männer sind da drei gemeldet. Die werd ich mal
abklappern.«
Schwemmer seufzte. »Wird unangenehm, so ganz ohne Konkretes. Soll
ich mitkommen?«
»Ach nein. Nicht nötig«, sagte Schafmann. »Ich wollte auch noch mal
zu der Zeugin, und …«
Schafmann brach ab, und Schwemmer entdeckte ein paar rote Flecken
auf seinen Wangen.
»Was ist das denn für eine Zeugin, dass ich da nicht mit hindarf?«
»Nicht mit hin … Natürlich darfst du da mit hin. Ich dacht nur, ich
hab schon mal mit ihr gesprochen, und bis ich dich dann à jour hab …«
Sag mal, spinnst du?, hätte Schwemmer beinah gesagt, aber es gelang
ihm, es zu unterdrücken. Die Frau hatte eine Gestalt in einen Hauseingang gehen
sehen, ja und? Was gab es da à jour zu sein? Er hatte keine Ahnung, was mit
Schafmann los war, aber wenn der unbedingt allein den geballten Ärger von drei
älteren Herren abbekommen wollte, die wegen einer sehr vagen
Personenbeschreibung verdächtigt wurden, Autos zerkratzt und möglicherweise
sogar einen Hund vergiftet zu haben, dann bitte.
»Dann mach’s halt allein«, sagte er betont locker.
»Ja«, sagte Schafmann. »Mach ich.«
* * *
»Du hättest das nicht tun dürfen, Sebastian«, sagte die Stimme.
»Du hast mich verärgert. Mehr als ein bisschen. So sehr, dass ich bei der
Nachbarin angerufen habe. Ich hab ihr erzählt, dass ich mit Susanne bekannt sei
… nun, das stimmt ja sogar. Wir kannten uns. Wir sind uns sehr nahegekommen …«
»Reden Sie nicht so!«, entfuhr es Sebastian.
»Du hast mich nicht zu unterbrechen, wenn ich mit dir rede!«
Sebastian schwieg. Mit geschlossenen Augen saß er da und rang um
Fassung.
»Ich habe der Nachbarin gesagt, ich würde mich sorgen, weil Susanne
eine Verabredung nicht eingehalten habe. Auch das stimmt übrigens – nun,
zumindest der zweite Teil. Sie hatte natürlich einen Schlüssel, genau wie ich
angenommen hatte. Und sie war eine gute Nachbarin. Sie kümmerte sich. Das hast
du ja gemerkt. Du kannst dir gratulieren, so elegant aus der Sache
herausgekommen zu sein.«
Die Stimme lachte.
Elegant.
Vor Sebastians Augen tauchten die Bilder wieder auf: das Gesicht der
toten Frau; der Schaum vor ihrem Mund; wie er sie auf den Rücken gedreht hatte,
sich neben sie gekniet, die Handflächen immer wieder auf ihr Herz gepresst
hatte.
Elegant.
»Ich werde es für dieses Mal dabei belassen, Sebastian«, sagte die
Stimme. »Aber mach nicht noch einen Fehler.«
»Was soll ich denn tun?«, fragte er flehentlich.
»Das, was ich dir sage, Sebastian. Und nur das.«
Das Telefon auf seinem Schreibtisch schrillte. Das Display zeigte
die Nummer von Hansi Fellerer, der zwei Türen weiter saß und an einem ähnlichen
Projekt arbeitete wie er. Wenn er nicht dranging, würde Hansi gleich in der Tür
stehen.
»Darf ich drangehen?«, fragte Sebastian die Stimme.
»Nein. Lehne das Gespräch ab.«
Eine Taste, um das zu tun, besaß sein Telefon nicht. Sebastian griff
nach dem Hörer, hob ihn kurz an und ließ ihn wieder fallen.
»Gut«, sagte die Stimme. »Was genau hattest du vor, gestern in
Susannes Haus?«
Sebastian schwieg. Er wagte nicht, die Wahrheit zu sagen, auch wenn
sie auf der Hand lag.
»Sag es mir.«
»Ich wollte meine Spuren
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