Der Teufel von Garmisch
der offenen Wohnungstür.
Schafmann einzulassen hatte er abgelehnt, was der nach einem Blick in die von
Schmutzwäsche, Plastiktüten und alten Kartons vermüllte Diele ohne Weiteres
akzeptiert hatte.
»I muss ehrlich sagn, i bin ned schwul. Aber i bin a
andrer Typ. Weiber … de redn z’ vui. Oiweil braaa,
braaa, braaa … I moan, manche san scho in Ordnung. Aber I bin ned
schwul!«
Schafmann räusperte sich. »Das hat ja nun auch niemand behauptet,
Herr Worgall … Uns geht es im Moment darum, festzustellen, wer in der Nacht zum
Dienstag unten auf der Straße einen Mercedes beschädigt hat.«
»Mercedes! I steh ned auf Mercedes. I steh auf MAN !«
»Das war nicht die Frage, Herr Worgall …«
»Privat fahr i Audi. I hob mei eigne Philosophie.«
»Das möchte ich nicht bezweifeln.« Schafmann blätterte in seinem
Notizblock. »Können Sie mir sagen, wo Sie sich aufgehalten haben in der Nacht
zum Dienstag?«
»Im Bett, wo sonst?«
»Allein, nehm ich mal an.«
»I hab doch gsagt: I bin ned schwul!«
»Das hab ich damit auch nicht sagen wollen …« Schafmann rang sich
ein Lächeln ab.
»I bin des ned gwesn mit dem Mercedes. Mir doch egal, wie die
parkn. I hab an Stellplatz in der Tiefgaragn.«
»Das möchte ich Ihnen gerne glauben, aber –«
»Des könnts eh glaubn. I lüg ned. I lüg nie. Wenn i
lüg, werd i müd. Des ist ganz seltsam bei mir.«
»Sie werden müde …«
»Ja. Sag i doch. Zweng dem lüg i nie.«
»Das ist natürlich sehr schön.« Schafmann
klappte seinen Block zu. »Dann erst mal vielen Dank«, sagte er mit einem
gequälten Lächeln. »Wenn wir noch Fragen haben, werden wir uns bei Ihnen
melden.«
»Die Frauen denkn immer, mir Männer warn Weiber. Aber mir Männer
ham’s a ned einfach, verstehst?«
»Ah … ja …«, sagte Schafmann.
»War’s des?«, fragte Worgall.
Schafmann nickte resigniert. Diesen Mann nach dem Hund zu befragen
war mit Sicherheit zwecklos.
»Pfüat Eane.« Worgall schloss die Tür.
Schafmann schüttelte ungläubig den Kopf, dann stieg er in den
zweiten Stock hoch und klingelte an der Tür mit dem Namensschild »Polz«.
* * *
Wenn Schwemmer sich Rechenschaft darüber abgelegt hätte, was ihn
dazu veranlasste, an diesem Tag ausnahmsweise mal früher nach Hause zu gehen,
wäre ihm tatsächlich kaum eine Antwort eingefallen.
Am ehesten die, dass er heute lieber selber kochen wollte. Das
Kalbslüngerl vom Vortag war ja Grund genug. Und da war natürlich auch noch das
Gefühl, etwas unternehmen zu müssen, um die Stimmung zwischen ihm und Burgl
wieder aufzuhellen.
Aber ein kleines bisschen, vielleicht sogar ein bisschen mehr als
ein kleines bisschen, war es wohl auch das Bedürfnis, festzustellen, was Burgl
nun wirklich vorhatte. Und konfrontativ, so viel war ihm völlig klar, würde ihm
das nicht gelingen.
Als er die Tür aufschloss, beladen mit Einkaufstüten vom Tengelmann,
vom Hof-, vom Naturkostladen und vom Krois Ferdl, der ihm mal wieder einen
Bordeaux aufgeschwatzt hatte, der seiner Besoldungsstufe eigentlich nicht
angemessen war, stellte er mit einiger Enttäuschung fest, dass Burgl nicht
daheim war.
Er trug die Erträge seines Einkaufs in die Küche und beschloss nach
einem Blick auf die Wanduhr, dass ein erstes Helles erlaubt sein sollte, auch
wenn die Sonne noch nicht untergegangen war.
Immerhin schien sie heute Nachmittag, und prompt war es wieder zu
warm für seine gesteppte Jacke geworden, nachdem die letzten Tage immer grauer
und immer unangenehmer geworden waren.
Als er den Kühlschrank öffnete, stellte er fest, dass kein Bier
darin war. Er unterdrückte ein ärgerliches Brummen und stapfte mit dem Korb in
den Keller. Dort lud er erst vier, nach kurzem Überlegen sechs Flaschen in
seinen Korb und trug sie zum Kühlschrank. Eine der Flaschen legte er ins
Tiefkühlfach, dann begann er mit den Vorbereitungen. Er setzte Gemüsebrühe für
die getrockneten Schwammerln auf und schnitt drei Stängel Rosmarin von dem
Busch in dem Terrakottakübel auf der Veranda. Er schälte Knoblauch, und als die
Brühe kochte, nahm er sie vom Herd und gab die Schwammerln hinein. Er suchte
den Handmixer aus dem Küchenschrank, was eine Weile dauerte, weil Burgl ihm
einen neuen Platz gegeben hatte – etwas, das sie gern tat, sobald er sich
gemerkt hatte, wo der alte war –, und stellte Mehl und Eier zurecht.
Nachdem die Schwammerl lang genug gezogen hatten, ließ er sie in
einem Sieb abtropfen und abkühlen, bis er sie klein hacken
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