Der Teufel von Herrenhausen
herzubeordern.
Langsam gingen ihnen die Kriminaltechniker aus.
Sie warteten, bis
die Kollegen eintrafen, und fuhren dann zurück zur Direktion.
Unterwegs telefonierte
Charlotte mit Maren, die immer noch mit zwei Leuten der Spurensicherung
Sokolows Schrebergarten untersuchte.
»Das ist hier so
eine kleine Laube, nicht besonders gemütlich, aber der Garten ist tipptopp«,
sagte Maren gerade. »Sonst kann ich nicht viel sagen. Es gibt auf jeden Fall
eine Million Fingerabdrücke und jede Menge Spermaspuren. Wird wohl ‘ne Weile
dauern, das alles auszuwerten.«
»Wir sind ja
Kummer gewohnt«, sagte Charlotte. »Wenn ihr da fertig seid, machst du
Feierabend. Morgen früh um acht ist Besprechung«, sagte Charlotte.
»Um acht?«, fragte
Maren ungläubig.
»Genau, also
schlaf schön«, sagte Charlotte und beendete das Gespräch.
In der KFI1 sprach sie zunächst mit Martin Hohstedt und
Schliemann, die emsig im Internet nach verdächtigen Fotos suchten, aber bis
jetzt nicht fündig geworden waren. Ebenso hatte Bremer, der die Telefonlisten
kontrollierte, noch nichts Auffälliges herausgefunden. Von Sokolow gab es
ebenfalls keine Neuigkeiten. Charlotte schickte alle nach Hause, mit dem
Hinweis auf die Besprechung am nächsten Morgen um acht. Hohstedt wollte zwar
protestieren, klappte aber den Mund nach einem Blick in Charlottes Gesicht
wieder zu.
Es war schon spät,
als Bergheim und Charlotte endlich erschöpft die Wohnung in der Gretchenstraße
betraten. Bergheim ging schnurstracks zum Zimmer seines Sohnes, der natürlich
noch über seinem Notebook hing. Charlotte stellte sich hinter ihn.
Jan sah kurz auf.
»Ja, was ist?«
Bergheim wusste
nicht so recht, wie er anfangen sollte. Charlotte übernahm das für ihn. Sie
trat ins Zimmer und merkte, wie unter ihrem Fuß irgendwas zerbrach. Aber das
war jetzt unwichtig.
»Jan, wir wollten
dir nur danken, dass du mit Vivian zur Direktion gekommen bist.«
Der Junge grinste.
»Geht klar.« Dann wandte er sich wieder seinem Bildschirm zu.
»Äh.« Charlotte
hatte gehofft, mehr zu erfahren. Freiwillig schien Jan aber nicht mit der
Sprache rausrücken zu wollen. »Wie … was hat sie denn zu dir gesagt?«, fragte
sie dann.
Jan sah sie an.
»Was meinst du?«
»Na«, Bergheim
trat ebenfalls ins Zimmer, »wieso hat sie es dir erzählt?«
Jan zuckte mit den
Schultern. »Weiß ich doch nicht, frag sie selber.«
Bergheim und
Charlotte sahen sich an. Es war wohl zwecklos weiterzubohren. Jan war auch
schon wieder mit seinem Bildschirm beschäftigt.
»Na, dann gute
Nacht«, sagten beide und wandten sich zur Tür.
»Was ist mit der
Entschuldigung?«, fragte Jan.
Bergheim wandte
sich um. »Kriegst du.«
»Okay, bis
morgen.«
Er schloss
verdrossen die Tür.
DREIZEHN
Der
Donnerstagmorgen empfing sie mit einer guten und einer schlechten Neuigkeit.
Die schlechte war, dass Mark Ziemer verschwunden war, dafür – und das war die
gute Nachricht – war Timon Wegener wiederaufgetaucht.
Am frühen Morgen
gegen sechs Uhr hatte er in der Küche gesessen und auf seine Mutter gewartet,
die immer um diese Zeit aufstand und das Frühstück für die Familie
vorbereitete. Bei seinem Anblick hätte die Frau fast einen Herzinfarkt
bekommen.
Bergheim vernahm
die Nachricht mit Freude und einer guten Portion Zorn. Er beschloss, die
Besprechung ausfallen zu lassen, und fuhr direkt zum Lister Kirchweg, um sich
den Bengel mal vorzuknöpfen. Anscheinend hatte er sich die sechs Tage bei
seinem Freund Eric Bach verborgen gehalten. Und Bergheim hätte gern gewusst, ob
sich der Junge im Klaren darüber war, was es kostete, eine Hundertschaft
Polizisten loszuschicken und die Eilenriede durchzukämmen. Ganz davon abgesehen
machte er sich Vorwürfe, weil er sich damals in der Wohnung seines Freundes
nicht ein bisschen umgesehen hatte. Vielleicht hätte er den Jungen gefunden.
Aber andererseits, er hatte weder einen Grund noch das Recht gehabt, das zu
tun.
Als Bergheim die
Wohnung der Wegeners betrat, wurde er von den dankbaren, sich überschwänglich
entschuldigenden Eltern empfangen und ins Wohnzimmer gebeten, wo Timon mit seiner
Schwester Tabea auf ihn wartete.
Bergheim begrüßte
die beiden, setzte sich dann und begutachtete die beiden Jugendlichen eine
Weile schweigend.
Timon war ein
hochgewachsener Junge mit halblangem, nach vorn gekämmtem Haar. Er hatte große,
kluge Augen, die Bergheim vorsichtig musterten. Er wirkte erwachsener als auf
dem Foto, das Bergheim von den Eltern bekommen hatte, und
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