Der Teufel von Herrenhausen
machen wir jetzt mit deiner
Schwester?«
Timon zog
gewissenhaft eine Haarsträhne nach der anderen nach vorn und verteilte sie auf
seiner Wange. »Ach, der wird ja wohl nichts anderes übrig bleiben, als zu
reden, wenn ich schon alles erzähle. Und wenn Sie schon eine Anzeige haben …«
In der KFI1 herrschte emsiges Treiben. Ziemer war zur
Fahndung ausgeschrieben worden, und Charlotte und Maren hatten Hofholt in der
Mangel. Der machte, ebenso wie sein Anwalt, einen müden, resignierten Eindruck.
Gesine Hofholts Gynäkologe hatte mittlerweile bestätigt, dass Frau Hofholt von
ihrer Krankheit gewusst hatte, sich aber nicht hatte behandeln lassen wollen.
Niemand sollte davon erfahren, das war ihr ausdrücklicher Wunsch gewesen. Sie
schien sich mit ihrem Tod arrangiert zu haben.
Charlotte
blätterte eine Weile schweigend in ihrem Bericht.
»Also«, begann sie
dann, »Herr Dr. Hofholt, Sie haben ziemlich schlechte Karten, wenn Sie mich fragen.
Dass Sie mit der Ermordeten Jutta Frieder aneinandergeraten sind, ist bezeugt,
und für die Tatzeit haben Sie kein Alibi. Dass Sie mit Ihrer ermordeten Frau
aneinandergeraten sind, haben Sie selber zugegeben, und für diese Tatzeit haben
Sie ebenfalls kein Alibi.« Sie blickte auf, um Hofholt die Chance zu geben,
sich dazu zu äußern, was er nicht tat.
»Und jetzt«, fuhr
sie fort, »hätte ich gerne von Ihnen gewusst, warum Sie Ihrer Frau
hundertachtzigtausend Euro gestohlen haben.«
Das schien Hofholt
nicht erwartet zu haben. Er warf zuerst seinem Anwalt einen unsicheren Blick zu
und starrte dann Charlotte an.
»Was sagen Sie
da?«, flüsterte er.
»Sie haben mich
schon verstanden«, sagte Charlotte und wartete.
Hofholt sog
geräuschvoll die Luft ein, sagte aber nichts.
Charlotte lehnte
sich zurück und warf ihren Kuli auf den Tisch.
»Also, ich habe
jetzt keine Lust mehr auf dieses Theater. Wenn Sie nicht ein paar sehr
überzeugende Argumente für Ihre Unschuld haben, beende ich diese Sitzung, und
Sie verbringen erst mal eine Nacht auf Staatskosten. Nur um Sie schon mal auf
den Geschmack zu bringen.« Charlotte stand auf. »Wenn Sie mich fragen, dann
sitzen Sie schwer in der Klemme. Das Einzige, was Ihnen helfen kann, ist, hier
endlich die Wahrheit zu sagen. Ich gebe Ihnen beiden fünfzehn Minuten.« Bevor
sie mit Maren hinausging, sah sie, wie Hofholt nervös die Hände knetete. Gut,
er rang mit sich. Vielleicht hatte sie ihn endlich weichgeklopft.
Die beiden
brauchten fast eine halbe Stunde, dann bat Dr. Traube Charlotte hinein. »Mein
Klient möchte eine Aussage machen«, sagte er und wies auf Dr. Hofholt, der mit
mürrischer Miene auf den Tisch starrte. Die Idee mit der Aussage schien nicht
von ihm zu sein.
Charlotte und
Maren setzten sich und warteten.
Er räusperte sich
und sprach dann ins Mikrofon. »Ich möchte zunächst in aller Form meinen Protest
zum Ausdruck bringen, dass ich aufgrund polizeilicher Willkür gezwungen bin,
hier in dieser Weise über meine Privatangelegenheiten zu sprechen, die
niemanden etwas angehen. Auch nicht die Polizei. Schließlich bin ich ein
unbescholtener Bürger!« Dabei sah er Charlotte wütend an.
Die grinste
gelangweilt. Natürlich, unbescholtene Bürger waren sie alle, bevor sie sich
entschlossen, die Seiten zu wechseln. Sie ließ ihn reden.
»Ich möchte betonen,
dass der Vorwurf, ich habe meine Frau bestohlen, völlig aus der Luft gegriffen
ist. Und selbstverständlich habe ich mit ihrem Tod nichts, aber auch gar nichts
zu tun. So eine Annahme ist völlig absurd, und ich prüfe eine Klage wegen
Rufschädigung.«
Charlotte war
drauf und dran, die Sitzung abzubrechen. Der Mann wiederholte sich ständig.
Hofholt schien ihre Ungeduld zu bemerken und kam nun zum interessanteren Teil.
»Was die Anzahlung
auf die Wohnung in der Osterstraße betrifft, so ist das eine reine Geldanlage,
und davon hat meine Frau wirklich nichts verstanden. Dass sie die
Lebensversicherung auf meinen Sohn übertragen wollte, war mir ebenso wenig
bekannt wie ihre Krankheit.«
Charlotte stand
auf. »Ich glaube, das führt uns nicht weiter«, sagte sie und machte Anstalten,
den Raum zu verlassen. Doch Hofholt fuhr unbeirrt fort.
»Was den Tod
dieser schrecklichen Person anbelangt, die auf der Hochzeit meines Sohnes
uneingeladen aufgetaucht war, ebenso wie ein paar andere zwielichtige
Gestalten, so kann ich dazu nur sagen, dass ich sie nie vorher gesehen habe.
Warum sie auf der Hochzeit war und weshalb sie mir aufgelauert hat, dafür habe
ich
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