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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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einen Kaffee eingießen, als die Tür zu ihrem Büro geöffnet wurde.
Als sie sah, wer sie da besuchte, blieb sie einen Moment verblüfft stehen.
    »Jan«, sagte sie
dann und stellte die Kanne wieder hin, »dein Vater ist gerade in einer
wichtigen Besprechung.« Dann sah sie auf die Uhr. Kurz vor zwölf. »Ist die
Schule schon aus?«
    Jan schüttelte den
Kopf, und dann trat Vivian Schleich schüchtern hinter ihn. Ihre Storchenbeine
steckten in schwarzen Leggings, darüber trug sie eine lila-weiß karierte Bluse,
die zu Charlottes Erleichterung die nicht vorhandenen Pobacken bedeckte. Wie
ein weibliches Becken ohne ein gesundes Hinterteil aussehen mochte, wollte sie
sich lieber nicht vorstellen. Beim Anblick dieser personifizierten
Unterernährung schrillten sofort Charlottes Alarmglocken, und sie bot Vivian
eilig einen Stuhl an. Sie blickte Jan, der sie um Haupteslänge überragte,
fragend an. Der schob Vivian mit einer Hand Richtung Stuhl, die andere hatte er
in seiner Jeans vergraben.
    »Ich glaube,
Vivian hat euch was zu sagen.«
    Charlotte setzte
sich auf ihren Stuhl. »Ja?«
    Vivian klemmte ihre
Hände zwischen die knochigen Knie und zögerte. Charlotte wartete, während Jan
ein bisschen genervt die Zimmerdecke untersuchte.
    »Nun sag schon«,
raunte er dann, »hab nicht ewig Zeit.«
    Vivian schluckte
und sprach so leise, dass Charlotte Mühe hatte, sie zu verstehen. »Also, es
geht um den Anton«, die riesigen dunklen Augen starrten Charlotte an, »der ist
doch verschwunden, oder?«
    Charlotte nickte.
»Das war er. Mittlerweile liegt er im Krankenhaus im Koma.«
    Vivian riss ihre
großen Augen auf. »Was ist denn mit ihm passiert?«
    »Das wissen wir
noch nicht genau.«
    »Wird er … ich
meine, wacht er wieder auf?« Vivian machte nicht den Eindruck, als ob sie
Sokolow heftig betrauern würde, wenn er nicht wieder aufwachte.
    »Auch das wissen
wir noch nicht. Er ist ziemlich schwer verletzt.«
    Vivan schien
plötzlich zu wachsen. »Also«, sie biss sich auf die Lippen, »es … es gibt da
einen Schrebergarten, wo genau der ist, weiß ich nicht … also, da treffen sie
sich immer.«
    »Wer trifft sich
dort?«, fragte Charlotte sanft. Als in diesem Moment das Telefon klingelte,
nahm sie kurz den Hörer hoch und legte sofort wieder auf.
    »Wer trifft sich
dort?«, wiederholte sie die Frage und verfluchte den Anrufer, wer immer es
gewesen sein mochte.
    »Na, Anton und
Mark und … noch andere.«
    Jan stöhnte. »Mein
Gott, nun sag schon endlich.« Dann blickte er Charlotte an. »Damit wir hier
nicht ewig rumstehen, ich hab nämlich noch ‘ne AG .
Sie haben Vivian K.-o.-Tropfen verpasst, sind mit ihr in diesen Schrebergarten
gefahren und haben sonst was mit ihr angestellt.« Er tippte Vivian in den
Rücken. »Stimmt doch, oder?«
    Vivian zog den
Kopf zwischen die Schultern, blickte auf ihre Fußspitzen und nickte.
    Charlotte
schluckte und hätte das Kind am liebsten umarmt, hatte aber Angst, dass das
Mädchen dann in Tränen ausbrechen würde, und das wollte sie unbedingt
verhindern.
    »Wann ist das
gewesen?«
    Vivian – die Hände
immer noch zwischen die Knie geklemmt – starrte unentschlossen zu Boden.
»Letztes Jahr im April, an meinem vierzehnten Geburtstag.« Ihre Stimme
zitterte.
    »Das ist ein sehr
wertvoller Hinweis für uns, Vivian. Hast du irgendjemandem davon erzählt?«,
fragte Charlotte und wunderte sich nicht, als das Mädchen den Kopf schüttelte.
»Er … er hat gesagt, wenn ich’s erzähle, dann stellt er die Fotos, die er
gemacht hat, ins Internet … und …« In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen,
und Hohstedt trampelte herein. »Also …« Weiter kam er nicht, denn er blickte
verwirrt zuerst auf Jan und Vivian und dann auf Charlotte, die ihn warnend
ansah.
    »Egal, was es ist,
es kann warten. Lass uns bitte allein«, sagte Charlotte mit drohendem Unterton,
den Hohstedt richtig interpretierte, woraufhin er rückwärts das Büro seiner
Vorgesetzten verließ und leise die Tür von außen schloss.
    Charlotte wandte
sich Vivian zu. »Hast du die Fotos gesehen?«
    Sie nickte.
    »Bist du öfter in
diesem Schrebergarten gewesen?«
    Erneutes Nicken.
    »Wie oft?«
    »Dreimal.«
    »Und Anton und
Mark waren immer dabei?«
    Das Mädchen
schluckte. »Nur Anton und …«
    »Jemand anders?«
    Jetzt zitterte
Vivian.
    Charlotte schob
ihren Stuhl neben Vivians, setzte sich neben sie und nahm vorsichtig ihre
Hände. »Ganz ruhig, wir haben Zeit, und dir passiert nichts«, sagte sie,
während

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