Der Teufel Von Muenster
umfunktioniert worden war.
»Will jemand noch Kaffee? Sonst nehme ich den Rest«, meldete sich Raaben zu Wort. Haller antwortete nicht. Er schien in seine Gedanken vertieft zu sein. Schon seit einer ganzen Weile starrte er auf die zahllosen Fotos, die am Tatort gemacht worden waren. Auf dem Großbildschirm waren sie in aller Deutlichkeit und mit vielen Details zu sehen, die man ohne die vorliegende immense Vergrößerung gar nicht bemerkt hätte.
Das Telefon klingelte. Eine Kollegin, deren Namen Anna bisher nicht kannte, ging dran. »Wenden Sie sich doch bitte an die Pressestelle«, sagte sie freundlich, aber bestimmt. »Nein, ich kann Ihnen leider keine Auskünfte geben.« Es folgte noch eine Bekräftigung in Form eines »Wirklich nicht« und ein ziemlich gereiztes »Bitte!«. Sie wandte sich an Haller.
»Ich frage mich, woher die diese Nummer haben, Sven.«
»Ich habe es aufgegeben, mich noch über irgendetwas zu wundern«, meinte Haller. »Auf der Leitung, die frei bleiben soll, ruft die Presse an, und auf den Nummern, auf denen Hinweise eingehen sollten, kommt jede Menge Müll, aber nichts Brauchbares.«
Die Tür ging auf. Markus Friedrichs von der Spurensicherung trat ein. Anna kannte ihn. Er war an dem Tatort auf der Planwiese gewesen und hatte sich auch bereits an den Ermittlungen bei den vorangegangenen Morden des sogenannten Barbiers beteiligt. Dunkles Haar, glattes Gesicht und eine Brille, die irgendwie nie wirklich dort zu sitzen schien, wo sie hingehörte. Vielleicht lag das daran, dass die wenig markante Nase dafür einfach nicht den rechten Halt bot. Man konnte Friedrichs für Mitte zwanzig halten, wenn man übersah, dass sich an den Schläfen und im Nacken bereits erste graue Strähnen zeigten. Jemand, der mit vierzig immer noch so aussah, als hätte Mutti ihm die Sachen zum Anziehen rausgelegt, und für den es kein höheres Ziel gab, als mit größtmöglicher Akribie seine Arbeit zu machen.
Während sich unter den Polizisten alle anderen duzten, war Friedrichs der Einzige, der alle siezte und auch von allen gesiezt wurde. In diesem Sinn gehört er nicht wirklich dazu, dachte Anna – und das hatte Friedrichs mit ihr gemeinsam. Der Unterschied war, dass sie wirklich nicht dazugehörte, Friedrichs jedoch eigentlich längst hätte dazugehören müssen, es aber offenbar nicht wollte.
»Ich muss Ihnen was zeigen«, sagte Friedrichs und legte den vergrößerten Computerausdruck eines Tatortfotos auf Hallers Tisch.
Anna erkannte sofort, worum es ging. Es zeigte die Flecken am Anhänger-Aufbau, die nach Branagorns Ansicht zusammengenommen einen Handabdruck ergaben.
»Was ist das?«, fragte Haller.
»Sehen Sie sich das hier an.« Friedrichs legte einen weiteren Ausdruck vor Haller auf den Tisch. »Es handelt sich um einen ähnlichen Abdruck. Der Fotoausschnitt ist sieben Jahre alt und stammt aus der Damentoilette der alten Jovel Music Hall an der Grevener Straße vom Tag des Schandmaul-Konzerts.«
»Dort wurde Franka Schröerlücke, das zweite Opfer des Barbiers, gefunden«, erklärte Haller.
»Es ist ein Ausschnitt eines Tatortfotos, allerdings hat man diese Spur damals nicht zuordnen können und auch nicht richtig gesichert. Die Ausdrucke entsprechen übrigens dem Maßstab eins zu eins. Ich habe jetzt genaue Messungen durchgeführt und mit einer neuen Vergleichssoftware für isometrische Daten gearbeitet.«
»Und mit welchem Ergebnis?«, fragte Haller.
»Also, wenn es eine Hand ist, dann vermutlich dieselbe. Und es dürfte auch derselbe Handschuh gewesen sein. Sehen Sie die Linien hier? Ich kann Ihnen das noch auf einer anderen Vergrößerung zeigen.«
»Nicht nötig.«
»Das dürften sehr charakteristische Nähte sein. Ich habe den Abdruck außerdem fachgerecht gesichert. Es sind Muster erkennbar, die auf stark strukturiertes Leder schließen lassen.«
»Eigenartig«, meinte Haller stirnrunzelnd. »Dieser Spinner scheint das sogar erkannt zu haben.«
»Sie meinen Branagorn?«, echote Anna.
»Ich meine Frank Schmitt. Dass Sie diesen Firlefanz mit dem Fantasy-Namen mitmachen, ist meiner Meinung nach selbst für eine Therapeutin etwas zu viel der Einfühlung. Oder ist es kein Therapieziel mehr, sich der Realität zu stellen?«
Anna ging darauf nicht weiter ein. Stattdessen wandte sie sich an Friedrichs. »Das heißt, unser Täter trägt bei seinen Taten immer dieselben Lederhandschuhe.«
»Ja«, bestätigte Friedrichs. »Und möglicherweise gibt es irgendein orthopädisches Problem bei
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