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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Unverbesserlichen, die von ihren Sargnägeln einfach nicht lassen können, ging es Anna durch den Kopf. Aber die Furcht, die in seinen auffallend unruhigen, flackernden Augen zu sehen war, irritierte sie zunehmend.
    Haller nutzte den sprachlosen Moment und hielt dem Raucher seinen Ausweis hin. »Haller, Kripo Münster.«
    »Na, Gott sei Dank, Sie sind schon da.«
    Auf Hallers Stirn bildete sich eine tiefe Falte. »Schon da?«, echote er.
    »Ja, ich hab Sie doch gerufen. Mit dem Handy.«
    »Gerufen?«
    »Sie müssen sich das ansehen.«
    »Was?«
    »Na, kommen Sie einfach …«, er atmete noch mal heftig und rasselnd, bevor er dann den Satz zu Ende brachte, obwohl man sowieso wusste, was noch kommen würde, »… mit!«
    Haller zuckte mit den Schultern, sah kurz zu Anna hinüber und sagte dann: »Bitte nach Ihnen, Herr …«
    »Driemeyer. Ich heiße Driemeyer, und mir gehört das Haus hier.«
    Er drehte sich um und ging voran. Haller und Anna folgten ihm.
    »Dann haben Sie es an diese sogenannten Neuen Templer vermietet?«
    »Genau.« Er ächzte. »Großer Fehler. Aber das weiß man ja nie im Voraus. Andererseits haben die bisher immer ihre Miete gezahlt, was heutzutage auch nicht unbedingt …« Er ächzte wieder und vollendete den Satz dann auch nicht mehr. »In einem anderen Haus, das mir gehört, hatte ich Mietnomaden. Hat mich fast ruiniert.«
    Das Gras war knöchelhoch und von zahllosen Blumen und Moos durchsetzt. Mehr eine Wildwiese als ein Rasen. Anna kam sich vor wie ein Storch, weil sie das Gefühl hatte, genau darauf achten zu müssen, wo sie ihren Fuß hinsetzte. Sie wollte schließlich in nichts hineintreten. Was auch immer das sein mochte. Schnecken, Hundekot, Dornengewächse oder einfach nur eine Stelle, an der sich seit dem letzten Regen noch etwas Feuchtigkeit gehalten hatte, sodass ihre Socken nass wurden. Haller trampelte einfach drauflos. Auch als das Gras noch etwas höher wurde und ihm fast bis zum Knie reichte.
    »Ja, ist nicht gerade gut gepflegt hier, ich weiß«, sagte Driemeyer.
    »Na ja, Sie wollen ja auch nicht am Wettbewerb ›Unser Dorf soll schöner werden‹ teilnehmen, oder?«, meinte Haller wenig sensibel, denn dieser Mann hatte nun wirklich im Moment für flapsige Bemerkungen keinen Sinn. Dass er schwitzte, musste an der Kombination warmes Wetter plus Übergewicht liegen. Aber sein Gesicht war so aschfahl, wie Anna das bisher nur bei Menschen gesehen hatte, denen soeben etwas widerfahren war, was sie zutiefst schockiert hatte.
    Sie gelangten schließlich an ein Kellerfenster, das in einen etwa anderthalb Meter tiefen Schacht eingelassen war. Es stand offen. Ein gusseisernes Gitter verhinderte, dass eventuelle Einbrecher sich das hätten zunutze machen können. Und außerdem gab es noch ein Rost, das den Schacht abdeckte, damit niemand hineinfiel.
    Ein übler Gestank schlug Anna entgegen.
    Sie konnte sich nicht erinnern, jemals einen vergleichbaren Geruch in der Nase gehabt zu haben. Zumindest nicht in gleicher Intensität. Sie hielt unwillkürlich den Atem an. Myriaden von glänzenden Fliegen umschwirrten das Fenster. Sie drangen aus dem Fenster heraus und surrten unruhig durcheinander. Ihre Panzer glänzten im Licht der inzwischen schon tiefer stehenden Sonne.
    Haller scheuchte einige von ihnen mit wedelnden Bewegungen davon.
    »Da habe ich doch recht, oder?«, meinte Driemeyer. »Da ist doch was nicht in Ordnung.«
    »Das sind Totenfliegen«, sagte Haller tonlos.
    Martinshörner waren in diesem Moment zu hören. Einsatzwagen der Polizei fuhren offenbar auf das Grundstück, als Anna das Haus bereits wieder umrundet und die Vorderfront erreicht hatte.
    Haller und Driemeyer folgten ihr etwas später. Einen Moment länger, und ich hätte mich übergeben müssen, dachte Anna, und auch jetzt hatte das Ringen mit den Reflexen ihres Magen-Darm-Traktes kein Ende. Ihr war ziemlich flau. Der Geruch hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit dem, den sie in einer Leichenhalle mal erlebt hatte. Nur dass darin auch eine deutliche Note irgendwelcher Desinfizierungsmittel gewesen war, was die Sache dann doch um einiges erträglicher machte. Sie hörte, wie Haller und Driemeyer sich unterhielten.
    »Also das war so: Vom Nachbargrundstück sind Kinder hierhergekommen, um einen Ball wiederzuholen, der hier rübergeflogen ist.«
    »Kinder?«, wunderte sich Haller. »Das sah mir nicht so aus wie eine Gegend, in der viele Kinder wohnen.«
    »Sie wohnen auch nicht hier. Aber an der Rückfront grenzt dieses

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