Der Teufel Von Muenster
Lockerheit zu demonstrieren, die sie einfach nicht haben.«
»Danke. Du weißt genau, was deine Gesprächspartner nicht hören wollen.«
»Tut mir leid, ist wohl eine Berufskrankheit«, meinte Haller.
Sie hatten inzwischen Osnabrück erreicht, fuhren auf der grünen Welle durch die Stadt, vorbei am gelb gestrichenen Schloss, in dem ein Großteil der Universitätsverwaltung untergebracht war.
Das Parkleitsystem zeigte an, wo wie viele freie Einstellplätze zu finden waren. Anna war nicht oft in Osnabrück, darum kannte sie sich hier nicht sonderlich gut aus und hatte ziemlich bald die Orientierung verloren, nachdem Haller ein paarmal abgebogen war.
Schließlich erreichten sie eine von Bäumen umsäumte Allee, die zu beiden Seiten mit mehr oder minder gut erhaltenen Villen im Jugendstil bebaut war. Umgeben wurden die Grundstücke oft von hohen Mauern, auf die gusseiserne Gitter aufgesetzt waren. Hohe Bäume und Sträucher verdeckten häufig die Sicht.
Haller fand einen Parkplatz am Straßenrand.
»Ein paar Schritte, dann müssten wir dort sein.«
»Schöne Gegend«, meinte Anna.
»Schöne Stadt«, ergänzte Haller. »Aber wohnen möchte ich hier trotzdem nicht.«
»Wieso nicht?«
»Wegen der Fliegerbomben. Immer wieder kommt von dem Zeug noch was ans Tageslicht, und dann werden ganze Straßenzüge evakuiert.« Er schüttelte den Kopf. »Den Stress täte ich mir nicht an.«
Anna stieg aus und streckte sich etwas. Sie führte die Bewegung aber nicht richtig zu Ende, denn irgendwie war es ihr peinlich, sich so hemmungslos zu zeigen. Und im Grunde war es ihr sogar schon peinlich, überhaupt mit dem Ausstrecken der Arme begonnen zu haben.
Haller hingegen schien gar nichts peinlich zu sein. Er pupste einfach. Besser hier als im Auto, schien er zu denken und tat dann so, als hätte es diese fast unabwendbare Folge des Döner-Verzehrs gar nicht gegeben.
Sie gingen ein Stück die Straße entlang. Die meisten Villen schienen gar nicht in Privatbesitz zu sein, und wenn man hier und da mal einen etwas genaueren Blick durch die gusseisernen Gitterstäbe erhaschen konnte, dann war sehr deutlich, dass viele der Grundstücke nicht gut gepflegt waren. Schierer Wildwuchs schien da zu herrschen – oder aber Ebbe in der Kasse derer, die für die Pflege zuständig waren. Das wäre unter anderem die Universität Osnabrück, die einige dieser Häuser angemietet hatte, um Fachbereiche oder Verwaltungsabteilungen auszulagern, zusätzliche Seminarräume zur Verfügung zu haben oder Forschungsinstitute unterbringen zu können. So wirkten einige dieser Anwesen wie ziemlich verwunschene Hexenhäuschen.
Dann fanden sie schließlich an einer Einfahrt ein Schild, an dem »Kirche und Orden der Neuen Templer/Verein für angewandte Spiritualität und Lebenshilfe e.V.« stand.
»Das klingt ja fast so seriös wie ›Institut für sozialhistorische und religionsgeschichtliche Studien des alten Orients‹«, meinte Haller.
»Vielleicht steckt im Kriminalhauptkommissar Sven Haller ja auch ein verkappter Savant mit fotografischem Gedächtnis und dem ein oder anderen zwanghaften Verhaltenszug«, meinte Anna.
»Wie kommst du darauf?«
»Du hast immerhin wortwörtlich behalten, was auf dem Schild drei Häuser hinter uns gestanden hat.«
»Nein, das war nur das trainierte Gedächtnis eines Polizisten. Tut mir leid. Aber falls ich jetzt plötzlich versuchen sollte, diese Eisengittertür mit Magie zu öffnen, dann hätte ich auf jeden Fall eine Entschuldigung für mein Verhalten, von der ich wüsste, dass eine gewisse Diplom-Psychologin namens Anna van der Pütten sie akzep- tieren würde.«
»Da sei dir mal nicht zu sicher!«
»Wieso? Genießt für dich nur Frank Schmitt alias Branagorn den ausgedehnten Artenschutz eines Irren?«
»Am Anfang steht immer eine sorgfältige Diagnose. Und die fällt in diesem Fall vollkommen anders aus.«
Am gusseisernen Tor gab es eine Klingel und eine Sprechanlage. Haller betätigte die Klingel. Aber es erfolgte keine Reaktion. Also klingelte er noch einmal und wartete.
Wieder nichts.
»Scheint, als würden auch Freizeit-Templer pünktlich Feierabend machen«, meinte Anna. »Der Gewerkschaftsgedanke scheint sich selbst bei der Mission, die Welt erst von falschen Dämonen zu befreien und sie anschließend mit den richtigen zu infizieren, irgendwie durchgesetzt zu haben.«
Haller versuchte es ein letztes Mal, ohne zu glauben, dass ihnen tatsächlich noch jemand öffnen würde. Eine rechtliche Befugnis, die
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