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Der Teufel Von Muenster

Der Teufel Von Muenster

Titel: Der Teufel Von Muenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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gegenüber diente, vermochte Branagorn nicht zu erraten. Auf jeden Fall gab es dort weder ein Schild noch eine Klingel oder irgendein anderes Zeichen, das einen Hinweis darauf hätte geben können.
    »Hallo?«, fragte eine Stimme von oben. Gleichzeitig öffnete sich die Tür von A. Gross ein Stück. Aber nur einen Spalt, der kaum breiter war als ein Daumen. Jemand beobachtete Branagorn von dort aus. »Hallo?«, ertönte nun noch einmal die Stimme von oben. Es war zweifellos jene Stimme, mit der Branagorn sich über die Sprechanlage unterhalten hatte.
    »Ja, ich bin hier«, sagte Branagorn laut.
    Sein Blick wurde von etwas gefangen genommen, das er am Boden entdeckt hatte. Es handelte sich um ein Haar. Auf dem glatten, hellen Boden war es gut erkennbar, denn es hob sich dunkel dagegen ab. Zumindest hatte Branagorn diesen Eindruck.
    Zwei Schritte war es von ihm entfernt. Er trat hinzu, bückte sich und hob es auf. Dann hielt er es ins Licht.
    Anschließend steckte er es in einen Beutel, den er an seinem Gürtel trug, und ging die Treppe hoch. Eine Frau von Ende zwanzig kam ihm entgegen. »Aufderhaar«, sagte sie. Es klang knapp und streng. Ihre dunklen Augen musterten Branagorn aufmerksam.
    »Wenn Euch mein Aufzug wundert, so möchte ich dem entgegenhalten, dass auch Ihr bisweilen in Gewandung aufgetreten seid und dies unter Euresgleichen doch eigentlich nichts Ungewöhnliches ist.«
    »Ja, das ist schon richtig«, sagte sie. »Oder besser: Das war mal richtig.«
    »Wenn Ihr mir diese Bemerkung bitte erläutern würdet, werte Frau Aufderhaar?«
    »Irgendwann wird jeder mal erwachsen.« Nach einem weiteren, abschätzigen Blick fügte sie dann noch hinzu: »Na ja – fast jeder.«
    »Nun, wie dem auch sei – eine Bemerkung möge mir gestattet sein. Euch steht die Gewandung einer Maid ganz gewiss außerordentlich gut, um nicht zu sagen: besser als die phantasielose Kleidung dieses Zeitalters, die reinem Zweckdenken verpflichtet ist, weil die Schneider es verlernt haben, ihr Handwerk so auszuüben, wie man es früher von ihnen gewohnt war. Aber vielleicht fehlt ihnen ja auch nur die Magie …«
    »Sie sind ein seltsamer Kerl, und mir ist ehrlich gesagt noch nicht so ganz klar, was Sie eigentlich von mir wollen«, stellte sie betont kühl fest.
    »Doch, das ist Euch durchaus klar, denn nur aus diesem Grund habt Ihr mir überhaupt geöffnet. Allerdings weiß ich nicht, ob es wirklich ratsam ist, wenn wir uns hier im Treppenhaus unterhalten. Mich dünkt, dass die aufmerksamen Ohren von Spionen allgegenwärtig sind.«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, bevor ihr Mund wieder zu einer geraden Linie wurde und sie so beherrscht und kühl wie zuvor wirkte. »Herr Gross …«, murmelte sie. Sie blickte kurz über das Treppengeländer in die Tiefe. Für ein paar Augenblicke herrschte Stille. Dann waren unten Schritte zu hören. »Kommen Sie herein, Herr … Herzog oder wie immer Sie auch in Wirklichkeit heißen mögen.«
    Branagorn folgte ihr in die Wohnung. Die Räume waren sehr hoch. Die meisten Wände waren mit Bücherregalen voll gestellt. Bei den Büchern schien es keinen thematischen Schwerpunkt zu geben. Branagorn sah Romane neben Bänden, die sich mit mittelalterlichem Leben und Gepflogenheiten beschäftigten, und Kochbüchern. Dazwischen waren immer wieder Porzellanpuppen zu sehen. Manche trugen bunte Gauklerkostüme, andere kunstvoll gefertigte Kleider, die Branagorn ebenso wie die Frisuren an die Mode der Renaissance erinnerten.
    »So, jetzt sagen Sie mir bitte, was Sie wollen.«
    »Jennifer Heinze, Jana Buddemeier, Franka Schröerlücke, Elvira Mahnecke und Chantal Schmedt zur Heide – das sind die bisherigen Opfer, die das Wirken des Traumhenkers gekostet hat. Aber es wird dabei nicht bleiben. Die Mörderseele, in die er hineingefahren ist, wird mit dem Töten fortfahren. Aber ich habe mich entschlossen, den Kampf aufzunehmen.«
    »Das ist ja schön für Sie, und ich war selbst lange Jahre begeisterte LARP-Spielerin, aber jetzt und hier hätte ich mich gerne vernünftig mit Ihnen unterhalten. Also lassen Sie dieses Fantasy-Gequatsche weg und führen Sie kein Mysterienspiel auf! Es geht um eine ernste Sache!«
    »Oh, dem will ich nicht widersprechen«, erwiderte Branagorn. »Und ich verstehe durchaus Eure Gereiztheit. Der Atem des Todes sitzt Euch im Nacken, das spüre ich deutlich. Ihr seid dem Traumhenker vielleicht näher, als Euch lieb ist, und es ist nur allzu leicht nachvollziehbar, dass Euch

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