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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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meinen können, im zweiten Obergeschoss des Hauses gegenüber wäre eine bernsteinfarbene Sonne gefangen. Wütende gelbe Zungen leckten gierig über die vorderen Fenster, denn das Feuer hatte bereits von dem ganzen riesigen Raum Besitz ergriffen, der als Lager gedient haben dürfte. Feuersbrünste sind in dieser Gegend fast schon so normal wie Krawalle, und ebenso verheerend, doch diese hier wütete direkt vor unseren Augen, und noch hatte niemand Alarm geschlagen. Was auch immer die Ursache gewesen war, es musste schrecklich schnell gegangen sein – eine vergessene Lampe neben einem Stapel Baumwolle, ein glimmender Zigarrenstummel in einem Kohleneimer. Irgendein kleiner, dummer, tödlicher Fehler genügte. Das Lagerhaus war riesig und nahm einen Großteil des Häuserblocks gegenüber von Nick’s Austernkeller ein, und mein Herz krampfte sich ein zweites Mal zusammen, denn der Schein war so hell, dass die Flammen wohl durch das ganze Stockwerk gehen mussten und gewiss schon auf die Mauer des angrenzenden Gebäudes übergriffen.
    Im nächsten Augenblick rannten Julius und ich den Flammen entgegen. Gibt es in New York ein noch unentdecktes Feuer, so rennt man hin, statt davor zu flüchten, und versucht zu helfen, bis die freiwillige Feuerwehr vor Ort erscheint. Manchmal kommenMenschen in den Flammen um, weil keiner die aus dem Fenster gestreckte Hand ergreift. Ich warf einen kurzen Blick nach hinten, in der Hoffnung, die Feueralarmglocke zu hören, obwohl ich ihren Klang verabscheute.
    »Wieso hat das noch niemand gesehen?«, stieß ich keuchend hervor.
    »Das ist nicht normal.« Julius blieb stehen, schrie noch einmal laut »Feuer!« und rannte dann hinter mir her.
    Unter dem aschegrauen Himmel kamen jetzt die Nachbarn allmählich auf der Straße zusammen. Ehrfürchtig und mit dem seltsam sensationslüsternen Schauder des Stadtbewohners starrten sie auf das breite Flammenband im Obergeschoss. Hinter uns zerriss endlich die nächstgelegene Feueralarmglocke die Luft mit ihrem schrillen Klang, der die Feuerwehrmänner im Ersten Bezirk zu Hilfe rief. Wenige Augenblicke später schallte die Antwort von der Kuppel des Rathauses hinterm Park zu uns herüber.
    »Warte«, sagte ich und packte Julius bei der Schulter.
    Die restlichen Fenster des Lagerhauses entzündeten sich wie eine Reihe von Streichhölzern – aus sämtlichen Stockwerken sprühten Funken, das Feuer zerfraß die Innereien des riesigen Gebäudes, als sei es aus Papier. Das Glas zerbarst mit heftigen Pistolenschüssen, was mich zunächst höchst verblüffte.
    Dann verstand ich, warum, und das war noch viel schlimmer.
    »Das ist das Lager von Max Hendrickson«, flüsterte ich.
    Julius riss seine braunen Augen weit auf.
    »Jesus, steh uns bei«, sagte er, »wenn das Feuer seine Fässer mit dem Walfischtran erwischt ...«
    Roter Flanellstoff blitzte vor uns auf, als ein Feuerwehrmann – die Hosenträger herunterhängend, den eigentümlichen Lederhelm tief ins Gesicht gezogen – um die Ecke des Exchange Place gerannt kam. Wild entschlossen, den nächsten Feuerhydranten für seine eigene Kompanie zu ergattern , dachte ich mit leiser Verachtung. Und damit auch allen Ruhm.
    Und in diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass meine Zukunft jetzt alles andere als gesichert war.
    »Schnell, gehen Sie Ihre Wertsachen holen«, befahl Julius, bevor ich etwas sagen konnte. »Und beten Sie, dass Sie in einer Stunde überhaupt noch ein Haus haben.«
    Ich wohnte in der Stone Street, zwei Straßen hinter der südlichen Ecke der New Street, und ich rannte davon, weg von dem Lagerhaus, das dem Untergang geweiht war, nur noch Mercy, meine Wohnung und die vierhundert Silberdollar im Sinn. Und wenn ich dabei draufginge, ich würde mir mein Geld holen. Ich raste an Schaufenstern vorbei, an denen ich schon tausendmal vorbeigelaufen war, mit sorgsam getischlerten Stühlen und in Leder gebundenen Büchern und Stoff ballen, die in den abgedunkelten Auslagen kaum zu erkennen waren, meine Stiefel flogen über abgetretenes Straßenpflaster, ich rannte, als seien mir die Häscher der Hölle auf den Fersen.
    Das war mein erster Fehler. Die Hölle lag nämlich in Wirklichkeit vor mir, über einen Häuserblock vom Feuer in der New Street entfernt.
    In dem Moment, als ich in die Broad Street einbog, ließ eine gewaltige Explosion die Nr. 38 in einer Wolke aus Stein zerbersten, und Granitgeschosse von der Größe erwachsener Männer flogen über mich hinweg. Bis ich schlitternd zum Stehen

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