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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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gewaschenen Hemdes. »Auf seine Tugend hätte ich nie große Summen verwettet. Nur auf seinen ungeheuren Charme.«
    »Er sagt, er sei nicht schwul«, bemerkte ich idiotischerweise.
    »Darf ich fragen, was genau Sie da in Bezug auf mich andeuten wollen?«
    Mit dieser Bemerkung änderte ich meine Meinung über ihn. Was schlagfertige Antworten angeht, diese hier war Gold wert. Und falls die invertierte Unzucht gerade Vals Haut gerettet hatte, war sie mir von nun an unter all seinen Verfehlungen die liebste.
    »Was hat er denn gemacht?«
    »Der Unglücksrabe hat im Liberty’s Blood einen Kapitän getroffen und mit ihm vereinbart, dass er sich für die Türkei einschiffen lässt«, schnaubte er. »Aber jeder einzelne Mann, der zum Trinken dort hingeht, ist Valentine viel zu sehr verpflichtet, als dass man es ihm gestatten könnte, sich einen solchen Fehltritt in der Karriereplanung zu leisten. Wir sind dagegen eingeschritten. Und zwar ziemlich energisch. Nein«, fügte er hinzu und verdrehte die Augen, bevor ich ein Wort sagen konnte. »Ich möchte mir doch erlauben, die Vermutung zu äußern, dass ich sein einziger engerer Freund in dem ganzen Verein dort bin ... ach du meine Güte, ich hoffe es zumindest! Was für ein unschöner Gedanke, Timothy. Wie dem auch sei, den Hafenarbeitern hat die Vorstellung, dass er sich über den großen Teich verabschiedet, auch nicht geschmeckt, angesichts der wichtigen Rolle, die er in der Partei spielt, und überhaupt. Deshalb wurde ich mit der Aufgabe betraut, ihn nach Hause zu geleiten. Unterwegs hat sich Val mir gegenüber recht unkultiviert benommen. Er fand, man habe all seine Pläne vereitelt, und warf in seiner Wut den Haustürschlüssel in eine Jauchegrube. Ihn dort wieder herauszufischen, betrachte ich nicht als meine Aufgabe. Und deshalb sind wir hier.«
    Ich versuchte herauszufinden, ob mein Bruder noch atmete. Es schien der Fall zu sein. Ich hatte ihm ein ziemlich übles blaues Auge geschlagen, aber irgendjemand hatte die Stelle, an der die Haut aufgeplatzt war, sorgfältig gesäubert.
    Ja, dieser Jim gefällt mir immer besser , beschloss ich.
    »Ich habe ihn also gut nach Hause gebracht?«, fragte Jim ernsthaft besorgt.
    »Sie sind uns beiden ein guter Freund gewesen«, antwortete ich als eine Art Entschuldigung.
    »Aber nicht doch, machen Sie sich keine Hoffnungen«, sagte er lachend und ging zur Treppe. »Sollte er irgendwann aufwachen – ich habe ja keine Ahnung, welche Probleme es in der letzten Zeit zwischen Ihnen gegeben hat, denn er hat immer gesagt, Sie stünden einander sehr nah –, dann werden Sie mich zweifellos ganz anders nennen. Denn es ist schon ein grandioses Schauspiel, wenn Val nach einer solchen Dosis Morphium wieder zu Bewusstsein kommt. Ich wünsche Ihnen alles Glück der Welt, denn das ist in etwa so viel, wie Sie dann brauchen werden.«
    *
    Ich war zu besorgt um Val, um jetzt in die Tombs zu gehen. Nicht weil ich dachte, er sei mit seiner Gesundheit nun schließlich doch zu hart umgesprungen, sondern weil es keine Garantie gab, dass dieser hundsverfluchte Schurke sich nicht vielleicht doch, wenn er aufwachte und ich war nicht da, in die Türkei absetzte. Ich suchte also magenberuhigende getrocknete Pfefferminze und kochte stattdessen eine Kanne Tee. Mein Bruder erträgt die Schweißausbrüche und den Schüttelfrost immer mit bemerkenswerter Gelassenheit, und wenn sein Herz anfängt, so schnell zu schlagen wie das eines Kolibris, scheint es ihm nicht viel auszumachen. Aber diesmal sah es so aus, als habe er eine ziemlich verheerende Menge intus. Das bedeutete, ich brauchte Pfefferminztee und – falls der Tee nicht wirkte – einen Eimer. Ich brachte alles nach oben.
    Zum Glück musste ich nur etwa zwanzig Minuten warten. Ich saß auf dem Fußboden neben der Strohmatratze in meinem spärlich möblierten Zimmer, den Rücken an die Wand gelehnt, als Valentine sich aufsetzte. Er sah aus wie ein Wilder, der gerade aus seiner Höhle gekrochen war und die eleganten Kleider eines Parteimitglieds gestohlen hatte.
    »Was mache ich hier?«, sagte er mit einer Stimme wie Baumrinde.
    »Deinen Morphiumrausch ausschlafen«, antwortete ich freundlich. »Jim hat dich hergebracht.«
    »Dieses tänzelnde kleine Steckenpferdchen.«
    »Ich mag ihn recht gern.«
    Val rieb sich ein paarmal mit der Hand übers Gesicht. »Du wolltest mich doch nie mehr wiedersehen.«
    »Hab meine Meinung geändert.«
    »Warum?«, wollte er wissen und drückte Zeigefinger und Daumen

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