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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Gewissen hat, das Handwerk legen.
    Über die richtige Reihenfolge war ich mir nicht ganz im Klaren. Ich machte mir auch nicht allzu viele Gedanken darum und beschloss, alle drei Aufgaben, so gut es ging, gleichzeitig zu erledigen.
    Mich in das heiße Wasser zu setzen, tat höllisch weh. Noch schlimmer wurde es, als ich einen gehäuften Esslöffel Pottasche auf einen von Mrs. Boehms sauberen Lappen streute und anfing, alle Körperstellen, die noch bluteten, damit abzuschrubben. Das blasse Pulver sprudelte und zischte, wenn es mit Wasser in Berührung kam, und ich ging nicht zimperlich mit mir um. Es ist nicht leicht, bewusstlos wegzudämmern, wenn einem etwas so wehtut.
    Nachdem ich Pottasche in jede Schnittwunde gerieben hatte, die ich nur finden konnte, ganz besonders in das winzige Loch, das in meinem Rücken pulsierte, war das Wasser rosa gefärbt und ich so wach wie nie zuvor in meinem Leben.
    Ich trocknete mich schnell ab, löschte das Feuer mit dem rosa Wasser aus der Badewanne und holte dann noch ein paar frische Stofftücher, um meine Wunden zu bandagieren. So würde es gehen. Und ich hatte schon schlimmere Verletzungen erlitten. Als ich in einer Fensterscheibe mein Gesicht sah, das glänzte und aufgeweicht vom Wasser war – hässlich, aber alles in allem gesund –, da wusste ich plötzlich, was ich tun musste.
    Was das Nächste war. Und das war kein Treffen mit Piest oder Matsell.
    Mit einem Tuch um die Hüften rannte ich die Treppe hinauf, um mein Metzgerpapier, ein Stück Kohle und meine letzten sauberen Kleidungsstücke zu holen, ein Hemd und eine Hose. Mir wurde auf dem Weg nach oben ein wenig schwindlig, aber ich fing mich wieder, ärgerlich und ungeduldig. Wieder unten, breiteteich das braune Papier auf dem Tisch aus. Ich goss mir einen Schluck Brandy ein. Nicht zu viel, denn ich wusste ja, dass ein klein wenig Schmerz mich wach halten würde. Als Nächstes ging ich zu dem Stuhl, über den ich meine schmutzigen Kleider gehängt hatte, und griff in die Innentasche meines Mantels. Dann setzte ich mich mit Palsgraves Brief an den Tisch, dem einzigen Brief, der klang, als habe wirklich ein Wahnsinniger ihn geschrieben und nicht irgendein Bühnenschurke, und breitete ihn auf der Tischplatte aus.
    Ich sehe es. Und nichts sonst.
    Ich sehe es vor mir, und nichts sonst, sehe es immer und immer wieder, Amen, nur diesen Leib, so klein, so gebrochen.
    Weiter las ich nicht, nur so viel. Das war ein Ausdruck des reinen Wahnsinns, und es waren keine Hinweise darin versteckt, keine wirklichen Fakten. Aber wenn man diesen Brief in Verbindung brachte mit der Art, wie Marcas sein Ende gefunden hatte ...
    Es nagte an mir. Das ist nicht richtig. Natürlich nicht, und das wusste ich seit dem Fall des armen kleinen Aidan Rafferty. Doch wenn ich mir das Ganze als Geschichte vorzustellen versuchte, so wie sie mir ein Trinker, der vor mir an der Bar hockte, mit gelockerter Zunge erzählen würde ...
    Irgendetwas war nicht richtig daran.
    Ich nahm meine Kohle zur Hand, stand vom Tisch auf und kippte den Brandy hinunter. Mir war immer noch ein bisschen schwindlig. Ich hatte fast zwei Tage nicht mehr geschlafen, war recht übel aufgeschlitzt, trug nur eine Hose und ein halb zugeknöpftes Hemd und schrieb jetzt in eine Ecke des großen Stücks Metzgerpapier:

    DINGE, FÜR DIE EIN MENSCH MORDEN WÜRDE :
    Gott.
    Politik.
    Verteidigung.
    Geld.
    Wahnsinn.
    Liebe.
    Ich dachte darüber nach. Man konnte sich vielleicht streiten, ob Geld und Eigenliebe nicht ein und dasselbe sind, oder dass Politik und Gott einander recht ähnlich sind, aber so fand ich es schon mal ganz gut. Also machte ich weiter, diesmal brauchte ich etwas mehr Platz. Ich schrieb die folgenden Worte auf separate Felder in der Mitte und umgab jedes einzelne Wort mit einem dicken schwarzen Kreis wie ein Zaun:
    19 begraben (namenlos – war Jackie der Springteufel von den Zeitungsjungen darunter?)
    1 im Abfallkübel (Liam)
    1 entflohen (Bird)
    9 befreit (Neill, Sophia, Peter, Ryan, Eamann, Magpie, Jem, Tabby, John)
    1 öffentlich geschändet (Marcas)
    1 versehentlich für eine Ratte gehalten (Aidan)
    Ich weiß nicht, warum ich den letzten Namen auch dazuschrieb. Das lag schon so lange zurück, und es gab gar keine Verbindung. Aber ich wollte ihn dort stehen haben. Er war wichtig für mich.
    So.
    Zweiundzwanzig Tote, und Bird, die friedlich auf einer von Beerensträuchern umgebenen Farm in Harlem schlief. Hoffte ich jedenfalls.
    Und dann fing ich an, die Dinge klarer

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