Der Teufel von New York
erste. Das Feuer, das dich zum Barmann gemacht und mir beigebracht hat, wie man ein Abendessen kocht.«
»Ja«, sagte ich.
»Ich hab dieses Feuer gelegt«, sagte Valentine.
Er saß nicht länger vor mir. Er war Tausende und Abertausende Meilen entfernt. Sein Blick war wie erlöst. Es war ein Blick, den er mir noch nie gezeigt hatte. Und so hatte ich nicht ahnen können, dass es diesen Blick überhaupt gab.
»Ich hatte eine Zigarre im Pferdestall geraucht, statt den Stall auszumisten. Ich rauchte diese verdammte Zigarre, Tim, und sie setzte das Stroh in Brand, und als ich losrannte, um die Pferde zu befreien ... Ich machte die Ställe auf, denn wir brauchten sie ja, Dad konnte ohne Pferde seine Farm nicht beackern, und was fürein ... also bin ich rausgelaufen aus dem ... ich war sechzehn, Tim, und ich dachte, du hättest mich gesehen. Du hast mich doch gesehen, wie ich die Stalltore aufgemacht und versucht habe, die Pferde rauszutreiben. Ich rannte, als wär mir der Teufel auf den Fersen. Und so war es ja auch. Richtig? Du hast in der offenen Tür gestanden und hast gesehen , wie ich dieses Feuer gelegt hatte. Etwa nicht? Die ganze Zeit habe ich ... Du warst wie versteinert, als ich mich umdrehte. Und ich hatte nicht bemerkt, dass das Feuer schon bei den Petroleumfässern angekommen war. Als ich dich rausgeholt hatte ... konnten wir nichts mehr ... Du weißt es noch ... Nicht bei der wahnwitzigen Feuersglut im Flur. Alles war vorbei. Ich habe es doch nicht absichtlich getan.«
Val hielt inne, fuhr sich mit den Fingern über den Nacken und wandte den Blick ab. Ganz in der Nähe hörte man einen Schrei, gefolgt von einem Lachen und dem munteren Splittern von Glas. Ich wollte etwas sagen. Aber zwischen meinem Gehirn und meinem Mund schien jegliche Verbindung gekappt, ebenso gründlich wie die Verbindung zwischen meinem Mund und dem fernen Pochen in meiner Brust.
Valentine schnippte mit dem Finger gegen meinen Kupferstern und sagte: »Du bist der Inbegriff des guten Polizisten. Ich wusste es. Ich war nie froh darüber, dass du diese Narben davongetragen hast, aber so hatte dieser Brand in der Stadt zumindest etwas Gutes. Ich werde mich in Zukunft raushalten, dann hast du es leichter. Du wirst mich nicht mehr sehen müssen. Geh zu Matsell und sorg dafür, dass New York auch morgen noch steht. Auf Wiedersehen, Tim.«
Mit den Händen in den Taschen ging er davon. Stracks hinaus durch die weit geöffnete Vordertür. Jedes einzelne Stückchen von mir wollte ihn aufhalten. Selbst die Teile, die immer noch zornig auf ihn waren, selbst jene, die er gerade wie Petroleum zum Explodieren gebracht hatte.
Aber ich kam nicht schnell genug in Gang. Als ich schließlich mit seinem Namen auf den Lippen auf die Straße rannte, war es, als habe Valentine Wilde nur in meiner Vorstellung existiert.
23
Das ist die Lösung: Macht man die Amerikaner nur mit der schlichten Wahrheit über den römisch-katholischen Glauben bekannt, so werden sie ihm mit ihrer argwöhnischen Wachsamkeit das Wasser abgraben, und seine Anhänger werden seine Dogmen und Praktiken verleugnen, aus reiner Scham.
Amerikanische Protestanten zur Verteidigung
der Bürgerlichen und Religiösen Freiheit
gegen den Vormarsch des Papsttums, 1843.
Ich ging nicht zu Matsell.
Nein, ich schleppte mich nach Hause in die Elizabeth Street. Ich war halb im Delirium und hatte es allein dem Glück zu verdanken, dass ich noch Herr über meine Geldbörse war, als ich ankam. Das Haus kam mir sehr leer vor. Niemand knetete Teig, niemand zeichnete.
Ich holte so viel Croton-Wasser von der Pumpe, wie ich tragen konnte, und machte Feuer im Ofen. In Kesseln, in Suppentöpfen, in allem, was ich finden konnte, machte ich Wasser heiß. Die Badewanne zu füllen, die ich hinter den Stapeln von Mehlsäcken hervorgezogen hatte, erwies sich als die lästigste Arbeit in jener Nacht, und es war nicht einmal mehr richtig Nacht, denn es graute schon ein kreidiger Spätsommermorgen. Doch ich hatte keine Wahl. Die kleine Stichwunde in meinem Rücken juckte fürchterlich, und der Schnittwunde an meinem Arm ging es nicht besser. An einer Blutvergiftung zu sterben ist keine sehr lustige Angelegenheit.
Und man sollte überhaupt möglichst nicht sterben, wenn manseine Angelegenheiten noch nicht geregelt hat. Diesbezüglich lag bei mir einiges im Argen. Ich hatte drei überaus wichtige Prioritäten: Mercy Underhill beschützen. Meinen Bruder zurückholen. Dem Bastard, der all diese Untaten auf dem
Weitere Kostenlose Bücher