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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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ab. Die lebende Puppe war verschwunden, ersetzt durch ein Geschöpf, das ein bisschen wirkte wie ... nun ja, wie ein Börsenmakler. Sie schätzte die Risiken ab, suchte nach Mustern, ging eine spekulative Wette ein. Das war große Kunst.
    »Ich habe sieben getötet, und – ja, sie waren chronisch krank. Sie haben mich ein Vermögen gekostet, Aderlässe, Schwitzkuren, Umschläge, Stärkungsmittel, nichts half, und trotzdem schafften es die kleinen Parasiten nicht zu sterben! Es geschah aus Mitgefühl, um ihrem Leiden ein Ende zu bereiten. Die anderen waren ohne jedes Nachhelfen gestorben, ganz unerwartet. Ein Teil des Geldes diente dazu, die übrigen gut zu ernähren, das sollen Sie wissen. Und wieso sollte mich ihr Tod kümmern, wo ich ihnen doch schon das Leben so viel angenehmer gestaltete, als meins gewesen war? Als ich in ihrem Alter war und in demselben Metier, da hätte ich auch gern frischen Fisch gegessen.«
    Da ich nicht wusste, ob irgendetwas an ihrer Lebensgeschichte stimmte oder ob sie mich bloß hinters Licht führen wollte, hielt ich den Mund. Ich vermutete, dass sie die Wahrheit sprach. Wie hätte sie sonst lernen sollen, in so einem Leben zurechtzukommen?
    »Danke«, sagte ich. »Meine Neugier war einfach nicht mehr zu zügeln.«
    »Das Gefühl hatte ich auch. Doch warum die genaue Zahl so wichtig ist, das werde ich nie verstehen.«
    »Im Gegenteil, das werden Sie sogar gleich verstehen. Sieben. Das macht dreihundertfünfzig Dollar, stimmt’s?«
    »Weshalb?«
    »Weil ich jeden Cent dieses Blutgeldes haben will. Bar auf die Hand.«
    Ich will ganz ehrlich sein: Alles, was ich bezüglich der Beweislage zu ihr gesagt hatte, entsprach schlicht und ergreifend der Wahrheit. Ich hatte keinen Beweis gegen sie, buchstäblich garnichts. Ich konnte nicht einmal beweisen, dass diese Kinder, als sie noch lebten, jemals einen Fuß in ihr Haus gesetzt hatten. Und Scales und Moses Dainty, die perfekten Zeugen, waren mausetot. Ich hätte Silkie Marsh wegen Hurerei verhaften können, ja. Aber länger als ein oder zwei Wochen würde sie nicht im Gefängnis bleiben, dann hätte sie mit Bestechung wieder einen Weg nach draußen gefunden. Richter tun sich, ähnlich wie Polizisten, schwer damit, in der Prostitution ein echtes Verbrechen zu sehen. Ich hätte die Männer, die sie für ihre Dienste bezahlt hatten, ausfindig machen und dazu bringen müssen, vor Gericht auszusagen, was in etwa so wahrscheinlich war, wie dass Silkie Marsh freiwillig ein volles Geständnis ablegte. Val hätte vielleicht eine Aussage gemacht, aber Val hatte sie wahrscheinlich nie bezahlen müssen. Meine Möglichkeiten waren also begrenzt. So wie ich die Dinge sah, hatte ich letztlich genau zwei, denn die Vorstellung, einfach gar nichts zu tun, was unerträglich:
    1. Ihr eigenhändig den Hals umdrehen.
    Aber dazu konnte ich mich auch nicht durchringen.
    2. Dafür sorgen, dass sie einen empfindlich hohen Preis dafür zahlen musste. Mit dem Polizeichef reden. Und abwarten.
    Im Augenblick war Silkie Marsh für das Gesetz unangreifbar. Die einzige Person, die ich bestrafen konnte, nämlich die, deren Kutsche man gesehen hatte, war Peter Palsgrave. Doch ihn ins Gefängnis zu werfen, wäre ein grausames und sinnloses Spektakel, und es würde niemandem nutzen. Er hatte so sehr für diese Kinder gekämpft. Und er würde noch viele andere retten, bis zum Ende seiner Tage. Wie viele Tode würde ich zu verantworten haben, wenn ich ihn jetzt wegsperrte, wie viele andere Kinder würden deshalb sterben, und durch meine Schuld?
    Was Madam Marsh angeht , dachte ich bei mir, so werde ich sie vom heutigen Tag an unablässig überwachen. Sie zu beobachten, wird fortan meine Religion sein. Und eines Tages wird die Mörderin von sieben Kindern an einem Strick baumeln.
    Silkie Marsh stotterte beinahe vor Wut, brachte dann aberganz deutlich heraus: »Der Tag, an dem ich mich auf so ein schändliches ...«
    »Ich besitze das Vertrauen von Polizeichef Matsell und die Schlüssel zum Kerker in den Tombs. Was glauben Sie eigentlich, mit wem Sie es hier zu tun haben? Ich schere mich nicht um Beweise «, log ich. »Himmelherrgott, ich könnte mir massenhaft Beweise beschaffen und mir jeden weiteren Ärger ersparen. Ich will Geld. Dreihundertfünfzig Dollar.«
    Sie hatte wahrscheinlich nie gelernt, einem Mann ins Auge zu spucken. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie es in diesem Moment nicht tat. Madam Marsh setzte sich nur ein wenig gerader hin und strich die Falten

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