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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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Hühnerstall, ich hatte meinNachthemd dabei, und dann hab ich – ich hab es in dem Blut getränkt. In der Nacht, in der ich ausgerissen bin, da hab ich gedacht, sie würden mich jagen oder man würde mich dann vielleicht ins Waisenhaus stecken, aber – aber wenn ich voller Blut wäre, dann könnte ich behaupten, ich wäre vor Mördern an den Docks davongelaufen. Und jeder würde mir das glauben. Die Leute würden das Blut sehen, und dann könnte ich bei ihnen bleiben.«
    Bird hielt inne und ihr Blick ging zwischen Mrs. Boehm und mir hin und her, mit Augen wie ein in die Enge getriebenes Rehkitz. Die Hoffnung kratzte mit zarten Krallen an ihrem Inneren.
    »Sie werden mich doch hierbehalten, nicht wahr?«
    *
    Auf dem Weg zu den Tombs, mein Abzeichen in der Hand und eine dröhnende Kündigung auf den Lippen, grübelte ich darüber nach, wie ich einer zehnjährigen Kinderdirne am besten beibrachte, dass sie nicht bei uns würde wohnen können. Vorhin hatte ich nichts gesagt. Und Mrs. Boehm hatte nur mit einem traurig glucksenden Ton den Kopf geschüttelt. Aber so sehr uns das Mädchen auch leidtat, es gab einfach kein weiteres Zimmer.
    Als ich bei dem düsteren Gebäude ankam, sah ich dort meinen Bruder Valentine neben der imposanten Gestalt von George Washington Matsell auf der massiven Vortreppe stehen, in ein ernsthaftes Gespräch vertieft. Sogar Val zeigte Matsell gegenüber einen gewissen Respekt: Er hatte die Hände nicht in die Taschen geschoben, nur einer seiner breiten Daumen steckte im Armloch seiner Weste, die über und über mit Maiglöckchen bestickt war. Unglaublich!
    »Captain Wilde«, sagte ich. »Guten Tag, Chief Matsell.«
    »Wo in Gottes Namen haben Sie den ganzen Morgen gesteckt?«, fragte Matsell, als er mich sah.
    »Ich habe mich um ein Mädchen gekümmert, das ganz mit Blut besudelt war. Aber machen Sie sich keine Gedanken, am Ende war es doch nichts. Wie geht es Ihnen, Sir?«
    »Nicht sehr gut«, antwortete er.
    Valentine zupfte zerstreut an seiner Lippe.
    »Weshalb denn nicht?«, fragte ich und hielt meinen Stern-Anstecker umklammert, in der freudigen Erwartung, ihn gleich meinem Bruder ins Gesicht zu schleudern.
    »Weil wir in meinem Bezirk in der Mercer Street ein genistertes Kindchen gefunden haben«, erwiderte Val. »Ganz ohne Klufterei, übel aufgefezzt, so zersäbelt, dass du dein Frühstück wieder von dir geben möchtest. Und dabei war es ein nettes kleines Kerlchen. Wir wollen das beducht halten, aber das ist leichter gesagt als – wo zum Teufel ist dein Kupferstern, junger Kamerad?«
    Zu meiner eigenen großen Überraschung schleuderte ich ihm den Stern, nachdem ich ihn aus der Tasche genommen hatte, keineswegs ins Gesicht. Ich steckte ihn mir wieder an.

6
    Alle Verfolgungen, welche die wahre Kirche von den Heiden, den Juden und dem Rest der Welt zu erdulden gehabt hat, sind nichts im Vergleich zu der unerbittlichen Grausamkeit, die sie von diesem unersättlichen Menschenmörder erleiden musste.
    Über den Papst, Orange County Protestant
    Reformation Society, 1843.
    An jenem Morgen kehrte ich nicht zu meiner üblichen Streifenrunde zurück. Matsell schickte mich mit Val zu dem neuen Polizeirevier im Achten Bezirk, das sich an der baumbestandenen Ecke Prince Street und Wooster Street befand. Zugegeben, ich hatte recht nachdrücklich darauf bestanden. Es hatte sich mittlerweile herumgesprochen, dass ich Aidan Rafferty gefunden hatte, was höchstwahrscheinlich ausschlaggebend dafür gewesen war, dass er mir die Erlaubnis gab. Ich nehme an, der Polizeichef hatte einem hart gebeutelten neuen Rekruten etwas Gutes tun wollen, denn das Auffinden eines toten Säuglings stand selbst in New York ganz oben auf der Liste der Dinge, mit denen man seine Morgenstunden nicht gern verbringt. Woran mich Valentine in seiner taktvollen Art erinnerte, als wir in einer Mietdroschke nordwärts fuhren.
    »Ich hab von dem erstickten irischen Schreiling gehört. Du wolltest dich verzupfen, stimmt’s?«, fragte er, die Hände auf dem Griff seines Spazierstocks, die Beine so lässig gespreizt, wie es in dem kleinen Einspänner nur möglich war. Vals jugendliches Gesicht war vor Ärger verzerrt, sogar seine Tränensäcke waren verschwunden, jetzt war die Haut unter seinen Augen straff gespannt.
    »Das wär eine schöne Bescherung für mich gewesen, Tim. Ich hab Matsell versprochen, dass du der Aufgabe durchaus gewachsen bist.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dich darum gebeten zu haben.«
    »Hab’s

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