Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
Vom Netzwerk:
wurden beseitigt, sagen Sie?«
    »Ja, aber ...«
    »Wenn es welche zu finden gibt, dann werden wir sie finden«, schloss er und eilte schon davon.
    Wir überlegten, dass es letztlich unpraktisch wäre, mit dem Omnibus nach Norden zu fahren, da wir dann zu weit im Süden der Ninth Avenue herauskommen würden. Und so saß ich eine Stunde später in einer großen Mietdroschke, zusammen mit einer sehr gedämpften Bird Daly, einem ernsten Polizeichef Matsell und Mr. Piest, dessen wilde silbrige Mähne seinen Kopf umstand wie unzählige eifrige Ausrufezeichen. Matsell vertraute ihm offensichtlich, warum, wusste der Herrgott allein. Drei Schaufeln klapperten unter unseren Füßen, und immer wenn Birds Blick zufällig darauf fiel, sprang er sofort wieder woanders hin, über das geöffnete Verdeck der Droschke hinweg zu den Gebäuden, die immer kleiner wurden, je weiter wir uns von den mächtigen Steintempeln in der Mitte der Stadt entfernten. Meine eigenen Nerven vibrierten wie Geigensaiten bei dem Gedanken, Bird könnte Dutzende von Leichen einfach erfunden haben, nur um mich abzulenken. Merkwürdig, dabei machte ich mir doch gar nichts aus der Polizeiarbeit.
    »Verzeihen Sie, aber haben Sie wirklich die Zeit, sich mit dieser Art von Ermittlung abzugeben?«, fragte ich, als mir dämmerte, dass Polizeichef Matsell tatsächlich entschlossen war, selbst die Schaufel zu schwingen.
    »Sollte Silkie Marsh etwas damit zu tun haben, ja, auch wenn Sie das ganz und gar nichts angeht«, antwortete er freundlich, breitbeinig auf dem gepolsterten Sitz den Platz von zwei Männern beanspruchend. »Nun, wie haben Sie es geschafft, so schnell so viel herauszufinden?«
    Ich ließ Birds verschiedene Lügenversionen aus, und so war die Sache schnell erzählt. Polizeichef Matsell versank am Ende in stirnrunzelndes Grübeln und ignorierte uns im Folgenden völlig, während Mr. Piest mich mit etwas anstrahlte, das man nur als überschwängliche Begeisterung bezeichnen konnte.
    »Erstklassige Ermittlungsfähigkeiten, Mr. Wilde.« Seine zerlumpten Ärmel blieben ordentlich verschränkt auf dem Schoß liegen, die Schnürstiefel schlugen unbeholfen gegen die Schaufeln. »Ich bin mein Leben lang Wachmann gewesen, und tagsüber habe ich auch als Privatermittler verlorene Gegenstände ausfindig gemacht. Verlorene Dinge zu finden, zumindest für eine Belohnung, das ist es, was ich schon immer getan habe. Aber einen Namen finden«, sagte er und klopfte mit einem krummen Finger gegen sein Kinn – oder besser gesagt dahin, wo sein Hals auf sein Gesicht traf –, »das ist das Schwierigste von allem, Sir. Ich gratuliere Ihnen zu dieser Leistung! Aber sicher doch! Die Windpocken. Ich versichere Ihnen, heute Abend werde ich auf Ihr Wohl trinken.«
    Bird und ich tauschten einen Blick, der klar zum Ausdruck brachte: verrückt, aber harmlos . Ich fühlte einen kleinen goldenen Funken der Verbundenheit zwischen uns beiden aufflackern. Dann starrte sie wieder einsam auf die vorbeiziehenden Backsteinhäuser. Sie wartete auf den Augenblick, an dem wir den Rand der ständig wachsenden Metropole erreichen würden.
    Das geschah an der Dreiundzwanzigsten Straße, nah beim reißenden Hudson. Das Straßenraster geht auf ganz selbstverständliche Weise immer weiter, als sei es in die Erde hineingebrannt, auch wenn einige Straßen auf unheimliche Weise plötzlich von Stein zu Erde wechseln, während jeden Tag neue unerbittlich gepflastert werden. Selbst so weit im Norden sind der Broadwayund die Fifth Avenue dicht bevölkert und wachsen immer weiter. Aber an der Ninth Avenue ist es noch richtiggehend ländlich. Hätten wir einen anderen Auftrag gehabt, und hätte die Sorge nicht wie ein fester Knoten in meinem Magen gesessen, als wir mit unseren Schaufeln ausstiegen, hätte ich mich ganz wie zu Hause gefühlt. Wir hatten die umherstreifenden Straßenschweine zusammen mit den Marktständen hinter uns gelassen, und außerhalb der Stadt war die Luft köstlich sauber. Kein Holzrauch, keine ausgeschütteten Nachttöpfe, keine faulenden Fischdärme. Nur hin und wieder eine eingezäunte Farm, Mais, der ebenso hell schimmerte wie die zahllosen glitzernden Felsen, die durch die Rutenhirse stießen, und über allem der Duft des Zuckerahorns, als wir zu dem unklar definierten Zielpunkt marschierten.
    Idyllisch, unter anderen Umständen.
    Wir machten Halt an der Stelle, die in etwa die Kreuzung der beiden genannten Straßen sein dürfte. Jeder von uns blickte verstohlen von links

Weitere Kostenlose Bücher