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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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zitterte, dass sie kaum Luft bekam, da schon, glaube ich. Und heute ganz bestimmt.
    Denn wenn wir nicht gewesen wären, wer hätte sie jemals gefunden?

9
    ... es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie der PAPISMUS, diese Götzenanbetung des Christentums, in Amerika eingeführt werden könnte, die ich gegenwärtig nicht einmal andeutungsweise nennen möchte ... Indes, meine werten Landsleute, gestattet mir, euch alle zu warnen, die ihr eure kostbare bürgerliche Freiheit und alles, was euch sonst lieb und teuer ist, achtet, und lasst mich euch sagen: Seid auf der Hut vor dem PAPISMUS.
    Samuel Adams, Boston Gazette,
    4. April 1768.
    New York City nimmt die Südspitze der Insel Manhattan ein, wo die Schifffahrt einen gewaltigen Aufschwung erlebt, und wenn wir nicht mehr genug Platz zum Leben und Arbeiten haben, breiten wir uns nach Norden aus. Greenwich Village zum Beispiel, wo ich geboren wurde, geht inzwischen ganz in New York auf, und die Vorstellung, dass die bessere Gesellschaft jetzt das Land nördlich der Vierzehnten Straße bewohnt, finde ich immer wieder verblüffend. So viele Menschen teilen sich die winzige Landmasse der eigentlichen Stadt, dass diese wenigen Quadratmeilen in zwölf Bezirke aufgeteilt sind. Und ich war gerade im Begriff zu entdecken, dass sich einem, wenn man mitten in den Wäldern eine gottlose Begräbnisstätte ans Tageslicht gebracht hat, schon bald die recht drängende Frage stellt, wo man sich Hilfe holen soll.
    Der Zwölfte Bezirk unfasst alles, was nördlich der Vierzehnten Straße liegt, vom Union Square Park bis zu den imposanten Gebäuden in der Fifth Avenue nördlich der Fürsorgeanstalt Houseof Refuge, von einem Fluss zum anderen. Aber das Polizeirevier, das für den Zwölften Stadtbezirk zuständig war, lag unvorstellbar weit weg, hinter den Wäldern, in dem beschaulichen und freundlichen grünen Farmer-Städtchen Harlem, wo die Zäune idyllisch schief standen und holländische Hausfrauen einander zuwinkten, während sie auf ihrer weiß getünchten Veranda Kaffee tranken, und es wäre unsinnig gewesen, auf der Suche nach Hilfe die Boston Post Road hinaufzugaloppieren, wo es Hilfe auch so viel näher gab.
    Also spannte Mr. Piest eines der Pferde aus der Mietkutsche aus, während ich mir das andere nahm, was dem Kutscher überhaupt nicht gefiel. Doch ich kann mich nicht entsinnen, dass uns das sonderlich geschert hätte. Wir gelobten, die Tiere so schnell wie möglich zurückzubringen. Piest ritt wie der Teufel zum Union Market in der Vierzehnten Straße, dem Elften Bezirk, und ich ritt mit Bird, die steif und zugleich halb bewusstlos vor mir saß, Richtung Elizabeth Street, um sie Mrs. Boehms Obhut zu übergeben.
    Matsell stand da, eine Hand über die Schaufel gelegt, und sah uns nach, als wir fortritten. Die Jacke ausgezogen, die Schultern bullig, die Lippen fest zusammengepresst. Wahrscheinlich in dem innigen Wunsch, dieser Tag wäre anders verlaufen.
    Mrs. Boehms Ärger löste sich in Luft auf, als sie Birds Haltung sah – konzentrierte Bewegungen, die künstlich und linkisch zugleich wirkten, als habe sie nie wirklich laufen gelernt. Ich wollte bei ihr bleiben. Aber ich brannte auch darauf, mir anzuschauen, was wir gerade entdeckt hatten. Und so verabschiedete ich mich mit einem Tippen an die Hutkrempe wieder von der Hausherrin, die das kleine Mädchen an sich gezogen hatte und in ihre weiten Röcke hüllte, und in der Abenddämmerung galoppierte ich zurück zu dem quecksilbrigen, nach oben ausfransenden Rand von New York.
    Überall waren Polizisten. Zwei Deutsche, die am einen Ende dessen, was jetzt ein breiter Graben voll krümeliger Erde war, weitergruben, ein amerikanischer Rowdy und ein ehemaligerBrite am anderen, dazwischen eine Gruppe von Iren, die zusammenpassende Knochenstücke in verschiedene Säcke packten. Piest lief geschäftig hin und her und überwachte das Anzünden der Fackeln. Doch die ließen das Dämmerlicht nur noch dunkler wirken, und ein böswilliger Lufthauch wehte einen Schwall menschlicher Verwesung hinauf in unsere Nasen. Es gibt nichts, was ähnlich riecht, und der Geruch verfolgt einen stundenlang. Tagelang. Ich ging zu Matsell hinüber.
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte er und sah mich dabei nicht an. »Die können nicht alle von Silkie Marsh kommen.«
    »Weshalb nicht, Sir? Über die Jahre sind sicherlich Dutzende von Kindern durch ihr Bordell gegangen. Es ist nicht unmöglich, dass einige von ihnen hier begraben sind.«
    »Gewiss,

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