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Der Teufel von New York

Der Teufel von New York

Titel: Der Teufel von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyndsay Faye
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erhitztem Stein in unsere Nasenlöcher schickte. Bird hatte sich wieder die Jungenhose und die lange, geknöpfte Bluse angezogen und zusätzlich ein Stück Sackleinen als Gürtel umgebunden. Sie sah aus wie ein Straßenkehrer, der einem für eine kleine Münze eine Straßenecke sauberfegt.
    »Woher weißt du, wo diese Dutzende von Kindern begraben liegen?«, fragte ich. Und versuchte, Dutzende nicht ganz in dem ironischen Tonfall zu sagen, den ich auch für Millionen verwendet hätte.
    »Ich habe mal gelauscht, als der Mann mit der schwarzen Kapuze da war«, antwortete sie, während sie ihren wachsamen Blick beständig von links nach recht schießen ließ, hin und her zwischen den Eingängen von Flickschustern und Spirituosenhändlern. »Meine Freundin Ella war plötzlich fort, und in jener Nacht sah ich ihn kommen. Er stieg aus einer Kutsche und ging in den Raum, den er immer benutzt, unten im Keller. Ich habe den ewig nicht gefunden, müssen Sie wissen, und er ist immer verschlossen, ich musste erst den Schlüssel klauen. Als der Mann ging, stand ich an einem Fenster. Sie luden hinten ein Bündel in die Kutsche, er stieg auch ein und sagte ›Ninth Avenue Ecke Dreißigste Straße‹.«
    »Es gibt nichts an der Kreuzung Ninth Avenue und Dreißigste, nichts als Wald und Ackerland und leere Straßen.«
    »Wozu sollten sie also sonst da hinfahren?«
    Mit dem Verdacht, an der Nase herumgeführt zu werden, ein mir leider sehr vertrautes Gefühl, führte ich Bird hinauf zu dem gewaltigen Eingang zu den Tombs. Sie hatte vorher so viel Angst gehabt, dorthinzugehen, dass ich schon befürchtete, sie könnte beim bloßen Anblick des Gebäudes wegrennen. Aber sie starrte nur ehrfürchtig nach oben.
    »Wie haben sie die Fenster zwei Stockwerke hoch gemacht, über die ganze Wand?«, fragte sie, als wir den soliden Steinbau betraten und uns kühle Luft entgegenwehte.
    Es war nur gut, dass ich ihr nicht antworten musste, denn ichhatte nicht die geringste Ahnung. Von den Büros rief jemand meinen Namen durch den kathedralenartigen Flur, in einem durchdringenden Bariton, bei dem man automatisch eine gerade Haltung annahm.
    »Wilde, hierher!«
    George Washington Matsell trug einen Stapel Dokumente unter seinem dicken Arm, und der Blick unter seinen strengen Brauen hervor war so finster, dass meine Füße ganz schwer wurden. Wir stiegen hinauf zu meinem düsteren, elefantenhaften Polizeichef. Er sah Bird gar nicht an, jedenfalls nicht direkt. Vielmehr nahm er ihre Gegenwart nebenbei mit seinem stählernen, alles erfassenden Blick auf, der nur auf mich gerichtet war. Dadurch wirkte er wie ein majestätisches Monument, errichtet zu seinem eigenen wohlverdienten Ruhm.
    »Ihr Bruder, Captain Valentine Wilde«, hob Matsell an, »ist ein Mann, der die Dinge anpackt und zu Ende bringt. Kann die Demokratische Partei aus einer bestimmten Aktion einen Nutzen ziehen, so führt er diese Aktion buchstabengetreu aus. Wütet eine Feuersbrunst, befreit er die Lebenden aus ihren Klauen, und dann löscht er den Brand. Er wird dieselbe Entschlossenheit auch in den Polizeidienst einbringen, denke ich. Und das ist der Grund, warum ich heute Morgen gezwungen war, einen fehlenden Streifenpolizisten zu ersetzen. Bereitete mir das Umstände? Ja. Vertraue ich Ihrem Herrn Bruder? Ja. Also, sagen Sie mir, Mr.  Wilde, was der Streifenpolizist, den ich da ersetzen musste, heute Nachmittag unternommen hat – zeigen Sie mir, dass Ihr Bruder recht hatte.«
    »Der Name des toten Kindes lautet Liam, einen Nachnamen hatte es nicht«, antwortete ich. »Der Junge kam aus einem Haus der Sünde, das einer gewissen Silkie Marsh gehört, die anscheinend zu den Bekannten meines Bruders zählt. Hier haben wir eine andere ehemalige Bewohnerin dieses Hauses, Bird Daly, welche behauptet, weitere Kinder seien auf dieselbe Art und Weise ins Jenseits befördert worden, und welche angeblich weiß, wohin diese verbracht worden sind. Ich habe vor, diesen Behauptungenauf den Grund zu gehen, und dazu benötige ich Hilfe. Und ein paar Schaufeln, könnte ich mir denken. Wenn Sie gestatten, Sir.«
    Das Lächeln, das ich in seinem Versteck hinter Matsells Zähnen hatte lauern sehen, blitzte jetzt in voller Stärke auf. Er wurde allerdings schnell wieder ernst, dunkle Gedanken brauten sich hinter seinen Augen zusammen.
    »Silkie Marsh, sagten Sie«, wiederholte er leise.
    »Das sagte ich.«
    »Seien Sie so gut und sprechen Sie diesen Namen hier in den Tombs nie wieder aus. Weitere Kinder

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