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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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ich eine Leichenschau an Eurem Vater vornehmen«, erklärte er. »Ich nehme an, es ist Euer Vater.« Utz nickte wie betäubt und öffnete den Mund. Doch außer einem Krächzen kam nichts über seine Lippen. »Der Tod eines solch reichen Herrn muss untersucht werden. Um ein Verbrechen auszuschließen«, ergänzte der Arzt mit einem dünnen Lächeln. Utz kroch ein Schauer über den Rücken. War das normal? Musste einer Leichenschau nicht ein handfester Verdacht oder gar eine Anzeige vorausgehen? Als die Gassenknechte sich mit dem Verstorbenen zum Gehen wandten, rang er um Haltung. Was wurde in einer solchen Lage von einem einflussreichen Mitglied der Kaufmannszunft erwartet – und das war er ja wohl jetzt?
    Musste er Einspruch einlegen? Oder musste er sich dem Befehl des Bürgermeisters ohne Widerrede fügen? Ehe er eine Entscheidung treffen konnte, knirschte bereits der Schnee unter den Stiefeln der Bahrenträger, welche die Halle verlassen hatten. »Aber«, stammelte er, doch der Stadtarzt schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. »Wenn Euer Vater eines natürlichen Todes gestorben ist, habt Ihr nichts zu befürchten.« Er stülpte sich einen Filzhut auf den Kopf, um sich vor der eisigen Februarkälte zu schützen. »Ich werde mich beeilen, damit Ihr ihn so schnell wie möglich beisetzen könnt.«

Kapitel 4
Ulm, Februar 1447
    Obgleich die Sonne aus einem strahlend blauen Himmel lachte, war der Morgen bitterkalt. Die dreizehnjährige Sophia von Katzenstein war froh, die pelzverbrämte Heuke – den dunkelgrünen Mantel – angelegt zu haben, da dieser auch ihren Kopf bedeckte. Ihr rotes Haar, lediglich von einem dünnen Schleier zusammengehalten, stahl sich zwar bereits unter der Kapuze hervor, aber das störte sie nicht besonders. Dankbar dafür, der Versuchung widerstanden zu haben, die modisch spitzen Schnabelschuhe anzuziehen, stapfte sie in ihrem stabileren Schuhwerk durch gefrorenen Matsch und Schnee. Ihre beiden Begleiter – zwei Reisige ihres Vaters – sorgten nicht nur für ihren Schutz. Sie halfen ihr auch über Unrat und Abwasserrinnen hinweg. Eine der Mägde schlich schüchtern hinter der kleinen Gruppe her, um die Einkäufe zu tragen, die ihre Herrin auf dem Markt tätigen wollte. Nachdem sie das Stadthaus ihres Vaters, des Ritters Johann von Katzenstein, verlassen hatten, steuerten sie auf den – trotz der frühen Stunde – belebten Münsterplatz zu. Und obwohl Sophia das gewaltige Bauwerk bereits bei ihrer Ankunft bestaunt hatte, zog das nahezu fertiggestellte Gewölbe des Chors ihren Blick magisch an. Auch über der Turmhalle und den Seitenschiffen wuchsen hölzerne Stützkonstruktionen in die Höhe. Das Schlagen der Zimmermannshämmer vermischte sich mit dem Klirren der Schlageisen und dem Geschrei der Mörtelträger.
    Einen Augenblick lang war das Mädchen versucht, stehen zu bleiben und dem geschäftigen Gewimmel zuzusehen, aber der größere ihrer beiden Begleiter fragte schroff: »Wohin wollt Ihr zuerst?« Sophia zuckte bei dem rauen Ton zusammen und errötete vor Ärger. Warum nur hielt es keiner der Männer ihres Vaters für nötig, ihr den gebührenden Respekt entgegenzubringen? Ihre grünen Augen funkelten, als sie sich zu dem Hünen umwandte und spitz versetzte: »Meine Großmutter braucht zehn Ellen Tuch und einige Kräuter und Gewürze. Außerdem hat sie mir aufgetragen, Trauben, Feigen, Fleisch und Butter mitzubringen.«
    Bei der Erwähnung ihrer Großmutter änderte sich die Haltung des Mannes. Sein Gesicht schien an Farbe zu verlieren. »Dann sollten wir zuerst die Lebensmittel besorgen«, stellte er nüchtern fest und wies mit dem Kopf in Richtung Süden. Dort, am Fuße des farbenprächtig bemalten Rathauses, tummelten sich bereits zahllose Kaufwillige. Eine rote Fahne flatterte über dem Treiben im Wind. Diese verkündete weithin sichtbar, dass heute der letzte vollständige Markt vor Beginn der Fastenzeit stattfand. Während sie die halbe Meile zurücklegten, fragte Sophia sich, ob die raubeinigen Dienstmänner ihres Vaters sich genauso vor ihrer Großmutter fürchteten wie sie selbst. Zwar war Helwig von Katzenstein mit ihren fünfundsechzig Jahren eine gebeugte Greisin, aber die dunklen Künste, die sie beherrschte, flößten nicht nur Sophia Angst ein. Auch ihr Vater schien großen Respekt vor seiner Mutter zu haben, da er sein polterndes Temperament in ihrer Gegenwart im Zaum hielt. Zwar kam es hie und da zum Streit zwischen dem aufbrausenden Ritter und der alten

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