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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Frau, doch es schien stets Helwig zu sein, die bei diesen Auseinandersetzungen den Sieg davontrug. Die Ankunft auf dem Marktplatz vertrieb alle Gedanken an Helwig, denn mit einem Mal fand sich Sophia inmitten eines dichten Menschenknäuels wieder.
    Direkt vor ihr zwängte sich ein junger Mann mit einem Traggestell voller Brezeln an den schimpfenden Marktbesuchern vorbei, und zu ihrer Linken trieb ein schmutziges Mädchen ein halbes Dutzend Schweine zwischen den Beinen der Besucher hindurch. Das Brüllen des Viehs übertönte beinahe das Geschrei der Fleischer, Bäcker und Fischer, welche allesamt ihre Waren anpriesen. Während einige der Buden lediglich aus dicken, mit Stoff bespannten Stangen bestanden, waren andere stabil zusammengezimmert und mit bunten Bildern geschmückt. Essig, Speckkuchen, Salz, Schaffüße und Holz wurden genauso lautstark angeboten wie Käse, Honig, Leder, Wachs und Wolle. Am Stand eines Fleischhändlers drückten zwei Marktaufseher Fleischstempel in die Ware, und etwas weiter entfernt wurden die Gewichte eines Getreidehändlers überprüft. Als Sophia endlich einen Fischverkäufer entdeckte, nahm sie erleichtert zur Kenntnis, dass seine Fässer das Brandzeichen der Stadt trugen – der Fisch also vom heutigen Morgen war.
    Während sie das Gewimmel genoss und nach und nach die Dinge erstand, die man ihr aufgetragen hatte, fragte sie sich, wann sie wohl wieder nach Katzenstein aufbrechen würden.
    Seit drei Wochen wohnten sie jetzt bereits in dem Stadthaus – länger als je zuvor. Normalerweise drängte ihre Großmutter bereits nach wenigen Tagen wieder zur Rückkehr aufs Land, da sie den Gestank der Stadt nicht ausstehen konnte. Aber dieses Mal schien sie etwas in Ulm zu halten. Sophia seufzte und widerstand der Versuchung, etwas Färberröte oder Schminkfarbe aus Brombeersaft für sich zu erstehen. Sicherlich würde ihre Großmutter Rechenschaft für jeden einzelnen Pfennig von ihr verlangen. Während sie die gelangweilten Mienen ihrer Begleiter ignorierte, schlenderte sie durch die Gassen zwischen den Buden und hoffte, dass Helwigs Geduld anhalten würde. Warum konnten sie nicht immer in der Stadt wohnen? Wie viel abwechslungsreicher und leichter das Leben in Ulm war! Nicht so langweilig und öde wie auf Burg Katzenstein. Ein Hoffnungsschimmer malte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Vielleicht hatte ihr Vater Helwig endlich dazu überredet, dass es besser war, dem kalten, zugigen Gemäuer den Rücken zu kehren. Vielleicht war der Erwerb einer neuen Rüstung nur ein fadenscheiniger Grund gewesen, um ihre Großmutter in die Stadt zu locken und ihr vor Augen zu führen, um wie viel bequemer es hier war. Ihr Blick wurde von einem jungen Burschen in schreiend bunter Kleidung angezogen und sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Und außerdem sahen die Männer in der Stadt viel besser aus als die grobschlächtigen Kerle auf Katzenstein. Das Feuer in ihren Wangen verstärkte sich, als der Jüngling ihr einen allzu offenen Blick zuwarf. Hastig senkte sie den Kopf.
    Allerdings gewann ihre Neugier nach einigen Augenblicken wieder die Oberhand. Verstohlen sah sie sich nach ihm um. Ohne Erfolg. Denn wie all die anderen Marktbesucher vor ihr, war auch er von dem Strom der Besucher weitergespült worden. Eine schrille Stimme zu ihrer Rechten ließ sie den Kopf wenden. Am Stand eines Pelzhändlers schimpfte eine fette Dame auf den Verkäufer ein, der entschuldigend die Achseln zuckte. »Die Preise sind gestiegen. Ich kann Euch diesen Zobel nicht für weniger überlassen.« »Das ist Raub!«, keifte die Dame weiter und schob die gezupften Brauen zusammen. »Ich werde Euch der Marktaufsicht melden!« Der Mann hob resigniert die Hände und gab mit öliger Freundlichkeit zurück. »Warum seht Ihr Euch nicht bei den anderen Pelzhändlern um. Wenn Ihr irgendwo einen besseren Preis bekommt, dann gehe ich mit.« Er schob die Hände unter eines der Felle – vermutlich, um sie zu wärmen. »Aber ich bezweifle es.« Seine Kundin schnaubte verächtlich und griff nach ihrer Schleppe, um erzürnt davonzurauschen. Auch wenn es schneidend kalt war an diesem Tag, hatte die korpulente Dame davon abgesehen, ein Übergewand anzulegen. Stattdessen stolzierte sie in einer gefütterten, blutroten Fucke über den Platz. Bauschige, saphirblaue Seidenärmel reichten bis zum Boden. Um ihren fleischigen Hals hingen drei schwere Perlenketten. Die wulstigen Finger waren mit Ringen überladen, und ein mit Silberplättchen

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