Der Teufelsfürst
einem Brathuhn und einem Krug Gäste anlockte. Die Fenster des Gebäudes standen trotz der kühlen Witterung sperrangelweit offen. Ulrich hoffte, dass wenigstens ein Feuer in der Stube brannte. Froh darüber, dass zu dieser Stunde kaum Betrieb in dem Schankraum herrschte, steuerte er schnurstracks auf den offenen Kamin zu, in dem zu seiner Erleichterung tatsächlich dicke Buchenscheite knisterten.
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Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Utz von Katzenstein rannte so schnell er konnte, um nicht bis auf die Knochen durchgeweicht zu werden. Da Martin ihn mit einem Gespräch aufgehalten hatte, würde er zu spät zu seinem Treffen mit Ulrich von Helfenstein kommen. Doch das konnte seine gute Laune nicht trüben. Denn der Brief, der ihm an diesem Morgen von einem Boten überbracht worden war, hatte alles verändert. Er setzte über Pfützen hinweg und duckte sich unter Fontänen hindurch, die aus den Mäulern von Wasserspeiern spritzten. Während er kopfschüttelnden Ulmern auswich, schien Martins zerknirschtes Gesicht vor ihm zu schweben und ihn zu mehr Eile anzustacheln. Die unterwürfige Haltung, mit der sein Verwalter ihn um eine Unterredung gebeten hatte, würde ihm vermutlich noch die nächsten Tage versüßen. »Ich wollte Euch nur wissen lassen, dass sich Euer Besitz nicht unbeträchtlich vermehrt hat«, hatte Martin ihm mitgeteilt. Und nicht nur die Verwendung der höflicheren Anrede hatte Utz die Brauen heben lassen. » Mein Besitz?«, hatte er zynisch gefragt. »Noch ist nichts entschieden. An deiner Stelle würde ich das Urteil des Stadtgerichtes abwarten.«
Doch Gemunkel verbreitete sich scheinbar schneller als ein Lauffeuer. Was wohl auch der Grund dafür war, dass Johann von Katzenstein Utz eine Einladung in sein Haus hatte zukommen lassen. »Ich hoffe, Ihr versteht, dass ich nur versucht habe, alles in Ordnung zu halten«, hatte Martin weiter geschmeichelt. Utz hatte große Lust verspürt, ihn mithilfe seiner Faust mundtot zu machen. Sobald seine Habe wieder ihm gehörte, würde er den Verwalter eigenhändig auf die Straße setzen. Das hatte er sich geschworen! Allerdings war dieser Hundsfott jetzt Nebensache – auch wenn Utz dessen katzbuckelnde Unterwürfigkeit mit warmer Genugtuung erfüllte.
Ein leeres Fuhrwerk kam ihm entgegen und steuerte direkt auf eine gewaltige Lache zu. Bevor das Gefährt die schlammige Brühe allerdings aufwühlen und ihn von Kopf bis Fuß beschmutzen konnte, rettete Utz sich in die Herberge, in der er mit Ulrich von Helfenstein verabredet war. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und befreite sich von dem triefenden Mantel. Dann ließ er den Blick auf der Suche nach dem Grafen durch die Stube wandern. Zuerst dachte er, der Helfensteiner hätte das Warten aufgegeben. Aber dann entdeckte er den Gesuchten hinter einer hölzernen Stellwand direkt vor dem offenen Feuer. »Entschuldigt«, keuchte er – außer Atem von dem eiligen Lauf – und ließ sich Ulrich gegenüber auf eine Bank fallen. »Ich wurde aufgehalten.« Ulrich rümpfte die Nase und beäugte Utz verdrießlich. »Man sollte annehmen, die Angelegenheit wäre wichtig genug, um Eure ungeteilte Aufmerksamkeit zu genießen«, versetzte er scharf. »Immerhin geht es um einen gewaltigen Batzen Geld!« Utz spielte den Zerknirschten. Selbst wenn er die Einladung von Johann von Katzenstein als gutes Zeichen deutete, wollte er es sich mit dem potenziellen Helfer nicht verscherzen. Außerdem konnte es ganz sicher nicht schaden, Mitglied in einer Adelsgesellschaft zu werden! Immerhin war er adeliger Abstammung, ja sogar teils Helfensteiner, auch wenn er dieses Geheimnis noch nicht mit Ulrich geteilt hatte. »Entschuldigt«, wiederholte er daher. »Es soll nicht wieder vorkommen.« »Das will ich hoffen«, brummte Ulrich, dessen Groll sich allerdings schon wieder zu legen schien. Er zog etwas unter seinem Wams hervor, das sich als ein Schriftstück entpuppte. Nachdem er dieses entrollt hatte, breitete er es vor Utz aus. »Sobald Ihr diesen Vertrag unterzeichnet habt«, sagte er, »steht Eurer Aufnahme in die Gesellschaft nichts mehr im Wege. Dann müssen wir nur noch den Andreastag abwarten, und dieser Johann von Katzenstein ist Vergangenheit!« Utz rutschte unruhig auf der Bank hin und her. Sollte er Ulrich etwas von der Einladung sagen? Und konnte er dieses Schriftstück so mir nichts, dir nichts unterschreiben? Was, wenn eine gütliche Einigung mit den anderen Katzensteinern möglich war? Brauchte er dann die
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