Der Teufelsfürst
her gerissen zwischen Furcht und Neugier, folgte Sophia der Aufforderung und ließ sich von ihrer Großmutter den Korridor entlang auf die Stube zuschieben.
Durch die geschlossene Tür drangen Männerstimmen in den Gang hinaus, von denen Sophia eine als die ihres Vaters erkannte. Die andere war weniger sonor und wirkte etwas unsicher. Zu Sophias Erleichterung gehörte sie nicht Nikolaus Nidhard. »Du schweigst und isst«, schärfte Helwig ihr ein letztes Mal ein, bevor sie die Tür öffnete und mit einem falschen Lächeln den Raum betrat. Als Sophias Blick auf den Gast fiel, blieb ihr vor Erstaunen der Mund offen stehen. Herausgeputzt mit einer zweifarbigen Hose und einem kurzen, schreiend roten Wams stand ein junger Mann in der Mitte der Stube, den sie nur allzugut kannte: der Bruder des verurteilten Mädchens! Der Sohn des Kaufherrn, den Helwig vergiftet hatte! Ihr Vater überragte den schlanken jungen Mann, der keine Ahnung zu haben schien, dass er sich in ein Natternnest begeben hatte. Als er sich ihr zuwandte und sie anlächelte, leuchteten seine blauen Augen. Das seltsame Gefühl, das sie schon bei dem Prozess in ihrer Magengrube verspürt hatte, kehrte zurück und sorgte dafür, dass ihr auch ohne Helwigs ausdrücklichen Befehl die Worte fehlten. Wie viel besser er aus der Nähe aussah, dachte sie und erschrak über die Oberflächlichkeit ihrer Gedanken. Was zählte es schon, wie er aussah? Viel wichtiger war, wie sie ihn wissen lassen konnte, dass er so schnell wie möglich die Beine in die Hand nehmen sollte.
Lauf weg, hätte sie am liebsten gerufen, aber Helwigs eisiger Blick machte sie mundtot.
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»Es ist ganz sicher klüger, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären«, sagte Johann von Katzenstein an Utz gewandt. Inzwischen war der dritte Hauptgang aufgetragen. Utz fürchtete, er würde platzen, wenn er noch mehr aß. Seit er die Stellung eines Lehrknechts innehatte, bestanden seine Mahlzeiten aus einfachen Speisen, sodass das heutige Festmahl ihm ungewohnt schwer im Magen lag. Zudem befremdete ihn die Art und Weise, wie die Tochter des Hauses ihn ansah, was dafür sorgte, dass er lustlos in der gebratenen Gans mit roten Rüben herumstocherte. »All die Kosten für den Advocatus«, warf die Mutter des Ritters ein, deren Anwesenheit Utz mit Unbehagen erfüllte. Irgendetwas an ihr erschien ihm unheimlich. Ob es die stechenden Augen oder der dünnlippige Mund waren, wusste er nicht. Feststand, dass sie ihm nicht geheuer war. Um nicht sofort antworten zu müssen, führte er einen Bissen zum Mund und kaute so lange auf dem Stückchen Fleisch herum, bis es nichts mehr zu kauen gab. Dann spülte er es mit einem Schluck Wein hinunter und räusperte sich. »Ich denke nicht, dass mein Prokurator damit einverstanden wäre«, versetzte er steif und fragte sich, ob es nicht klüger wäre, das Haus so schnell wie möglich zu verlassen.
Offenbar war der Zweck dieser Einladung einzig und allein, Utz dazu zu bewegen, sich auf einen hanebüchenen Handel einzulassen. All das ließ ihn vermuten, dass Jakob Löws Versprechen, seinen Onkel, den Bürgermeister, auf seine Seite zu ziehen, kein leeres Versprechen gewesen war. Scheinbar sah der Ritter seine Felle davonschwimmen und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Aber dieses Spiel würde Utz auf keinen Fall mitspielen! »Das wäre er ganz sicher nicht«, tönte Johann von Katzenstein gewichtig. »Immerhin verdient er sich an Euch eine goldene Nase. Habt Ihr Euch nicht auch schon gefragt, warum sich die Angelegenheit so lange hinzieht.«
Utz drehte an dem einzigen Ring an seinem Finger – dem Siegelring, den sein Vater immer getragen hatte. Nein, dachte er. Ich habe mich viel eher gefragt, wo diese Urkunde auf einmal herkam. Laut sagte er: »Es wird bestimmt nicht mehr lange dauern, bis das Stadtgericht zu einem Urteil kommt.«
Er tauchte die Hände in eine der Wasserschalen auf dem Tisch und wischte sie an der Hose ab. »Ich danke Euch für die Einladung«, fügte er hinzu und machte Anstalten, vom Tisch aufzustehen. »Aber ich denke, es ist besser, wenn ich mich verabschiede.« Der Tochter des Hauses entfuhr ein kleiner Laut, der Utz dazu veranlasste, sich ihr zuzuwenden. War das Erleichterung in ihren Augen? Ehe er sich die Frage beantworten konnte, ertönte die Stimme der alten Frau. »Einen letzten Zutrunk, bevor Ihr uns verlasst. Es soll kein Groll zwischen unseren Familien sein.« Sie schob Utz den Kelch zu, den sie eigenhändig erneut mit Wein
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