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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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drückte einem herbeigeeilten Knecht die Zügel in die Hand. Über einer silberbeschlagenen Tür prangte ein Schild, auf dem in geschwungenen Lettern geschrieben stand: Linhart Ungelter – Advocatus und Prokurator.
    »Wir sind da«, erklärte Helwig überflüssigerweise und nahm die helfende Hand eines jungen Mannes entgegen, der ihr galant die Stufen in die Halle hinaufhalf. »Der Herr Advocatus erwartet Euch bereits«, flötete der Bursche, dessen schreiend bunte Kleidung Johann den Kopf schütteln ließ.
    Warum um alles in der Welt dachten die jungen Leute nur, dass grell gleichbedeutend war mit geschmackvoll? Er klemmte sich die Handschuhe unter den Arm und erklomm gemeinsam mit seiner Mutter eine breite Treppe ins Obergeschoss, wo mehrere Türen von einem Korridor abgingen. Sowohl die Rahmen als auch die Türen selbst waren mit teurem Schnitzwerk verziert. Der junge Gehilfe betätigte einen silbernen Klopfer. Kaum ertönte ein sonores, »Herein«, öffnete der Bursche und verneigte sich leicht, ehe er die Tür hinter den Besuchern wieder schloss. Johann riss die Augen auf, als er die Einrichtung des Raumes erblickte. Neben einem riesigen, gekachelten Kamin saß ein etwa dreißigjähriger Mann an einem Schreibtisch, auf dem sich Papiere und Bücher türmten. Hinter ihm schmückte ein orientalischer Teppich die Wand, welche von drei hohen, verglasten Fenstern unterbrochen wurde. An der getäfelten Decke hing ein vielarmiger Kerzenleuchter, und in einer Ecke lag ein zusammengerollter Jagdhund. Ein kleiner Altar in einer Nische zeugte von der Gottesfurcht des Hausherrn, der sich erhob, um Helwig und Johann zu begrüßen. »Willkommen«, säuselte er und breitete die Arme aus, um seine Besucher dazu einzuladen, sich in den tiefen Sesseln niederzulassen. Als spüre er, dass Johann nichts weiter als der Begleitschutz seiner Mutter war, wandte er sich mit einem bescheidenen Lächeln an Helwig und fragte: »Wie kann ich Euch helfen? Wenn ich Euren Boten recht verstanden habe, geht es um die Durchsetzung eines Transsumpts .«
    Er hob erwartungsvoll die Brauen. Als Helwig etwas aus den Tiefen ihres Obergewandes zog, beugte er sich ein wenig vor.
    Mit spitzen Fingern streifte Johanns Mutter das Lederband ab, mit dem das Schriftstück zusammengehalten wurde. Dann entrollte sie es beinahe feierlich. Ehe sie es dem Advocatus aushändigte, warf sie diesem einen misstrauischen Blick zu.
    »Die ursprüngliche Urkunde ist verbrannt«, sagte sie in einem Tonfall, der Johann aufhorchen ließ.
    Worum genau ging es hier? Warum hatte Helwig ihm vorher nichts Genaueres von diesem Trans- , wie auch immer, gesagt? Oder hatte sie das? Und er hatte einfach – wie so oft – nicht zugehört? Er verfolgte gespannt, wie sich die Lippen des Juristen wortlos bewegten, während er die Urkunde überflog.
    Schließlich ließ er sie mit einem Stirnrunzeln in seinen Schoß sinken und kniff sich mit Daumen und Zeigefinger in die Nase. »Hm«, murmelte er nach einigen Atemzügen und griff nach einer Brille, um das Siegel erneut in Augenschein zu nehmen. »Es scheint alles in Ordnung.« Helwig entspannte sich sichtbar und Johanns Neugier verstärkte sich. Was hatte seine Mutter jetzt schon wieder ausgeheckt? War das der Grund, aus dem sie es so untypisch lange in der Stadt aushielt? Helwig faltete die Hände über dem Bauch und lehnte sich zurück.
    »Aber es ist schon einige Jahre alt«, bemerkte der Advocatus verwundert. »Warum habt Ihr es nicht schon vorher zu mir gebracht?« Helwig zuckte die Achseln und erwiderte: »Ihr wisst doch, wie es ist. Dinge geraten in Vergessenheit.« Die Augen des Juristen weiteten sich erstaunt. »Lasst mich sehen, ob ich den Sachverhalt begreife: Ihr habt Euch vor mehr als zwanzig Jahren die Mühe gemacht, eine Schenkungsurkunde – versehentlich gesiegelt vom Abt des Klosters Herbrechtingen – vom Ulmer Stadtgericht in einem Transsumpt zitieren und bestätigen zu lassen und habt es dann vergessen?« Sein Tonfall hatte sich geändert, und einen Moment lang dachte Johann, seine Mutter würde aufbrausen. Doch dann verzogen sich ihre faltigen Lippen zu einem freudlosen Lächeln und sie gab ungerührt zurück: »Das seht Ihr vollkommen richtig.«
    Ihre Miene verhärtete sich. »Aber das braucht Euch nicht zu interessieren. Wenn ich richtig informiert bin, erhaltet Ihr ein Erfolgshonorar.« Sie deutete auf das Schriftstück. »Das sollte Euch in diesem Fall wohl Ansporn genug sein.« Der Advocatus warf Johann einen

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