Der Teufelsfürst
prüfenden Blick zu, den dieser ausdruckslos erwiderte.
»Ihr wisst aber auch,« versetzte der Rechtsberater schließlich listig, »dass ich im Falle eines Misserfolges kein Geld von Euch verlangen kann. Ihr hättet sogar Anspruch auf Schadensersatz.« Seine Augen suchten erneut die Urkunde. »Und bei einer so einflussreichen Familie wird es nicht leicht sein, die Anerkennung des Transsumpts schnell durchzusetzen.« Wollte der Mann seine Mutter abwimmeln?, fragte sich Johann mit anschwellendem Zorn, doch Helwig stieß lediglich die Luft durch die Nase aus und kräuselte die Lippen. »Nun«, sagte sie nach einigen Augenblicken des Schweigens. »Niemand zwingt Euch dazu, uns vor Gericht zu vertreten.« Sie machte Anstalten, sich zu erheben. »Vielleicht ist ja einer Eurer Kollegen etwas weniger ängstlich.« Der Mund des Advocatus öffnete sich zum Protest, doch etwas in Helwigs Miene ließ ihn einen scheinbar ergebenen Seufzer ausstoßen. »Aber natürlich will ich Euch vertreten«, entgegnete er. »Es ist nur so, dass Ihr Euch mit einem der einflussreichsten Handelshäuser der Stadt anlegt. Der Name von Katzenstein bedeutet etwas in Ulm.«
Helwig erhob sich und streckte die Hand nach der Urkunde aus. »Dann sollte Euch klar sein, dass mit mir ebenfalls nicht gut Kirschenessen ist«, erwiderte sie scharf. »Immerhin trage ich denselben Namen!« Johann kam ebenfalls auf die Beine.
Nachdem seine Mutter das Dokument wieder verstaut hatte, fügte sie ruhig hinzu: »Ich denke, der Zeitpunkt ist ideal. Wenn die Gerüchte stimmen, die mir zu Ohren gekommen sind, hat der ach so wichtige Handelsherr vor Kurzem das Zeitliche gesegnet.« Der untersetzte Advocatus sprang auf und trat hinter seinem Schreibtisch hervor, um sich entschuldigend vor Helwig zu verneigen. »Bitte vergebt mir«, murmelte er. »Die Größe der Summe, um die es geht …« Er brach den Satz ab und senkte den Blick, in dem Johann einen Funken der Gier hatte aufblitzen sehen. »Es stimmt. Der Zeitpunkt könnte günstiger kaum sein. Ich werde noch heute bei Gericht vorsprechen und Euer Anliegen erläutern.«
Kapitel 8
Burg Hohengerhausen, Februar 1447
Der Graf Ulrich von Helfenstein glitt mit einem erleichterten Ausatmen aus dem Sattel. Nach dem Sonnenschein der vergangenen Tage hatte sich gestern Nebel in die Täler gestohlen, der sich nur zäh auflöste. Sowohl seine Hände als auch seine Füße waren steif gefroren von dem langen Ritt von Urach nach Blaubeuren, vor allem aber sein Gesicht brannte von der schneidenden Kälte. Noch nie war ihm der dreigeschossige Wohnturm so einladend vorgekommen wie in diesem Moment. Das Hufgetrappel seiner Begleiter hallte noch von den Zwingermauern wider, als er mit langen Schritten auf den Eingang des Palas zuhastete, um sich möglichst schnell am Feuer in der Halle zu wärmen. Dort wimmelte es bereits von den Männern, die sein Dienstherr, Graf Ludwig von Württemberg, vorausgeschickt hatte, damit sie die neu erworbene Festung in Besitz nehmen konnten. Auch wenn Ulrich eigentlich froh darüber war, die Burg Hohengerhausen – einen der vielen Zankäpfel zwischen ihm und seinem Bruder Konrad – endlich los zu sein, erfüllte ihn der Anblick all der Fremden mit leisem Bedauern. Auf einem felsigen Bergsporn hoch über dem Flüsschen Blau gelegen, überblickte die Feste nicht nur die verschneiten Albhöhen und die waldumkränzten Täler, sondern zeugte auch von der Kühnheit ihrer Erbauer.
Denn der gewaltige Wohnturm thronte auf einem Steinbogen, der einen schwindelerregenden Abgrund überspannte.
Ohne auf die Blicke der Bediensteten zu achten, bahnte Ulrich sich einen Weg zur Feuerstelle und ließ sich auf eine Bank davor sinken. Wortlos nahm er einen Krug heißen Wein von einer Magd entgegen und warf den blauen Waffenrock über die Schultern. Als er mit dem Finger an dem daran befestigten vergoldeten Stern hängen blieb, verkniff er sich eine Verwünschung und nahm einen tiefen Schluck.
Wie lange die 40 000 Gulden, die Ludwig von Württemberg für Hohengerhausen bezahlt hatte, wohl reichen würden, fragte er sich. Hoffentlich länger als die 24 000 Gulden, welche er und sein Bruder Konrad erst im letzten Jahr von der Stadt Ulm erhalten hatten. Für diese Summe hatten sie dem Bürgermeister und dem Rat die Hälfte der Zölle von Geislingen, Kuchen, Itzelberg, Nattheim, Heidenheim, Gussenstadt, Stubersheim, Merklingen und Blaubeuren verkauft.
Auch wenn ihnen das eigentlich überhaupt nicht zugestanden hätte. Er
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