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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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wozu er geboren war: Kämpfen. Ein kalter Schauer kroch seinen Rücken hinauf, als diesem Gedanken unweigerlich ein anderer folgte. Beinahe sieben Jahre lang hatten seine Fertigkeiten brachgelegen. Und er war immer steifer und ungelenker geworden, weil seine Tage mit albernen Knabenübungskämpfen, langweiligem Unterricht und hohlem Geschwätz gefüllt waren. Die Rechte zuckte zu dem Brandmal unter seinem Panzerhemd. Oder mit Schlimmerem. Unvermittelt verwandelte sich das Gebrüll des Ağas in Vlads Ohren in das Toben eines Mannes, den er gehofft hatte, irgendwann vergessen zu können. Das grausame Gesicht mit der breiten Nase stieg vor seinem inneren Auge auf, und die Kälte verwandelte sich in etwas anderes – in etwas Bohrendes, Glühendes, das ihn von innen her auszuhöhlen drohte.
    Während der Hengst unter ihm ungeduldig mit den Hufen stampfte, befand er sich mit einem Schlag wieder in den Kerkern der Festung Egrigöz in den anatolischen Bergen.
    Verängstigt und nicht ganz zehn Jahre alt folgte er in seiner Erinnerung dem vierschrötigen Schergen in einen winzigen Raum ohne Fenster, in dem lediglich ein Haufen Stroh auf ihn wartete. »Ich bin eine Geisel. Du darfst mir nichts tun«, hörte er sich selbst sagen, als der Kerl den Gürtel ablegte. »Wenn du mich schlägst …« Der Satz war ihm im Halse stecken geblieben, da der Kerkermeister auch Shalvar und Entari hatte fallen lassen. Und dann war das Unaussprechliche geschehen, die Schande, die furchtbare Befleckung, die ihn noch immer in seinen Träumen verfolgte. Das Glühen wurde zu einem Brodeln. Er spürte, wie der Hass ihm den Blick vernebelte. Ehe ihn das übermächtige Gefühl jedoch völlig überwältigen konnte, erklang der tiefe Ruf des Boruspielers und die Stimme des Ağas drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr. »Das genügt für heute. Zurück zum Palast. Sorgt dafür, dass die Pferde getränkt und gefüttert werden. Die Neuen lassen sich vom Oda-başi – dem Stubenmeister – ein Lager zuteilen.« Mit aufeinandergebissenen Zähnen hieb Vlad seinem Hengst den Zügel über den Hals und trat ihm grob in die Seiten, um an der Spitze der Reiter, an den Ruinen der römischen Stadtmauer vorbei, in Richtung Palast zu jagen. Er beugte sich tief über den Hals des Rappen. Nach einer Weile sorgte der scharfe Ritt dafür, dass sich der Hass irgendwo tief in sein Inneres zurückzog. Früher oder später würde die Zeit der Rache kommen. Dann würde er sich wieder auf den Schergen besinnen. So lange musste er jeden Gedanken an ihn und an das, was er getan hatte, dort bewahren, wo er keinen Schaden anrichten konnte. Mit diesem Entschluss ritt er durch die äußere Pforte des Sultanspalastes, um sich möglichst schnell auf die Suche nach dem Stallmeister zu machen. Immerhin erwarteten ihn heute ein Diener und eine neue Unterkunft!

Kapitel 26
Edirne, Sultanspalast, Anfang April 1447
    Drei Tage später glitt Vlad erschöpft und hungrig vom Rücken seines Vollblutes. Wieder hatten er und die anderen Anwärter auf ein Lehen stundenlang Pfeile abgefeuert. Doch außer mit den Bogenübungen hatte der Ağa sie heute auch noch mit Lanze und Krummschwert geschunden. Allmählich kehrte zwar seine Geschicklichkeit im Umgang mit den Waffen zurück, aber die zunehmende Hitze sorgte dafür, dass er sich matt und abgeschlagen fühlte. Mit schweren Armen führte er seinen Rappen in den Stall, in dem zahllose Burschen und Diener aufgeregt durcheinanderliefen. Mehrere Pferde warteten bereits in der Boxengasse. Irgendwo am anderen Ende des Gebäudes hörte Vlad den Emir-i Ahur – den obersten Stallmeister – schimpfen. »Warum erfahre ich das erst jetzt? Wie, bei allen Dschinni , soll ich denn da Vorkehrungen treffen? Was habt Ihr Euch nur dabei gedacht?« Eine tiefere Stimme entgegnete ungerührt: »Es geht nicht darum, was ich mir gedacht habe, sondern was der Prinz sich gedacht hat. Und ich bin mir sicher, dass Ihr das nicht infrage stellen wollt.« Die Schärfe war unüberhörbar. Aber es waren die Worte selbst, die Vlad den Schrecken in die Glieder fahren ließen. Mehmet! Es war, als führe ihm eine kalte Hand in den Nacken. Unwillkürlich zog er den Kopf ein. Mehmet war zurück. Das konnte nicht wahr sein! Wie konnte er nach kaum drei Wochen schon wieder in Bursa sein? Immerhin lag Manisa knapp zweihundert Meilen weiter südlich. Er schluckte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag. So unauffällig wie möglich drückte er sich an den hinter ihm Wartenden vorbei, um

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