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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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sein Unglauben sich in freudige Erregung verwandelte, überflog er die Zeilen mit schwimmenden Augen.
    Utz,
    endlich kann ich dir schreiben! Ich bin am Leben und es geht mir gut. Zigeuner haben mich gefunden und aufgenommen, aber ich muss dir heimlich schreiben.
    Man glaubt mir nicht, dass ich aus einer reichen Familie komme. Ich hoffe, dieser Brief erreicht dich.
    Noch sind wir in Augsburg, aber ich weiß nicht, wie lange. Der Anführer der Zigeuner, Herzog Michel, ist ein strenger Mann. Ich muss seine Briefe verfassen, aber dafür fehlt es mir an nichts.
    Es gibt so viel, das ich dir sagen möchte, aber ich muss mich beeilen. Kannst du einen Mann mit etwas Geld nach Augsburg schicken, damit er mich auslösen kann.
    Der Herzog verlangt, dass ich für Kost und Unterbringung bezahle, bevor er mich gehen lässt. Hilf mir, bitte! Wir sind in einem Haus ganz in der Nähe des Wertachbrucker Tors. Auf dem Dach ist ein gelb angemalter Wetterhahn.
    Zehra
    Die Unterschrift war an den Rand des Briefes gequetscht und kaum zu entziffern. Utz’ Hände zitterten so heftig, dass ihm die Nachricht beinahe entglitten wäre. Zehra war am Leben!
    Anders als der Reisige des Grafen von Helfenstein behauptet hatte, war sie nicht in der Donau ertrunken, sondern in unmittelbarer Nähe von Jakob Fugger! Dem Mann, der angeboten hatte, sie in sein Haus aufzunehmen! Waren seine Gebete endlich erhört worden? Sollte tatsächlich doch noch Hoffnung bestehen, dass alles wieder gut wurde? »Warum bringst du mir das erst jetzt?«, fauchte er den Knecht an. »Wo ist der Bote?«
    Er machte Anstalten, aus dem Stall zu stürmen, aber der Mann hob bedauernd die Schultern. »Fort«, erwiderte er zerknirscht, da ihm offensichtlich klar wurde, dass er einen Fehler begangen hatte. »Ich …« Utz unterbrach ihn ruppig: »Vergiss es!« Er stopfte das Schriftstück in seine Tasche und machte hastig einige Kreidekreuze an die Boxentüren. »Hilf Andreas, die Pferde für den Markt herzurichten. Die mit dem Kreuz«, fügte er sicherheitshalber hinzu, bevor er zurück hinaus in den Regen lief. Er musste so schnell wie möglich einen Brief an Jakob Fugger schreiben und ihm die neue Lage erklären! Wenn doch nur der Markt nicht wäre! Dann könnte er selbst nach Augsburg reiten und Zehra loskaufen. Der Verdruss wich schnell dem Tatendrang. Und schon bald nachdem er seine Schreibstube betreten hatte, drückte er einem seiner Läufer die Nachricht an den Augsburger Handelsherrn in die Hand. »Reite so schnell du kannst«, befahl er und beschrieb dem Burschen das Haus, in dem Zehra sich aufhielt. »Hier, das sollte reichen.« Die Augen des Boten weiteten sich, als er die schwere Geldkatze in Empfang nahm. »Du bezahlst dem Zigeuner, was auch immer er verlangt. Hast du verstanden? Kein Feilschen, kein Schachern. Und dann bringst du meine Schwester umgehend ins Haus des Fuggers!« Sein Herz hüpfte vor Erleichterung, als der Läufer endlich davongaloppierte. Alles würde gut werden! Schon bald würde Zehra wieder ein ordentliches Dach über dem Kopf haben. Und wenn es dem Onkel seines Prokurators tatsächlich gelang, die Bürgermeisterwahl für sich zu entscheiden, konnte sie nach Ulm zurückkehren. Den Rest des Tages fiel es ihm schwer, sich auf die notwendigen Vorbereitungen für die Messe zu konzentrieren. Er war froh, als endlich die Sonne unterging. Wie erschlagen fiel er kurz vor Mitternacht in sein Bett und schlief – trotz all der Aufregung – sofort ein.
    Der nächste Morgen brachte besseres Wetter. Allerdings erwartete Utz kurz nach dem Frühstück eine böse Überraschung. Er war gerade damit beschäftigt, die inzwischen auf Hochglanz gestriegelten Vollblüter ein letztes Mal vor dem Aufbruch zur Bürgerwiese in Augenschein zu nehmen, als jemand von außen gegen das Hoftor donnerte. »Öffnet! Im Namen der Stadt!« Die metallenen Spitzen der Spieße, welche das Tor überragten, erfüllten Utz mit einem mulmigen Gefühl. Was war denn nun schon wieder passiert? Wollte man ihn jetzt auch für ein erfundenes Vergehen verhaften? Die Vorstellung war so wenig komisch, dass der junge Mann einen plötzlichen Druck in der Magengegend verspürte. Er schrak zusammen, als zwei der Bediensteten den schweren Riegel aus der Halterung hoben und vier Mitglieder der Stadtwache in den Hof marschierten. Angeführt wurde die Gruppe von einem Büttel, der Utz mit Habichtsaugen fixierte. »Ihr seid der Hausherr.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Mit einer

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